Mehr wert: Bayerisches Abiturzeugnis. (Foto: dpa//pa/Karl-Josef Hildenbrand)
Bildungsrat

Der Ausstieg aus dem Abstieg

Kritik gab es schon lange - jetzt machen die Länder im Süden ernst: Bayern und Baden-Württemberg steigen aus dem geplanten Nationalen Bildungsrat aus. Ein Grund: Wenn linke Bildungspolitiker über Angleichung des Niveaus reden, dann nur nach unten.

Bayern und Baden-Württemberg steigen aus dem geplanten Nationalen Bildungsrat aus. „Bildung ist ganz klar Ländersache“, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) der Deutschen Presse-Agentur. „Wir helfen anderen gerne, aber es bringt nichts, wenn am Ende alle auf einem niedrigeren Stand sind.“ Das Gremium sei von Anfang an „eine unglückliche Idee“ gewesen. Der Bildungsrat war in der Tat von Anfang an umstritten: Unter anderem lehnen Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) die Mitarbeit ab.

Es bringt nichts, wenn am Ende alle auf einem niedrigeren Stand sind.

Markus Söder

Der Bayerische Ministerpräsident sprach damit aus, was seit langem befürchtet wurde: Wenn sich rote und grüne Bildungspolitiker über eine Angleichung der Bildungsstandards unterhalten wollen, dann geht es nur um eine Angleichung des Niveaus nach unten.

Auch Baden-Württemberg sagt ab

Und nur wenig später stieß man in Baden-Württemberg ins gleiche Horn: „Auch ich halte den Nationalen Bildungsrat für ein komplett überflüssiges Gremium, auf das man folgerichtig verzichten kann“, sagte die baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU). „Wir brauchen keine Vorgaben aus Berlin, sondern wir Länder sind stark genug, um selbst verbindliche und einheitliche Standards zu entwickeln.“ Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): „Mit dem Ausstieg Bayerns ist, da habe ich überhaupt keinen Zweifel, der Nationale Bildungsrat in der geplanten Form vom Tisch.“

Die KMK arbeitet bereits seit geraumer Zeit an einem Staatsvertrag, der für mehr Vergleichbarkeit zwischen den Ländern sorgen soll und sorgen wird.

Alexander Lorz

Die Kultusministerkonferenz (KMK) setzt nun auf laufende Bemühungen der Länder für mehr Vergleichbarkeit der Schulleistungen. „Die KMK arbeitet bereits seit geraumer Zeit an einem Staatsvertrag, der für mehr Vergleichbarkeit zwischen den Ländern sorgen soll und sorgen wird“, sagte der hessische Minister Alexander Lorz (CDU) der Deutschen Presse-Agentur. „Nach dem angekündigten Ausstieg Bayerns aus den Verhandlungen zum Nationalen Bildungsrat sollten wir uns als KMK nun darauf konzentrieren, dieses ambitionierte Vorhaben abzuschließen.“ Lorz hält die Folgen des Schritts Bayerns offensichtlich für überschaubar. „Denn Nationaler Bildungsrat hin oder her, die manchmal vielleicht berechtigten Kritikpunkte am Bildungsföderalismus könnte dieser nicht beseitigen. Das muss der Staatsvertrag schaffen“, sagte er.

Keine Überraschung

Schon im Oktober hatte Söder auf der Ministerpräsidentenkonferenz in Elmau mit dem Ausstieg aus dem geplanten Gremium gedroht und sich damit scharfe Kritik der SPD-Kultusminister zugezogen. Überraschend kommt der Ausstieg nicht, wie auch Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) sagte – bedauerlich sei er aber dennoch. Die Zukunft des geplanten Gremiums scheint nun unklar, bevor es überhaupt zusammengetreten ist. „Die Länder müssen nun beraten, wie sie mit dem Projekt weiter umgehen wollen“, sagte Karliczek.

Union und SPD hatten den Aufbau des Nationalen Bildungsrates im Koalitionsvertrag vereinbart. Er sollte aus Experten und Vertretern von Bund und Ländern bestehen, die Empfehlungen zu vieldiskutierten Bildungsthemen aussprechen: zur Vergleichbarkeit des Abiturs beispielsweise oder dazu, wie ein Umzug von Familien mit Schulkindern von einem Bundesland in ein anderes erleichtert werden kann.

Wir wollen unser hochwertiges bayerisches Abitur behalten und kein Zentralabitur aus Berlin.

Markus Söder

Vor allem Bayern hat aber Sorge vor einer Angleichung auf dem niedrigen Niveau links regierter Länder wie etwa Bremen oder Berlin, wie Söder auch am Sonntag wieder betonte: „Wir befürchten dadurch nur eine massive Verschlechterung des Bildungssystems in Bayern. Wir wollen unser hochwertiges bayerisches Abitur behalten und kein Zentralabitur aus Berlin.“ Im Bayerischen Rundfunk, der zuerst über den bayerischen Ausstieg berichtet hatte, sagte er: „Wir befürchten, dass am Ende ein Berliner Zentralabitur das Ziel ist, was eine Verschlechterung des Bildungsniveaus in Bayern bedeuten würde.“ Und Söder betonte: „Das bayerische Abitur bleibt bayerisch.“

Bayern auf Spitzenplatz

Tatsächlich bescheinigen Studien wie Pisa oder der Bildungsmonitor dem Bundesland Bayern in regelmäßigen Abständen eines der besten Bildungssysteme in Deutschland. Laut Bildungsmonitor 2019 lag Bayern im Vergleich der Bundesländer auf Platz zwei hinter Sachsen. Beim IQB-Bildungstrend im Jahr 2018 wurden die Fähigkeiten der Neuntklässler in den Bundesländern verglichen und große Unterschiede festgestellt. Besonders schlecht schnitten Kinder in Bremen und Berlin ab. Die besten Ergebnisse lieferten auch hier Sachsen und Bayern. „Man kann eine neunjährige Schulzeit in Bayern nicht vergleichen mit einer neunjährigen in Bremen“, erklärte deshalb Söder jetzt wieder im BR.

Er wies auch auf die Nachteile hin, die bayerische Schüler bei der Vergabe der Studienplätze mit bundesweiter Zulassungsbeschränkung im Vergleich mit Ländern hätten, die das Abitur für lau verteilen. „Eines ist tatsächlich unfair, dass die bayerischen Schülerinnen und Schüler sich wahnsinnig anstrengen und genau die gleichen Plätze bekommen bei Numerus Clausus-Fächern wie andere. Da werden wir uns in Bayern noch etwas einfallen lassen.“ Er wünsche sich, dass „bayerische Abiturienten auch an bayerischen Universitäten Studienplätze bekommen“, so der Ministerpräsident.

(dpa/BK)