Abkehr von der Ehe zwischen Mann und Frau? Die Mehrheit der CSU-Abgeordneten will dagegen stimmen. (Bild: Imago/Christian Ohde)
Ehe für alle

Unwürdiges Spiel der SPD

Die CSU-Abgeordneten werden mit überwältigender Mehrheit gegen die „Ehe“ für Homosexuelle stimmen. Parteichef Seehofer wirft der SPD „Koalitionsbruch“ vor. Auch die katholischen Bischöfe haben sich mittlerweile zu Wort gemeldet.

Das Vorgehen der SPD bei der sogenannten „Ehe für alle“ sorgt für heftigen Streit in der großen Koalition. „Normalerweise ist das ein Koalitionsbruch“, sagte CSU-Chef Horst Seehofer. Der CSU-Chef nannte das Verhalten der SPD „unwürdig“. „Alle rechtlichen Bedenken werden ausgeblendet. Man hätte das auch in aller Ruhe im Herbst machen können“, sagte Seehofer. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sprach von taktischen Spielchen des Koalitionspartners, die Folgendes belegten: „Allen Lippenbekenntnissen zum Trotz wird die SPD, wenn es reicht, auf Bundesebene ein rot-rot-grünes Bündnis eingehen.“

Auch CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer nannte das Verhalten der SPD in der ARD einen „Testlauf für Rot-Rot-Grün“ und eine „linke Republik“. CSU-Vizegeneralsekretär Markus Blume kritisierte, die Abstimmung komme überstürzt und „viel zu früh“: „Wenn wir darüber reden, dann aber bitte in einer dieser Größe des Themas angemessenen Art und Weise.“ Die SPD hatte gemeinsam mit Grünen und Linken gegen den Willen der CDU/CSU eine Bundestagsabstimmung für diesen Freitag angesetzt. Unionsfraktionschef Volker Kauder hatte dies scharf kritisiert und von „Vertrauensbruch“ gesprochen.

Verfassungsrechtliche Bedenken

Die meisten Bundestagsabgeordneten der CSU haben – bis auf vier – angekündigt, bei der freigegebenen Gewissensentscheidung am Freitag gegen die sogenannte „Ehe für alle“ zu stimmen. Gleichzeitig äußern alle CSU-Abgeordneten, die sich zu Wort melden, ihren Respekt für alle Verbindungen zwischen zwei Menschen, in denen diese auf Dauer Verantwortung füreinander übernehmen.

Mehrere Unions-Abgeordnete sind allerdings davon überzeugt, dass eine vollständige „Ehe“ für Homosexuelle mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. Philipp Graf Lerchenfeld verweist auf das Grundgesetz und zwei Grundsatzentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts von 2002 und 2012: „Diese Entscheidungen beruhen auf unserem Wertegerüst, das von unserem christlich-abendländischen Glauben geprägt ist. Nach Artikel 6 des Grundgesetzes genießt die Ehe ebenso wie die Familie den besonderen Schutz des Staates“, so Lerchenfeld, der den rot-rot-grünen Gesetzentwurf ablehnen wird. Der CSU-Rechtspolitiker Alexander Hoffmann wehrt sich gegen die linke Gleichmacher-Ideologie: „Eine Gleichbezeichnung – also die Bezeichnung einer Lebenspartnerschaft als Ehe – kann es nicht geben, denn es handelt sich dabei um etwas Unterschiedliches“, sagt er.

Die Ehe ist eine besondere Verbindung von Mann und Frau.

Gerd Müller, CSU, Entwicklungsminister

Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer erklärt, angesichts der bereits sehr weitgehenden Rechte der homosexuellen Lebenspartnerschaften gehe es bei der sogenannten „Ehe für alle“ nur noch um das Recht auf Volladoption. Entwicklungsminister Gerd Müller betont: „Die Ehe ist eine besondere Verbindung zwischen Mann und Frau, nicht zuletzt in unserer christlichen Tradition.“

Der Abgeordnete Georg Nüßlein sieht andere Motive für die Abstimmung: „Das Vorgehen der linken Seite des Hauses hat meines Erachtens nichts mit bloßer „Gleichstellung von Schwulen und Lesben“ zu tun. Es ist Relikt eines alten Kulturkampfes, der krampfhafte Versuch, das als ‚konservativ‘ empfundene Institut der Ehe zu relativieren, ja faktisch abzuschaffen.“ Dieser von Links angestoßene Erosionsprozess werde weitergehen, so Nüßlein. „In meiner Tätigkeit habe ich einigen Ehepaaren bei der Adoption eines Kindes geholfen. Das ist oft schwierig. Wollen wir wetten, dass übermorgen die Forderung nach einer Adoptionsquote oder nach einer anderen Bevorzugung von gleichgeschlechtlichen Paaren erhoben wird, weil man sonst angeblich diskriminiert würde?“

Insbesondere wegen der Möglichkeit, Leben zu geben, stehen die Ehe von Mann und Frau unter dem besonderen Schutz des Staates.

