Praktika geben Einblick in die Arbeit im Unternehmen. (Bild: Kaeser/fkn)
Integration

Schnell in den Job

Das Integrationsprojekt "IdA" zeigt, wie Asylbewerber und Flüchtlinge erfolgreich in eine Ausbildung oder Beschäftigung kommen. Dabei spielt vor allem persönliche Betreuung eine Rolle.

Wenn Ahmad Shanana von seinem Werdegang erzählt, klingt „Integration durch Arbeit“ (IdA) wie eine Selbstverständlichkeit. Doch damit das vor einem Jahr in Bayern gestartete Projekt „IdA Bayern Turbo“  erfolgreich funktioniert, müssen verschiedene Faktoren zusammenspielen. 28 Prozent der Teilnehmer haben es geschafft. Sie konnten nach Abschluss des Projektes weiter vermittelt werden – sei es in eine Beschäftigung oder eine Ausbildung.

Was ist IdA Bayern Turbo?

Ziel des Integrationsprojektes war es, junge Flüchtlinge und Asylbewerber schnell – das heißt innerhalb von sechs bis acht Monaten – für eine betriebliche Ausbildung oder Einstiegsqualifizierung fitzumachen. In der ersten Phase erhielten die jugendlichen Teilnehmer zwei Monate lang einen intensiven Deutschkurs. In der zweiten Phase wurden sie auf ihre Ausbildung vorbereitet und die Unternehmen bei der Bewerberauswahl unterstützt. Bayernweit beteiligten sich 850 Unternehmen, darunter Firmen aus Industrie, Gastronomie und dem sozialem Bereich.

Insgesamt nahmen 1015 Asylbewerber zwischen 16 und 25 Jahren an dem Projekt teil. Die meisten kamen aus Afghanistan und Syrien und fanden Ausbildungsstellen in den Bereichen Metall und Kunststoff sowie in der Fahrzeugindustrie. 286 Teilnehmer – also knapp 30 Prozent – setzen nach Abschluss des Projektes ihre berufliche Ausbildung fort. So haben 21 von ihnen ein Studium oder eine berufsbildende Schule angeschlossen. Der Großteil von ihnen wurde in eine Einstiegsqualifizierung (112), Ausbildung (92) oder in eine Beschäftigung (61) vermittelt.

Neuanfang in Coburg

Einer von ihnen ist Ahmad Shanana. Im August 2015 kam er von Damaskus nach Deutschland. Mitarbeiter von der Caritas vermittelten ihm einen Praktikumsplatz bei dem oberfränkischen Unternehmen Kaeser Kompressoren. Deutsch zu lernen sei für ihn anfangs die größte Schwierigkeit gewesen, sagt er. Inzwischen spricht Shanana die Sprache so gut, dass er seine zweijährige Ausbildung zum Industriemechaniker bei Kaeser Kompressoren in Coburg anfangen konnte.

Die Menschen in Bayern sind sehr freundlich und helfen mir.

Ahmad Schanana, Auszubildender aus Syrien

Rüdiger Hopf, Abteilungsleiter bei Kaeser Kompressoren, hat das Integrationsprojekt IdA von Anfang an mit betreut. „Wir haben uns die Rekrutierung von Praktikanten zunächst viel einfacher vorgestellt. Hätten wir hier keine Unterstützung bekommen, wären wir sicher nicht dort, wo wir jetzt sind“, sagt Hopf. Hilfe bekam das Unternehmen vor allem von den sogenannten IdA Navigatoren. Seit Januar 2016 beraten sieben von ihnen in jedem Regierungsbezirk Unternehmen, Flüchtlinge und Ehrenamtliche, knüpfen Netzwerke und vermitteln Ausbildungsstellen. „Wir haben gemerkt: entscheidend für den Erfolg ist die persönliche Betreuung der Teilnehmer und Unternehmen – besonders wenn es um Themen wie die Unsicherheit beim Aufenthaltsstatus geht“, sagt Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw). Für eine erfolgreiche Berufsorientierung sei es zudem wichtig festzustellen, welche Qualifikationen die angehenden Mitarbeiter besitzen. „Wir empfehlen im Vorfeld der Integration in den Arbeitsmarkt systematische Berufsorientierung und praktische Erprobung“, sagt Brossardt.

Entscheidend für den Erfolg ist die persönliche Betreuung der Teilnehmer und Unternehmen.

Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw)

Praktikum zur Vorbereitung

Das Unternehmen Kaeser hat ein Konzept entwickelt, um zu prüfen, ob sich Bewerber für eine Ausbildung eignen und beide Seiten auch langfristig erfolgreich zusammenarbeiten können. Zwischen Februar und August 2016 absolvierten 70 Bewerber mit Flüchtlingshintergrund ein Praktikum.

21 von ihnen wurden im vergangen September als Auszubildende übernommen. Weitere zwölf junge Menschen aus dem europäischen Ausland und 77 aus der Region Coburg und Gera kamen hinzu. Shanana schätzt den Zusammenhalt im Team. „Da die meisten Mitarbeiter aus Bayern kommen, spreche ich am Arbeitsplatz fast nur Deutsch“, sagt er. Dass er auch nach der Arbeit integriert ist, erleichtert das firmeneigene Wohnheim. So hat Kaeser die ehemalige Coburger Jugendherberge zu 30 Wohneinheiten umgebaut.

Eingeschränkte Mobilität hemmt Integration

Denn was Flüchtlinge auf ihrem Integrationsweg bremst, ist neben mangelnden Sprachkenntnissen oft Ort und Art der Unterbringung. Meist wohnen sie zu weit von der Arbeitsstelle entfernt und haben Schwierigkeiten, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit zu kommen. Außerdem gibt es in den Unterkünften unzureichende Möglichkeiten zum Lernen. Viele Flüchtlinge können sich nicht ungestört zurückziehen, um Deutsch zu pauken.

Mehr Werkzeug und Personal

Damit die Truppe bei Kaeser die Ausbildung erfolgreich abschließt, hat das Unternehmen nicht nur in zusätzliches Werkzeug und eine Erweiterung des Ausbildungszentrums investiert. Auch das Personal wurde um zwei Ausbilder und eine Deutschlehrerin aufgestockt. Im Mai 2017 kommt eine Sozialpädagogin hinzu, die beispielsweise bei Behördengängen oder psychologischer Betreuung aushilft.

„Transparente Prüfverfahren sind nötig“

Die Arbeitsbedingungen bei Kaeser sind den Bedürfnissen der Neuankömmlinge vorbildlich angepasst. Diese Investitionen können nicht viele Betriebe stemmen. Und auch unter den Flüchtlingen ist nicht jeder den Anforderungen gewachsen. So brachen 84 Asylbewerber das Integrationsprojekt wegen Überforderung ab. Insgesamt beendeten 299 Teilnehmer das Projekt vor Kursende, eine hohe Zahl. Grund dafür waren unter anderem Umzug, Krankheit oder eine Abschiebung der Kandidaten. „Von Seiten der Politik braucht es daher insbesondere bei der Beschäftigungserlaubnis transparente Prüfverfahren der Behörden“, sagt Brossardt.

Migranten fühlen sich in Bayern integriert

Im vergangen Jahr nahmen rund 30.500 Flüchtlinge eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und 4.800 eine Ausbildung auf. Bis Dezember 2016 absolvierten 25.500 ein Praktikum. Dabei fühlt sich die Mehrheit der Migranten in Bayern sehr gut integriert und sieht sich als Teil der Gesellschaft im Freistaat. Dies ist das Ergebnis einer Studie der Hanns-Seidel-Stiftung. Migrationsforscher sehen vor allem zwei Gründe für die positiven Ergebnisse: Die starke Wirtschaft in Bayern und damit einhergehend die geringe Zahl der Arbeitslosen sowie die ländlich geprägte Struktur des Freistaates. Lesen Sie mehr dazu: Bayern ist Musterland der Integration.

Integration durch Arbeit

IdA Bayern Turbo soll ab August mit neuen Teilprojekten verlängert werden. Schwerpunkt soll dabei auf der Nachbetreuung der vermittelten Asylbewerber liegen. Online bietet das Service-Portal Integration durch Arbeit Unternehmen konkrete Hilfestellungen zur Beschäftigung von Asylbewerbern. Arbeitgeber erfahren, welche Verfahren und Regeln sie beachten müssen und was es für Fördermöglichkeiten gibt.

IdA Bayern Turbo wurde gemeinsam von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), den bayerischen Metall- und Elektro-Arbeitgeberverbänden, der Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit und dem bayerischen Sozialministerium mit rund 8,5 Millionen Euro finanziert. Das Projekt ist Teil des Maßnahmenprogramms „IdA – Integration durch Ausbildung und Arbeit“, das die vbw gemeinsam mit der Staatsregierung und der Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit im Herbst 2015 aufgelegt hat. Finanziell engagiert sich die vbw bei IdA mit 6,7 Millionen Euro. Das bbw – Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft e. V. ist für die Umsetzung verantwortlich.