AfD-Wahlkampfkundgebung in Magdeburg mit dem Redner Andre Poggenburg. (Bild: Imago/Christian Ditsch)
AfD

Wölfe ohne Schafspelz

Nach mehreren verbalen Entgleisungen von AfD-Politikern ist erneut eine Debatte über die genaue politische Einordnung der Partei entbrannt. Arbeitgeberverbände zeigten sich besorgt, die Politik will die AfD inhaltlich stellen.

Es lässt sich nicht leugnen: Die Zahl radikaler Äußerungen aus der AfD nehmen in letzter Zeit zu. Ob es um die wiederholten Entgleisungen von Björn Höcke, die von Alexander Gauland gewünschte „Entsorgung“ der umstrittenen Integrationsbeauftragten Özoguz oder den früheren AfD-Landtagsabgeordneten Holger Arppe ging, der seinen politischen Gegnern Gewalt androhte – das AfD-Vokabular wird immer deutlicher braun gefärbt. Zuletzt gab es eine Debatte um die angebliche E-Mail von AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel von 2013, die mit revanchistischem Reichsbürger-Weltbild gefüllt war. Deren Echtheit wird von Weidel bestritten, aber laut Welt am Sonntag vom damaligen Empfänger, einem Bekannten Weidels, eidesstattlich versichert.

Verfassungsschutz warnt

Der Thüringer Verfassungsschutz bestätigte jüngst diese Radikalisierung. Eine Auswertung offener Quellen habe ergeben, „dass einzelne Mitglieder der AfD zunehmend auf rechtsextremistischen Sprachgebrauch zurückgreifen“, sagte der Chef der Behörde, Stephan Kramer, dem Handelsblatt. „Vertreter und Protagonisten der Patriotischen Plattform beziehen vermehrt offen rechtsextremistische (…) Positionen.“ Kramer zufolge gebe es auch direkte Kontakte zwischen AfD-Politikern und Rechtsextremisten. „Entscheidend ist die Frage, ob die AfD von solchen Rechtsextremisten möglicherweise unterwandert und dann maßgeblich gesteuert wird“, warnte der Verfassungsschützer. Hierfür seien derzeit in Thüringen aber keine tatsächlichen Anhaltspunkte erkennbar.

Entscheidend ist die Frage, ob die AfD von solchen Rechtsextremisten möglicherweise unterwandert und dann maßgeblich gesteuert wird.

Stephan Kramer, Verfassungsschutz Thüringen

„Sollte sich die AfD noch weiter radikalisieren, ist eine Beobachtung der AfD durch unsere Inlandsnachrichtendienste in Zukunft selbstverständlich nicht ausgeschlossen“, sagte der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagfraktion, Stephan Mayer (CSU), daraufhin dem Handelsblatt. Mayer warnte indes, manche „krassen Verfehlungen“ wie die von Arppe seien zwar mit den Wertentscheidungen des Grundgesetzes unvereinbar, aber „in erster Linie ein Fall für die Staatsanwaltschaft“. Auch CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach mahnte im gleichen Artikel zur Zurückhaltung: „Politiker sind gut beraten, wenn sie nicht den Eindruck erwecken, als würde der Verfassungsschutz auf Anregung oder gar Weisung von Parteien tätig.“

Bislang werden lediglich einzelne AfD-Politiker von Verfassungsschutzbehörden beobachtet, beispielsweise der bayerische AfD-Landesvorsitzende Petr Bystron, der offen seine Sympathie für die rechtsextreme Identitäre Bewegung bekundet.

Arbeitgeber besorgt

Die Arbeitgeberverbände zeigen sich jetzt besorgt über die Auswirkungen eines Einzugs der AfD in den Bundestag. „Deutschland ist ein weltoffenes Land“, sagte BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter der Passauer Neuen Presse. „Die Wirtschaft und auch die Beschäftigten sind daran interessiert und darauf angewiesen, mit vielen Partnern in der Welt zusammenzuarbeiten. Dazu passen dumpfe und nationalistische Parolen überhaupt nicht!“

In der AfD sind Wölfe unterwegs, denen kein Schafspelz passt.

Joachim Herrmann, Bayerischer Innenminister

Auch aus der Politik wird die AfD deutlich kritisiert. So sagte CSU-Spitzenkandidat Joachim Herrmann im Interview mit der Zeitung Die Welt, man müsse die AfD inhaltlich stellen, „zum Beispiel bei ihren hanebüchenen Vorstellungen über Steuern und Rente, bei den atemberaubend absurden Milliarden-Versprechungen, die nie und nimmer finanzierbar wären“. Und weiter: „An solchen Stellen merkt man doch, welche Stümper hier am Werk sind.“ Eine Zusammenarbeit mit der Partei schloss Herrmann kategorisch aus: „Allein schon wenn man sieht, welche Personen da unterwegs sind. Wenn ich nur an die Äußerungen von Höcke denke.“ Diese seien „völlig indiskutabel, teils rechtsradikal und rassistisch. Der bedient sich eines Vokabulars wie Adolf Hitler.“ Als Beispiele nannte der CSU-Politiker den Begriff „Volksverderber“ für Außenminister Sigmar Gabriel. „Das ist O-Ton Hitlers aus ‚Mein Kampf‘ über die Juden. Von einer solchen Partei muss man sich klipp und klar abgrenzen.“ Die AfD-Chefs Gauland und Weidel duldeten solche radikalen Elemente. „In der AfD sind Wölfe unterwegs, denen kein Schafspelz passt“, betonte Herrmann in der Welt.

Ähnlich sieht es Spiegel-Kolumnist Jan Fleischhauer. Er sagte in der ARD-Talkshow „Maischberger“ über die AfD: „Es sind nicht alle Nazis, aber sie haben eine Reihe von Nazis dabei. Und interessanterweise, wenn man Nazi ist in der AfD, passiert einem auch nichts.”

Die AfD liegt in den Umfragen derzeit zwischen 7 und 11 Prozent.