Biotechnologieingenieurin betrachtet Bakterienkolonien auf einer Agarplatte. (Bild: Imago/BildfunkMV)
Wissenschaft

Kick-Start in Straubing

Am neuen Campus in Straubing haben angehende Wissenschaftler bundesweit einmalige Chancen: nicht nur das Studienangebot bietet Anreize, auch die Vernetzung mit anderen Fachdisziplinen ist vorbildlich. Vom Angebot soll die gesamte Region profitieren.

Wer sich für Chemie, Molekulare Biologie und Verfahrenstechnik interessiert, kann ab sofort den neuen Studiengang „Chemische Biotechnologie“ studieren, ein Novum in der deutschen Hochschullandschaft. Angeboten wird der Bachelorstudiengang am Campus Straubing für Biotechnologie und Nachhaltigkeit. Bis jetzt sind 50 Erstsemester-Studierende aus über 180 Bewerbungen dafür immatrikuliert.

Straubing darf zu Beginn dieses Wintersemesters den Titel „Universitätsstadt“ führen. Mit einem Angebot in Natur- und Ingenieurwissenschaften ist die niederbayerische Stadt nun der vierte Standort der Eliteuniversität TUM neben München-Innenstadt, Garching und Freising-Weihenstephan. Zum Festakt am 29. September besuchte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer den Campus. „Der Wissenschaftsstandort Straubing hat in weniger als 20 Jahren einen Kick-Start von Null auf Hundert hingelegt“, sagte Seehofer. Der Campus Straubing vereine Wissen und Handeln im Zukunftsfeld Biotechnologie und verbinde zugleich Forschung, Lehre, Entwicklung, Fortbildung und Beratung vor Ort, lobte der Ministerpräsident.

Mehrwert für die Region

Vom Studienbetrieb soll nicht nur die Region Straubing profitieren, sondern auch der Freistaat als Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort. Bayern hat sich zur Schwerpunktregion für Biotechnologie entwickelt. Etwa ein Drittel der gut 600 deutschen Biotech-Firmen ist im Freistaat angesiedelt, viele davon im Großraum München. „In erster Linie ist das eine Bereicherung für die Wissenschaftslandschaft und auf dem Feld der Nachhaltigkeit und der Biotechnologie. Auf der anderen Seite wissen wir, dass solche Hochschuleinrichtungen für die Struktur eines Raumes einen großen Mehrwert bedeuten. Das sehen wir überall in Bayern und deshalb ist das natürlich ein Fortschritt“, sagte Seehofer.

Studium im ehemaligen Kloster

1000 Studienplätze und bis zu 80 Professuren sollen in Straubing bis 2019 geschaffen werden. Geforscht und gelehrt werden soll hier vor allem rund um das Thema nachwachsende Rohstoffe. „Diese Campusausrichtung ist neuartig und begründet die Attraktivität der neuen bayerischen Universitätsstadt“, sagte Präsident Wolfgang A. Herrmann zur Motivation der TUM, die Verantwortung für den Standort zu übernehmen. Herrmann erhielt für seinen Einsatz kürzlich die Ehrenbürgerwürde der Stadt Straubing. Der zentrumsnahe TUM-Campus ist in Laboratoriumsgebäuden und teilweise auch in einem ehemaligen Klostergebäude untergebracht. Für den derzeit entstehenden Neubau mit einer Gesamtfläche von circa 8000 Quadratmeter investierte Bayern rund 41 Millionen Euro, die Fertigstellung ist für das Jahr 2020 geplant.

Interessierte können sich für die Studiengänge „Nachwachsende Rohstoffe“, „Chemische Biotechnologie“, „Technologie- und Managementorientierte Betriebswirtschaftslehre“ (TUM-BWL) und „Biomassetechnologie“ sowie Bachelor- und Masterarbeiten und Promotionen bewerben. Zum Wintersemester 2018/ 2019 kann beginnt auch die Ausbildung im Studiengang Bioökonomie, was als sechssemestriger Studiengang (Bachelor) bundesweit nur in Straubing möglich ist.

Was erforschen Wissenschaftler in Straubing?

Am TUM – Campus Straubing für Biotechnologie und Nachhaltigkeit betreiben Wissenschaftler grundlagenorientierte Forschung und technologische Entwicklungen zu Nachwachsenden Rohstoffen, Biotechnologie und Bioökonomie. Forschungsschwerpunkte sind dabei die chemisch-stoffliche Nutzung und die energetische Verwertung, sowie ökonomische Aspekte rund um die Erzeugung, Vermarktung und Verwendung von Nachwachsenden Rohstoffen. Weitere Forschungsschwerpunkte sind Regenerative Energiesysteme, die Verwertung von Reststoffen, die Tiefen- und oberflächennahe Geothermie sowie Solarenergie.

Geschäft am seidenen Faden

Auch am Lehrstuhl für Biomaterialien an der Universität steht Biotechnologie im Fokus. Wissenschaftler Thomas Scheibel lässt dort derzeit menschliches Gewebe entstehen – mit Spinnenseide. Nach einem Herzinfarkt erneuert sich das abgestorbene Herzmuskelgewebe nicht von selbst. Da will das Forscherteam mit synthetisch produziertem Gewebe aus dem 3D-Drucker helfen. Dazu hat der Wissenschaftler den Masterstudiengang „Biofabrikation“ in Bayreuth ins Leben gerufen. Scheibel hat auch ein Verfahren entwickelt, mit dem er Material produzieren kann, das Spinnenfäden gleicht. Mehr dazu lesen Sie hier: Geschäft am seidenen Faden.