Ayman Shanana aus Syrien macht eine Ausbildung bei Kaeser. (Bild: AS)
Integration

Betreuung zahlt sich aus

Die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt ist eine enorme Herausforderung. Nach Abschluss der ersten Integrationsprojekten zeigt sich, worauf es ankommt. Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft zieht Bilanz.

Im knallgelben Polo-T-Shirt sitz Husein Sharif auf der Bühne zwischen Vertretern aus der Wirtschaft und erzählt von seinem Arbeitsalltag bei Beck Elektronik in Würzburg. Bereits in Syrien arbeitete Sharif als Elektroniker, bevor er 2015 nach Deutschland kam. Als anerkannter Asylbewerber kann er jetzt eine Ausbildung bei Beck absolvieren. „Der Dialekt war das Schwierigste für mich, aber jetzt spreche ich auch Fränkisch“, sagt der 31-Jährige. Sharif hat mit dazu beigetragen, dass die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) von einem „positiven Zwischenfazit“ bei der Integration von Flüchtlingen in die Arbeitswelt spricht.

50.000 in Arbeit und Ausbildung

Von Dezember 2015 bis August 2017 haben in Bayern 45.000 Flüchtlinge eine Beschäftigung und 4.800 eine Ausbildung aufgenommen. Möglich machte dies das Zusammenspiel verschiedener Akteure, darunter die vbw, die Arbeitsagentur und die Unternehmen. Die Migranten weckten bei Unternehmern hohe Erwartungen. „Wir haben gehofft, mit ihnen den Fachkräftemangel zu mildern“, sagt Rüdiger Hopf, Ausbildungsleiter bei Kaeser Kompressoren. Doch bald sei ihnen klar geworden, dass daraus so schnell nichts werden würde. Integration in den Arbeitsmarkt ist ein langer Weg. Unterstützung bekommen Unternehmer durch die Programme „IdA – Integration durch Ausbildung und Arbeit“.

Seit Dezember 2015 knüpft in jedem Regierungsbezirk in Bayern ein „IdA Navigator“ die Netzwerke zwischen Asylbewerbern und Unternehmern. „Man braucht einen langen Atem, aber wenn ich sehe, dass die Arbeit fruchtet, motiviert mich das sehr“, sagt Christine Alter, Navigatorin in Oberfranken. Mit ihrer Unterstützung konnten in diesem September 24 Flüchtlinge ihre Ausbildung bei Kaeser Kompressoren beginnen. Im vergangenen Jahr bekamen bereits 21 Asylbewerber einen Ausbildungsplatz. Der BAYERNKURIER hat die Firma Kaeser Kompressoren besucht und zeigt, wie Integration gelingen kann.

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Flüchtlinge werden Kollegen

Das Modellprojekt „Ida Bayern Turbo“ soll junge Flüchtlinge und Asylbewerber schnell – das heißt innerhalb von sechs bis acht Monaten – für eine betriebliche Ausbildung oder Einstiegsqualifizierung fitmachen. Das erste Projekt schloss im März 2017 mit einer Vermittlungsquote von 30 Prozent ab. Lesen Sie hier mehr dazu: Schnell in den Job. „Ida Bayern Turbo 2.1“ baut auf den Erfahrungen auf. Insgesamt 80 junge Flüchtlinge nehmen derzeit in München, Neumarkt, Regen und Rosenheim daran teil. Bestandteile sind Sprachförderung, Kompetenzfeststellung, Bewerbungstraining und Praktika sowie sozialpädagogische Betreuung.

Bürokratie bremst Integration

Doch für eine nachhaltige Integration auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt fordert Brossardt, Anschlussmöglichkeiten zur Weiterqualifizierung zu schaffen und auszubauen. „Außerdem müssen die behördlichen Entscheidungen darüber, ob ein Geflüchteter eine Ausbildung aufnehmen darf, noch früher getroffen werden. Das sollte künftig bereits neun Monate vor Aufnahme der Ausbildung erfolgen“, sagt Brossardt. Ausbildungsleiter Hopf bestätigt, dass bürokratische Hürden die Integration in den Arbeitsmarkt stark hemmen. „Deshalb beschäftigen wir eine Sozialpädagogin, die mit den Asylbewerbern Behördengänge übernimmt und einen Überblick hat, welche Termine bei der Ausländerbehörde anstehen“, sagt Hopf. Bernhard Schwab, Amtschef im bayerischen Wirtschaftsministerium, setzt auf die bevorstehenden Koalitionsverhandlungen in Berlin. Mit der neuen Regierung soll auch die Rechtslage bezüglich der Aufenthaltsgenehmigungen für Asylbewerber kalkulierbarer werden.

Ab in den Job

Das dürfte auch die Weiterführung des zweiten Projektes „IdA 1000“ erleichtern. Ziel dieses Integrationsprojektes ist nicht die Ausbildungsvorbereitung wie bei „IdA Bayern Turbo“, sondern die direkte Vermittlung in den Arbeitsmarkt. Von den knapp 1300 Asylbewerbern und Flüchtlingen nahm nach Abschluss des Projektes im Juli 2017 fast jeder Dritte eine Arbeit, Einstiegsqualifizierung, Ausbildung, Studium oder schulische Berufsausbildung auf. Das Folgeprojekt startete mit 75 Teilnehmerplätzen in München, Nürnberg, Kaufbeuren und Landsberg am Lech im September 2017. Neu daran: der Schwerpunkt liegt in der nachhaltigen Begleitung von Geflüchteten und Unternehmen während der Beschäftigung. Das Projekt endet also nicht mit dem Vermittlungserfolg, sondern legt den Fokus darauf, die Beschäftigung zu stabilisieren.

Husein Sharif darf dabei auf die Unterstützung seiner Kollegen zählen. „Meine Kollegen sind sehr nett und haben auch Geduld mit mir, wenn ich etwas nicht verstehe“, sagt er sich. Sein nächstes Ziel: den Führerschein machen.

Integration durch Arbeit

Online bietet das Service-Portal Integration durch Arbeit Unternehmen konkrete Hilfestellungen zur Beschäftigung von Asylbewerbern. Arbeitgeber erfahren, welche Verfahren und Regeln sie beachten müssen und was es für Fördermöglichkeiten gibt.

Ansprechpartnerin für die sieben IdA Navigatoren beim Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft ist Mira Bernhart (Telefon: 09721-17 24-43, E-Mail: mira.bernhart@bayern-Ida.de).