Max Straubinger, CSU

„Die Ehe von Frau und Mann steht unter dem besonderen Schutz des Staates. Nur aus dieser Verbindung können auf natürlichem Wege Kinder entstehen. Das kann man nicht relativieren“, sagt Gerda Hasselfeldt – ähnlich wie viele Abgeordnete. „Für mich ist diese Entscheidung ganz eindeutig: Ich werde gegen eine Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Partner stimmen“, stimmt der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU, Max Straubinger, Hasselfeldt zu. Das generelle Adoptionsrecht solle Mann und Frau vorbehalten bleiben.

Massive Kritik an SPD-Wahlkampftaktik

Der wirtschaftspolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe, Karl Holmeier, kritisiert: „Die SPD spaltet Deutschland: Ohne Grund, allein den eigenen Vorteil im Blick und aus reiner Wahlkampftaktik.“ Er betont: „Die Ehe wird eingegangen von Mann und Frau. Das ist ein Grundpfeiler unserer seit Jahrtausenden vom christlichen Glauben geprägten Kultur. Die Ehe zwischen Mann und Frau ist auch deutsche Leitkultur.“ Die allermeisten CSU-Abgeordneten aus Niederbayern und der Oberpfalz kündigen ebenfalls ihr Nein an.

Der lahme SPD-Wahlkampf des Scheinriesen Schulz brauchte einen PR-Gag, für den nun das Parlament herhalten muss.

Katrin Albsteiger, CSU

Der Nürnberger Rechtsexperte Michael Frieser sowie die schwäbische Abgeordnete Katrin Albsteiger kritisieren auch das überstürzte Verfahren und zweifeln an der Verfassungskonformität des rot-rot-grünen Entwurfs. „Vor einer Abstimmung hätte im Rahmen einer verfassungsrechtlichen Diskussion diese Frage geklärt werden müssen“, sagt Frieser. Das Vorgehen der SPD nennt er eine „Kurzschlussreaktion“. Albsteiger kritisiert: „Der lahme SPD-Wahlkampf des Scheinriesen Schulz brauchte einen PR-Gag, für den nun das Parlament herhalten muss.“

Ähnlich sieht es auch die CSU-Bundestagsabgeordnete Iris Eberl. „Ich halte die Forderung ‚Ehe für alle‘ für eine reine Provokation und Machtgetöse im Wahlkampf“, sagt Eberl. „Mit der eingetragenen Partnerschaft haben gleichgeschlechtliche Partner mittlerweile die selben Rechte wie Ehepartner. Es besteht kein Handlungsbedarf.“

Vier CSU-Parlamentarier wollen zustimmen

Ausnahmen bilden die CSU-Abgeordneten Bernd Fabritius, Dagmar Wöhrl, Tobias Zech und Gudrun Zollner: Sie erklärten, der sogenannten „Ehe für alle“ zustimmen zu wollen. „Gerade mit der Gesetzgebung der vergangenen Jahre ist eine Gleichbehandlung zwischen Ehe und gleichgeschlechtlichen Partnerschaften faktisch schon vorhanden. Nun wird eine rechtliche Gleichstellung vollzogen“, betonte Zech. Die Institution Ehe werde durch die Öffnung nicht abgeschafft, „sondern beweist gerade dadurch ihre Attraktivität“.

Kardinal Marx kritisiert „überstürztes Verfahren“

Auch die katholischen Bischöfe haben sich mittlerweile zu Wort gemeldet. „Die Deutsche Bischofskonferenz betont, dass die Ehe – nicht nur aus christlicher Überzeugung – die Lebens- und Liebesgemeinschaft von Frau und Mann als prinzipiell lebenslange Verbindung mit der grundsätzlichen Offenheit für die Weitergabe von Leben ist. Wir sind der Auffassung, dass der Staat auch weiterhin die Ehe in dieser Form schützen und fördern muss“, erklärt der Münchner Kardinal Reinhard Marx, der auch Vorsitzender der Bayerischen und der Deutschen Bischofskonferenz ist.

Insbesondere kritisiert der Kardinal das überstürzte Verfahren: „Wir bedauern, wenn dieser Ehebegriff aufgelöst werden soll und damit die christliche Auffassung von Ehe und das staatliche Konzept weiter auseinandergehen. Es ist auch wegen der von vielen Seiten geäußerten erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken völlig unangemessen, eine solche gesellschaftspolitische Grundentscheidung in diesem überstürzten Verfahren zu fällen.“ Die Bischofskonferenz habe in ihren Stellungnahmen zum Lebenspartnerschaftsrecht betont, „dass es ein Missverständnis wäre, die hervorgehobene Rechtsstellung der Ehe und ihren bleibenden besonderen Schutz als Diskriminierung homosexuell veranlagter Männer und Frauen zu verstehen“, so Marx.

Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer hat die Katholiken zu Protestmails an die Bundestagsabgeordneten aufgerufen, die die sogenannte Ehe für alle unterstützen. Auch eine entsprechende Petition unterstützt der Bischof. Es sei wichtig, schnell aktiv zu werden, da die Abstimmung im Bundestag bereits morgen stattfinden soll.