Die Deutsche Bundespolizei entdeckt illegale Einwanderer unter einem Sattelschlepper. (Bild: Imago/Roland Mühlanger)
Sicherheit

„Kontrollen sind notwendig“

Teilweise kontrollieren Beamte an der Landesgrenze zu Österreich rund um die Uhr. Bayerns Innenminister zieht eine positive Bilanz - doch die Situation werde sich laut Bundespolizei nicht entspannen. Auch die illegale Einreise per Güterzug nimmt zu.

Unter Sattelaufliegern, in aufgeschlitzten Anhängern von Lastwagen oder zwischen den Wagons von Güterzügen – lebensgefährliche Verstecke, die immer mehr blinde Passagiere nutzen, um unbemerkt nach Deutschland zu kommen. Während sich Bayerns Innenminister Joachim Herrmann an der Landesgrenze zu Österreich ein Bild von den Grenzkontrollen macht, entdeckt die Polizei in Oberbayern gleich 31 Asylbewerber auf einem einzigen Zug bei einer Kontrolle in Raubling im Landkreis Rosenheim.

Immer mehr illegal Eingereiste

Waren es im ersten Halbjahr in Rosenheim insgesamt 20 Aufgriffe, entdeckten die Beamten im Juli allein schon über 80 Flüchtlinge auf Zügen. Das warme Wetter und die geschlossene Balkanroute könnten laut Bundespolizei Gründe dafür sein, warum sich vor allem junge, alleinreisende Afrikaner auf die gefährliche Reise machen. Dabei fahren einige von ihnen auf dem Güterzug unentdeckt durch Italien und Österreich, bevor sie bei Kiefersfelden einreisen. „Es kann doch nicht sein, dass das erst bei uns in Bayern aufgedeckt wird“, kommentierte Herrmann die Vorfälle. Eine solche Reise als blinder Passagier auf einem Güterzug sei lebensgefährlich und sollte von vornherein unterbunden werden. Deshalb begrüße er es, dass im österreichischen Bundesland Tirol die Polizei bei der Suche nach illegal eingereisten Migranten ab sofort von 70 Soldaten unterstützt wird. In Tirol werden derzeit rund 700 bis 1000 Migranten pro Monat bei Zug- und Schwerpunktkontrollen aufgegriffen. „Es gilt, nicht nur illegaler Migration vorzubeugen, sondern vor allem Menschenleben zu retten“, sagte Landespolizeidirektor Helmut Tomac.

Unsere verstärkten Grenzkontrollen haben sich bewährt und sind absolut notwendig.

Joachim Herrmann, Bayerischer Innenminister

Verstärkte Kontrollen 24 Stunden, 7 Tage die Woche

In Bayern arbeiten Landes- und Bundespolizei Hand in Hand. Auf den kontrollierten Autobahnabschnitten sind täglich Zehntausende von Fahrzeugen unterwegs. Dabei machen sich Kriminelle – wie Drogenschmuggler oder Einbrecherbanden sowie Schleuser – die großen Verkehrsströme zu Nutze, um unentdeckt nach Deutschland einzureisen.

Um sich ein Bild von der Arbeit der Grenzkontrolleure zu machen, besuchte Herrmann die Kontrollstelle „Schwarzbach“ an der A8 an der Landesgrenze zu Österreich gemeinsam mit Dieter Romann, dem Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums. Bayern stellt der Bundespolizei seit Mitte Dezember 2016 bis auf Weiteres eine Hundertschaft der Bayerischen Bereitschaftspolizei zur Unterstützung der Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze zur Verfügung. Bereits seit September 2015 gibt es dort trotz der im Schengen-Abkommen verankerten Freizügigkeit temporäre Grenzkontrollen. Seit Mitte Dezember wird stellenweise rund um die Uhr kontrolliert.

Tausende Festnahmen an Grenzkontrollstellen

Allein von Januar bis einschließlich Juli 2017 habe die Polizei an den drei Grenzkontrollstellen an der A8, A3 und A93 insgesamt 2100 Personen aufgegriffen, die unerlaubt einreisen wollten. Zudem wurden 165 Schleuser festgenommen. Zusätzlich habe die Polizei 1200 Straftaten von Passfälschungen bis hin zu Diebstählen und Rauschgiftdelikten aufgedeckt. Dazu kommen 6200 Personen, nach denen aus den verschiedenen Gründen polizeilich gefahndet wurde. 1160 von ihnen wurden festgenommen, 500 davon an der A8. Die Zahlen belegen, wie wichtig Binnengrenzkontrollen sind. Kritisch sieht Herrmann deshalb die Vorgabe der EU-Kommission, in Deutschland die Binnengrenzkontrollen Mitte November 2017 auslaufen zu lassen.

Wir müssen die Binnengrenzkontrollen in Deutschland solange aufrechterhalten, wie das aus Sicherheitsgründen notwendig ist.

Joachim Herrmann, Bayerischer Innenminister

Herrmann erwarte, dass die EU-Kommission das Aussetzen der Schengen-Reisefreiheit über den November hinaus um sechs Monate verlängere. „Denn der Grundgedanke der Freizügigkeit war von Anfang an, dass es Ausgleichsmaßnahmen gibt und die Außengrenzen der EU entsprechend geschützt sind.“ Letzteres sei aber nach wie vor nicht gegeben. Auch die deutsche Bundespolizei richtet sich auf einen „längeren Einsatz“ ein. Die Situation an der deutsch-österreichischen Grenze werde sich nicht entspannen, sagte Romann. „Im Gegenteil, in Nordafrika warten Zigtausende auf die Überfahrt nach Europa, in Italien sind heuer bereits 97.000 Flüchtlinge angekommen.“

Schleierfahndung für mehr Sicherheit

Neben den Grenzkontrollen setzt der bayerische Innenminister weiterhin auf die Schleierfahndung. Auch hier arbeiten Bayerische Polizei und Bundespolizei zusammen. Dabei decken sie mit verdachtsunabhängigen Kontrollen den grenznahen Raum sowie bedeutende Verkehrswege und Verkehrsknotenpunkte ab. Die Schleierfahnder allein der Bayerischen Polizei griffen mehr als 10.000 Menschen im ersten Halbjahr 2017 auf. Dass es die Schleierfahndung in Berlin und Bremen immer noch nicht gebe, bezeichnete Herrmann als eine eklatante Sicherheitslücke.

Mangelhafter Informationsaustausch

Ebenfalls unverzichtbar für mehr Sicherheit sei die Verbesserung des Informationsaustauschs zwischen den Sicherheitsbehörden in der Europäischen Union, sagte Herrmann. Hier gebe es deutlichen Handlungsbedarf. Besonders kritisierte der Minister, dass immer noch nicht alle Mitgliedsstaaten ihrer Verpflichtung nachgekommen sind, alle Informationssysteme in der Praxis umzusetzen. Nach den Regeln des Prüm-Beschlusses von 2009 müssten beispielsweise seit Mitte 2011 alle EU-Mitgliedsstaaten DNA- und Fingerabdruckdateien europaweit allen Sicherheitsbehörden zum Datenabgleich zur Verfügung stellen. „Bis heute haben aber Griechenland, Irland, Italien, Kroatien und Portugal dafür nicht die notwendigen Voraussetzungen geschaffen“, kritisierte Herrmann.

dpa/AS