Die Ermittler dürfen zur Abwehr von Terror und Schwerkriminalität künftig auch auf Messenger-Dienste wie WhatsApp zugreifen. (Foto: Imago/xim.gs)
Innenminister

WhatsApp darf überwacht werden

Die Innenministerkonferenz hat die Überwachung von Messengerdiensten wie WhatsApp und ein Musterpolizeigesetz beschlossen. Allerdings blockieren die SPD-Minister bundesweite Schleierfahndung und Überwachung von minderjährigen Terrorverdächtigen.

Bund und Länder wollen im Kampf gegen Terrorismus und Kriminalität enger zusammenrücken. So soll nach einem Beschluss der Innenministerkonferenz (IMK) künftig wieder ein „Musterpolizeigesetz“ deutschlandweit für einheitliche Standards sorgen. Außerdem sollen Sicherheitsbehörden im Kampf gegen Kriminalität und Terror künftig nicht nur Telefone und SMS, sondern auch Messengerdienste wie WhatsApp überwachen dürfen. Die so aufgedeckte Messenger-Kommunikation soll in der Strafprozessordnung dieselbe Bedeutung haben wie Telefonate und SMS-Nachrichten.

Der Bundestag soll bereits innerhalb der nächsten beiden Sitzungswochen die Entwürfe für ein Musterpolizeigesetz und für eine Überwachung von Messengerdiensten beraten. Allerdings verhinderten die SPD-Minister eine Einigung in zwei wichtigen Punkten: eine bundesweite Schleierfahndung sowie eine Überwachung der Kommunikation von Kriminalitäts- und Terrorverdächtigen unter 14 Jahren.

Kein Flickenteppich mehr

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sprach von einem Durchbruch in Sachen Musterpolizeigesetz. „Wir brauchen keinen Flickenteppich bei der inneren Sicherheit“, sagte er. „Befugnislücken sind Sicherheitslücken“, betonte der IMK-Vorsitzende, Sachsens Ressortchef Markus Ulbig (CDU). Das Musterpolizeigesetz solle als Vorlage für die Landespolizeigesetze dienen. „Ziel ist es, einheitliche Sicherheitsstandards trotz Zuständigkeit der Länder auf den Weg zu bekommen“, sagte Ulbig.

Deutschland braucht insgesamt eine cyberfähige Polizei. Bayern geht hier mit gutem Beispiel voran.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU)

Einig sind sich Bund und Länder auch, dass Ermittler zur Verfolgung schwerer Straftaten auf Messengerdienste wie Whatsapp  zugreifen dürfen. „Das bedeutet, dass man die Behörden rechtlich und technisch in den Stand versetzen muss, unter den gleichen Bedingungen, wie man ein Telefon oder eine SMS abhört, auch Informationen und Nachrichten auf Messenger-Diensten abgreifen zu können“, so de Maizière.

Die Kontrolle von Messengerdiensten hatte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ausdrücklich gefordert. „Es ist ein Unding, dass wir von Verbrechern verschickte SMS mitlesen können, nicht aber bei ansonsten gleicher Fallgestaltung Whatsapp-Mitteilungen, nur weil deren Anbieter dem Telemediengesetz unterliegen“, sagte Herrmann. Dringend nötig sei deshalb eine rechtliche Gleichbehandlung von klassischer Telekommunikation und Kommunikationsanwendungen. Deutschland brauche „insgesamt eine cyberfähige Polizei“. Bayern gehe hier mit gutem Beispiel voran.

Viele Terroristen benutzen WhatsApp

„Mit der Überwachung von Messengerdiensten schließen wir eine gefährliche Rechtslücke“, meint auch die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt. „Der Attentäter von Würzburg oder der Terrorist vom Berliner Weihnachtsmarkt, Anis Amri, kommunizierten über WhatsApp. Es kann doch nicht sein, dass die Sicherheitsbehörden SMS überwachen können, nicht aber unter strengsten rechtlichen Voraussetzungen die verschlüsselte Kommunikation von Messengerdiensten wie WhatsApp.“

Es ist schade, dass im Bereich der inneren Sicherheit mit den Grünen so wenig zu machen ist.

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt

Bisher habe der für die Sicherheitsbehörden auswertbare Anteil der Kommunikation immer weiter abgenommen, so Hasselfeldt. „Laut BKA erfolgt nur noch weniger als 15 Prozent der Kommunikation unverschlüsselt. Das sind sicherheitsrelevante Daten, die auch die Grünen nicht ignorieren dürfen“, so Hasselfeldt an die Adresse der Opposition. „Es ist schade, dass im Bereich der inneren Sicherheit mit den Grünen so wenig zu machen ist.“

Denn die Grünen stehen hier voll auf der Bremse: „Was die Koalition derzeit zur Auswertung von Whatsapp-Nachrichten plant, reißt die hohen verfassungsrechtlichen Hürden“, behauptete Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt – als ob sie selbst Verfassungsjuristin wäre. Ähnliche Kritik kam auch von den Grünen-Innenpolitikern Irene Mihalic und Konstantin von Notz.

Weitere Maßnahmen der IMK

  • De Maizière kündigte einen neuen Umgang mit Islamistischen Gefährdern an. „Wir haben den Beschluss gefasst, dass wir die Gefährder- und Gefährdungsbewertung auf neue Füße stellen.“ Das BKA verfüge über ein neues Analysemodell, mit dem Gefährder künftig besser eingestuft werden könnten. Im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum (GETAZ) sollten dann Maßnahmen „besprochen und in den Ländern gemeinsam und verbindlich umgesetzt werden“. De Maizière sprach von einem Fortschritt, „der möglicherweise auch nur im Zusammenhang mit den Fall Amri zustande gekommen ist“.
  • Ergebnisse von DNA-Analysen sollen künftig „auf die Feststellung des Alters, der Hautfarbe, der Augenfarbe und der Herkunft“ erweitert werden, sagte de Maizère. „Das spart künftig manchen Gentest.“
  • Um künftig Doppelidentitäten in Asylverfahren zu vermeiden, wurde beschlossen, die Altersgrenze zur Abnahme von Fingerabdrücken bei Flüchtlingskindern von derzeit 14 auf 6 Jahre zu senken.
  • Bei den teilweise ausgesetzten Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber nach Afghanistan erwarteten die Länder von der Bundesregierung „noch vor der Sommerpause“ einen aktualisierten Bericht zur Sicherheitslage, sagte Ulbig.
  • Einig waren sich die Minister, dass sogenannte Reichsbürger künftig keine Waffen mehr besitzen dürfen.