Im Winter baut Georg Mayerhofer Zwischenfrüchte an. Warum? Das erklärt er auf seinem Blog, für den ihn sein Freund fotografiert. (Bild: AS)
Landwirtschaft

Glyphosat: Pro und Contra

Der Einsatz vom Pflanzenschutzmittel Glyphosat ist extrem umstritten - es gibt aber nicht nur Argumente dagegen. Der BAYERNKURIER hat mit Landwirten über die Vor- und Nachteile von Totalherbiziden in der Landwirtschaft diskutiert.

Die EU hat eine Entscheidung über ein Verbot des umstrittenen Pflanzenschutzmittels Glyphosat erneut vertagt. Die Molkerei Berchtesgadener Land hingegen verbietet seinen Bauern ab sofort die Anwendung jeglicher Totalherbizide in der Grünland- und Ackerbaubehandlung. Der BAYERNKURIER hat mit zwei Landwirten über die Vor- und Nachteile von Glyphosat in der Landwirtschaft gesprochen.

Contra: „Mit Glyphosat stirbt alles ab“

Alois Hartl hat auf seinem landwirtschaftlichen Betrieb im oberbayerischen Vachendorf vor 25 Jahren das letzte Mal Glyphosat auf einer Fläche von einem Hektar getestet. „Das Totalherbizid hat alles zum Absterben gebracht. Da wuchs nichts mehr. Wir haben damals gesagt: das ist nicht unseres. Denn ich möchte weder mich, noch meine Familie gefährden, wenn ein Mittel auch nur wahrscheinlich krebserregend sein könnte“, erinnert sich Hartl. Der gebürtige Bayer gibt jedoch zu: 75 Prozent seiner Fläche sind Grünland.

Glyphosat bringt alles zum Absterben.

Alois Hartl, Landwirt in Vachendorf

Um Unkraut zu vernichten, bieten sich ihm dort effiziente Alternativen zu Pflanzenschutzmitteln. Dazu zählen die mechanische Bearbeitung mit einem Striegel, teilweise mehrmals im Jahr, und Untersaat (die Saat einer zweiten Frucht zusätzlich zu einer früher erntereifen Hauptfrucht). Bei ungünstigen Witterungen bringt er seine Kühe nicht auf die Wiesen, damit die Tiere den nassen Boden nicht zertreten. Mit erosionsgefährdeten Lagen hat Hartl nicht zu kämpfen. Seine Ackerflächen sind sowohl eben als auch trocken, sodass der Landwirt mit Winterbegrünung, Zwischenfrüchten und Untersaat das Unkrautproblem im Griff hat.

Dass Kollegen Glyphosat einsetzen, kann Hartl zwar nicht nachvollziehen, aber er hat Verständnis dafür. Denn die Ackerbaupflege gegen Unkraut kostet etwa 100 bis 150 Euro mehr pro Hektar, als wenn Landwirte mit Glyhosat spritzen und anschließend neu einsäen. „Ich kenne viele Kollegen, denen während der Milchkrise 2016 das Wasser bis zum Hals stand. Wer beispielsweise 50 Hektar Acker besitzt, spart mit Glyphosat ungefähr 5000 bis 7500 Euro – das macht viel aus, wenn man jeden Cent umdrehen muss“, erklärt Hartl.

Pro: Glyphosat schützt vor Erosion

Aber es ist nicht nur das Geld. Der BAYERNKURIER hat Georg Mayerhofer auf seinem Betrieb in Parschalling getroffen. Was den Landwirt umtreibt, ist ein idealer fruchtbarer Boden ohne Erosion. Bei der Bewirtschaftung setzt er deshalb schonende Verfahren ein, wie eine vielseitige Fruchtfolge. Und er experimentiert mit der Pflanze Silphie als Rohstoff für seine Biogas-Anlage und Alternative zum Mais. Ihr Vorteil: sie benötigt wenig Pflanzenschutzmittel, blüht und bietet dadurch Wildtieren einen Lebensraum.

Auf den Einsatz von Glyphosat verzichtet Mayerhofer aber nicht. Denn rund zwei Drittel seiner insgesamt 245 Hektar Ackerflächen sind Hanglagen. Bevor der Landwirt den Mais auf solchen Flächen aussäht, behandelt er sie mit Glyphosat und sät im Herbst verschiedene Winterzwischenfrüchte wie Klee, Grünroggen oder Futtererbse. Im Frühjahr bedecken die abgestorbenen Pflanzen den Acker und schützen den Boden bei starkem Regen vor Erosion.

Da Mayerhofer die Fläche mit Pflanzenschutzmittel behandelt hat, muss er sie vor der Maisaussaat nicht mechanisch bearbeiten – sprich pflügen oder kreiseln – um Unkraut zu vernichten. So bleibt die feste Bodenstruktur erhalten. Das vermeidet Erosion, wie auch der Mulch. Das Feld umrahmt ein zwei Meter breiter Grünstreifen zum angrenzenden Weg, auf dem der Landwirt zwanzig verschiedene Grünpflanzen sät. Dort tummeln sich im Sommer Insekten und Wildtiere. Für ihn ein Kompromiss. „So erhalte ich effektive Landwirtschaft und schaffe gleichzeitig mehr Lebensraum“, sagt Mayerhofer. Mit polarisierenden Themen – wie die Diskussion um Glyphosat – geht der junge Landwirt an die Öffentlichkeit. Er führt einen Blog und veröffentlicht regelmäßig Videos, die abhängig vom Thema über 2600 Klicks haben. Warum er das umstrittene Pflanzenschutzmittel einsetzt, erklärt er in folgendem Video.

Glyphosat und ErosionPlay Video
Glyphosat und Erosion

Mayerhofer hat sich bereits mit Alternativen zum Glyphosat beschäftigt, die nicht erosionsgefährdend sind. Eine Lösung könnte der Anbau von Pflanzen sein, die den Winter überstehen – wie die Winterwicke. Mit einer Messerwalze wird der Pflanzenbestand im Frühjahr zerstört, sodass sich auf dem Feld eine Mulchdecke bildet. Mit einer speziellen Maschine können Landwirte anschließend auf dem Feld Streifen ziehen, in die sie Reihenkulturen aussäen können. Über solche Möglichkeiten plant Mayerhofer – schließlich ist er im Herbst zum „Landwirt des Jahres“ gekürt worden – in den kommenden Monaten auf Veranstaltungen zu diskutieren. Im Austausch mit Umweltverbänden und der Öffentlichkeit will er Lösungen finden, die Gesellschaft und Landwirtschaft wieder enger zusammenbringen.

Der Streit um Glyphosat

Der Ärger um eine EU-Abstimmung hebt eine Chemikalie in den Fokus: Wo Glyphosat ausgebracht wird, wächst kein Gras mehr – und kein Unkraut. Das Herbizid könnte aber krebserregend sein. Worum handelt es sich bei dem seit den 70ern verwendeten Mittel? Und welche Position vertritt die CSU? Lesen Sie hier mehr dazu: Der Streit um Glyphosat.