Grenzenloses Europa? Hier die Staatsgrenze von Deutschland zu Österreich bei Mittenwald. (Bild: avd)
Europa

Unsere Lebensart schützen

Ein Europa der offenen Grenzen ist vorgegaukelt, wenn zugleich die Sicherheitsvorkehrungen in der Öffentlichkeit permanent verstärkt werden müssten, sagt Thomas Kreuzer, der Vorsitzende der CSU-Landtagsfraktion. Er fordert sichere EU-Außengrenzen.

Es brauche auf europäischer Ebene ein massives Engagement, damit die EU-Außengrenze wirksam geschützt werden könne, forderte Kreuzer in einer Pressemitteilung nach dem terroristischen Anschlag von Manchester. „Außerdem muss in Deutschland Klarheit herrschen, wer sich im Land aufhält“, so der Fraktionschef weiter. Gefährder müssten stärker überwacht und notfalls ausgewiesen werden.

Da gaukeln wir uns doch etwas vor, wenn wir gleichzeitig Lkw-Sperren um Weihnachtsmärkte, Sicherheitszäune um Volksfeste, Metalldetektoren bei Konzerten brauchen.

Thomas Kreuzer, CSU-Landtagsfraktionschef

„Es zeigt sich, dass wir zwar bei feierlichen Appellen davon reden können, dass wir ein Europa ohne Grenzen wollen und dass Kontrollen die Bewegungsfreiheit einengen. Aber da gaukeln wir uns doch etwas vor, wenn wir gleichzeitig Lkw-Sperren um Weihnachtsmärkte, Sicherheitszäune um Volksfeste, Metalldetektoren bei Konzerten und gepanzerte Fahrzeuge vor öffentlichen Gebäuden brauchen. Dann haben wir die Grenzkontrollen halt mitten in unserem Leben“, bilanzierte Kreuzer die aktuelle Sicherheitslage.

EU-Außengrenzen besser sichern

Zwar seien alle diese Maßnahmen sinnvoll, so lange die EU-Außengrenzen nicht besser geschützt seien. Aber es zeige, dass der Grenzschutz dringend angegangen werden müsse, so der CSU-Politiker.

Die Rettung im Mittelmeer darf nicht mehr mit dem Ticket nach Mitteleuropa verbunden sein.

Sebastian Kurz, Österreichs Außenminister

Bestärken dürfte ihn auch der Einsatz des österreichischen Außenministers und neuen ÖVP-Chefs, Sebastian Kurz, der schon seit 2015 mit Hochdruck und erfolgreich an der Grenzschließung arbeitet. Auf Facebook schrieb Kurz jetzt wieder: „Auch wenn es manche anders sehen, ich bleibe dabei: Die Schließung der Westbalkanroute war notwendig. Nun müssen wir endlich auch die Mittelmeer-Route schließen!“ Und in der SZ Anfang Mai erklärte der Außenminister: „Wir müssen in Europa die politische Entscheidung fällen, dass jemand, der sich illegal auf den Weg nach Europa macht, an der Außengrenze, also zum Beispiel in Lampedusa, versorgt und im Idealfall zurückgestellt wird in das Herkunftsland. Wenn die Menschen aber aufs Festland weiterdürfen, kommen mehr Flüchtlinge nach.“ Dazu müsse man die Südgrenzen von Libyen besser schützen, mit der libyschen Küstenwache kooperieren sowie Flüchtlingszentren zur Rückstellung voraussichtlich in Ägypten oder Tunesien bauen. Jedenfalls dürfe „die Rettung im Mittelmeer nicht mehr mit dem Ticket nach Mitteleuropa verbunden“ sein, so Kurz in einem weiteren Interview der Zeitung Die Presse. Sobald eine Rückreise organisiert sei, mache sich „kaum noch jemand auf den Weg“. Der neue ÖVP-Chef bestätigte zugleich die Position der CSU: „Die Politik der offenen Grenzen ist nicht durch europäisches Recht gedeckt.“

Kreuzer: Unsere Art zu leben hat sich geändert

CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer macht aber auch noch etwas anderes Sorgen: Wenn, wie jetzt geschehen, große Volksfeste wie die Sandkerwa in Bamberg unter anderem wegen der hohen Sicherheitsauflagen und den damit verbundenen Kosten abgesagt werden müssten, dann dürfe das nicht einfach hingenommen werden. „Die Politik muss gewährleisten, dass Ehrenamtler und Bürger ihre Traditionen pflegen und ihre Feste feiern können“, stellte Kreuzer fest. „Terroristen dürften unsere Art zu leben nicht ändern, ist überall zu hören, aber sie tun es bereits“, so der CSU-Politiker.

Terroristen dürften unsere Art zu leben nicht ändern, ist überall zu hören, aber sie tun es bereits.

Thomas Kreuzer

Es sei die ureigenste Aufgabe des Staates, die Freiheit seiner Bürger zu schützen. Und der Staat müsse die gewohnte Art zu leben schützen. Falsch lägen deshalb jene, die meinten, die Bevölkerung müsse mit ihrer Lebensart „auf andere Kulturen Rücksicht nehmen“ und in Wirklichkeit „zurückstecken“ meinten. Und es könne auch nicht sein, dass mit falsch verstandener Liberalität zwar die Kommunikation und die Bewegungsfreiheit von Gefährdern geschützt werde, dafür aber die Bevölkerung immer mehr Einschränkungen hinnehmen müsse. „Auch ich halte für richtig, dass wir unser gewohntes Leben weiterleben müssen. Klar, sonst hätten die Terroristen das erste Ziel schon erreicht. Aber das heißt nicht: Zur Tagesordnung übergehen“, so Kreuzer. Natürlich müsse sehr genau geprüft werden, wie Gefährdern und Islamisten früh das Handwerk gelegt und das Netzwerk entzogen werden könne. Leider müsse er immer wieder beobachten, dass die SPD nach solchen Anschlägen kräftige Sprüche von sich gebe, aber später bei polizeilichen Kompetenzen immer wieder als Bremse wirke.

Umfrage bestätigt Unsicherheitsgefühl

Kreuzer wird bestätigt durch eine repräsentative Umfrage von Infratest Dimap im Februar, also noch vor dem brutalen Anschlag auf Kinder und Jugendliche in Manchester: Die Umfrage ergab, dass sich zwar noch 75 Prozent der Deutschen auf öffentlichen Plätzen, Straßen oder Verkehrsmitteln sicher oder sogar sehr sicher fühlten. Anders ist es allerdings bei Frauen: Knapp 30 Prozent von ihnen gaben an, sich eher unsicher oder sehr unsicher zu fühlen. Unter den Männern waren es hingegen nur 20 Prozent. Fast die Hälfte der Frauen fühlte sich dabei von bestimmten Personengruppen bedroht: 32 Prozent aller Befragten geben an, dass von Ausländern und Flüchtlingen die stärkste Bedrohung ausgehe. Jede dritte Frau (34 Prozent) gab an, sich in den letzten zwei Jahren wegen der Zuwanderung zunehmend unsicher zu fühlen. Öffentliche Verkehrsmittel am Abend vermeidet jede dritte befragte Frau (31 Prozent). Annähernd die Hälfte von ihnen (45 Prozent) tut dies häufiger als vor zwei Jahren. Durch bestimmte Straßen, auf Plätze oder in Parks gehen sogar 62 Prozent der befragten Frauen nicht mehr am Abend.