Die Schuldenuhr des Bundes der Steuerzahler Deutschlands läuft erstmalig rückwärts. (Bild: Imago/Pemax)
Verschuldung

Lernen vom Meister

Erstmals in ihrer 22-jährigen Geschichte läuft die Schuldenuhr des Bundes der Steuerzahler rückwärts. Das Bundesland, das die meisten Schulden tilgt und damit die kommenden Generationen entlastet, ist Bayern, lobt der BdSt.

Erstmals in ihrer 22-jährigen Geschichte läuft die Schuldenuhr des Bundes der Steuerzahler (BdSt) rückwärts – und zwar um 78 Euro pro Sekunde. Das verkündete der BdSt kurz vor Weihnachten. Dieser sekündliche Schuldenabbau ergebe sich überwiegend aus den aktuellen Haushaltsplänen der 16 Bundesländer für das Jahr 2018. Schuldentilgungs-Meister ist Bayern.

Raus aus der Schuldenfalle

„Bis vor wenigen Jahren steckten Bund und Länder noch tief in der Schuldenfalle. Diese Politik zu Lasten der jüngeren Generationen ist erfreulicherweise erstmal gestoppt“, betonte BdSt-Präsident Reiner Holznagel. Das sei auch ein Erfolg des Bundes der Steuerzahler und seiner Schuldenuhr, die seit 1995 mit ihren großen roten Ziffern das Ausmaß der öffentlichen Verschuldung von Bund, Ländern und Kommunen für Bürger und Politik in Deutschland transparent macht. Der Schuldenberg, der um 2,9 Prozent sank, beträgt allerdings immer noch knapp 2 Billionen Euro, genauer: 1,9728 Billionen (Stand 3. Januar 2018).

Schuldenabbau ist eine Investition in die Zukunft und schafft finanzielle Spielräume.

Reiner Holznagel, BdSt-Präsident

Der BdSt-Präsident hörte sich dabei an wie Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und Finanzminister Markus Söder, die 2012 das Sparziel „Bayern schuldenfrei 2030″ ausriefen: „Die Politik darf beim Schuldenabbau nicht lockerlassen – Schuldenabbau ist eine Investition in die Zukunft und schafft finanzielle Spielräume.“ Das gelte erst recht, wenn die Zinsen wieder steigen würden. „Für diese Zinswende müssen die öffentlichen Haushalte gerüstet sein. Es ist Aufgabe der Politik, in guten Zeiten Vorsorge zu treffen“, so Holznagel weiter.

Die einzelnen Bundesländer

Für die Bundesebene kalkuliert der Verband weiterhin mit einer Schwarzen Null. „Der Rückgang der Verschuldung ist nicht auf eine aktive Politik zurückzuführen, sondern auf das Wirtschaftswachstum, die Steuermehreinnahmen und niedrige Zinsen“, sagte Holznagel mit Blick auf den Bund. Aktuell befeuere die Europäische Zentralbank die Konjunktur mit Zinsen von null Prozent, was Kredite verbilligt. Die Verschuldung lag laut Bundesfinanzministerium 2016 bei 68,1 Prozent der Wirtschaftsleistung. Für 2017 werden 65,75 Prozent erwartet. Ab 2019 wird damit gerechnet, dass Deutschland die europäische Schuldenobergrenze von 60 Prozent (Maastricht-Kriterien) wieder einhält.

Nach den Erhebungen des BdSt planen im Jahr 2018 nur noch drei Bundesländer mit einer Nettoneuverschuldung am Kreditmarkt – dies seien Rheinland-Pfalz, Bremen und das Saarland. Die anderen 13 Länder wollen ihre Haushalte entweder ohne Neuverschuldung finanzieren oder netto Altschulden tilgen. Insgesamt summiere sich die geplante Netto-Tilgung aller Länder auf knapp 2,5 Milliarden Euro. Schlusslicht wird 2018 das rot-grün-gelb regierte Rheinland-Pfalz sein, das im Landeshaushalt für 2018 eine Netto-Neuverschuldung in Höhe von 54 Millionen Euro eingeplant hat. Da mehrere Länder und auch der Bund ihre Haushalte erst im Laufe des Jahres 2018 endgültig beschließen werden, kann sich der auf der Schuldenuhr angezeigte sekündliche Schuldenabbau im Jahresverlauf noch ändern.

Platz eins: Bayern

„Tilgungs-Meister“ sei aber das Land Bayern, das seinen Schuldenberg trotz der finanziellen Belastung durch die Flüchtlingskrise um 1,5 Milliarden Euro reduzieren will – und damit allein 60 Prozent dieser Ländertilgungen ausmacht. Schon seit 2006 macht der Freistaat keinen Cent neue Schulden im allgemeinen Haushalt mehr. Bis zum Jahr 2030 soll Bayern komplett schuldenfrei sein – als erstes Bundesland in Deutschland. Dennoch wird die Rücklage Ende 2018 den Planungen zufolge bei mehr als vier Milliarden Euro liegen, sagte Bayerns Finanzminister Markus Söder.

Entscheidend ist, dass die Zielrichtung stimmt.

Markus Söder, Bayerischer Finanzminister

Derzeit steht der Freistaat bei Banken und anderen privaten Unternehmen nach Angaben des Bayerischen Finanzministeriums auf Anfrage des BAYERNKURIER mit 19,5 Milliarden Euro in der Kreide (ohne die noch rund 7,5 Milliarden Euro Landesbank-Verpflichtungen). Ende 2011 hatte der Schuldenstand noch 22,6 Milliarden Euro betragen plus 10,0 Milliarden Euro für die Landesbank.

Auf den ersten Blick scheint es schwer möglich zu sein, den Freistaat bis 2030 komplett schuldenfrei zu machen, auch wenn „die Zielrichtung stimmt“, wie Finanzminister Söder sagte. Wieso es trotzdem funktionieren kann? Auch die noch fehlenden Milliarden der Landesbank werden zurückbezahlt. Hinzu kommen immer weiter sinkende Zinszahlungen für immer weniger Schulden. Konkret: Allein aus den Tilgungen der Jahre 2012 bis 2016 beträgt die Zinsersparnis bis zum Jahr 2030 etwa 1,3 Milliarden Euro. Schließlich spart Bayern ab 2020 die 1,4 Milliarden Euro, die man jährlich über den neu geregelten Länderfinanzausgleich mehr in der Kasse hat.

Verheerende Bilanz der SPD-Länder

Besonders deutlich wird unterschiedliche Haushaltslage der Länder, wenn man die Pro-Kopf-Verschuldung zum Vergleich heranzieht. So muss laut Statistischem Bundesamt jeder Bewohner Bayerns einschließlich der kommunalen Schulden 2281 Euro schultern. Auf jedem Bewohner des lange SPD-dominierten Nordrhein-Westfalens lasten dagegen 10.408 Euro. Noch schlechter sieht es in den drei rot-regierten Stadtstaaten aus: Auf jeden Hamburger kommen 12.635 Euro, auf jeden Berliner 15.885 und jeden Bürger Bremens drücken gar 31.629 Euro Schulden.

Dagegen konnten die Kommunen in Bayern ihren Schuldenstand ebenfalls reduzieren. Bei den Gemeinden und Gemeindeverbänden beträgt das Minus 3,3 Prozent – von gut 13,7 Milliarden auf knapp 13,3 Milliarden Euro.

Finanzpolitik aus Bayern bleibt also der Maßstab für Deutschland.