Lob und Kritik für Trassenpläne
Die Stromautobahnen sollen von 2025 an Windstrom von den Küsten in die Industriezentren des Südens bringen. Die Vorschläge der Netzbetreiber für mögliche Routen rufen in Bayern Kritik hervor.
Energiewende

Lob und Kritik für Trassenpläne

Die Stromautobahnen sollen von 2025 an Windstrom von den Küsten in die Industriezentren des Südens bringen. Die Vorschläge der Netzbetreiber für mögliche Routen rufen in Bayern Kritik hervor.

Der Bau gigantischer unterirdischer Stromtrassen quer durch Deutschland für die Energiewende nimmt konkrete Formen an. Die Netzbetreiber Tennet, TransnetBW und 50Hertz präsentierten in Berlin Routen-Vorschläge für mögliche Erdkabel-Korridore, mit denen Windstrom von den Küsten in die Industriezentren des Südens transportiert werden soll.

Franken entlastet

Die Rhön wird umgangen und es gibt keine zweite Haupttrasse nach Grafenrheinfeld – die Vorschläge der Netzbetreiber für die möglichen Routen der Nord-Süd-Stromautobahnen kommen vor allem bei den fränkischen Politikern überwiegend gut an. Die CSU-Bundestagsabgeordnete Anja Weisgerber freute sich, dass es mit der aktuellen Planung nur einen Abzweig und keine Haupttrasse nach Grafenrheinfeld geben wird. Damit habe der Netzbetreiber Tennet den Forderungen nach einer Entlastung des Netzknotens Grafenrheinfeld entsprochen, sagte sie dazu.

Tennet hat die Erdverkabelung zu 100 Prozent berücksichtigt, das ist sehr gut. Andererseits habe ich Tennet dafür kritisiert, dass die Variante, die Trasse im Seitenstreifen der A93 zu vergraben, um den Flächenverbrauch zu reduzieren, nicht intensiv geprüft wurde.

Albert Rupprecht, CSU-Bundestagsabgeordneter

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Albert Rupprecht kritisierte Tennet dafür, dass die Variante, die Trasse im Seitenstreifen der Autobahn A93 zu vergraben, nicht intensiv geprüft wurde. Mit dieser Variante hätte der Flächenverbrauch reduziert werden können. Er drängte während der Vorstellung der Netzbetreiber darauf, dass diese – auch von der Bevölkerung immer wieder eingeforderte Prüfung – umgesetzt werde. Auch der Hofer Landrat Oliver Bär (CSU) äußerte sich auf seiner Facebook-Seite zu den Neuigkeiten Tennets. Positiv sei, dass die Zahl der möglichen Trassenkorridore durch seinen Landkreis reduziert worden sei. Zentrale Forderungen, beispielsweise nach einer maximalen Bündelung mit bestehenden „Trassen“ wie etwa Straßen, werden aber nach wie vor zu wenig berücksichtigt. Er fordert zudem, dass die Breite des Schutzstreifens verringert werde.

Laut Pressemitteilung des Aktionsbündnisses der Bürgerinitiativen werde der Strom durch die hohen Kosten der Erdverkabelung zum Luxusgut. Die Initiatoren sprechen sich anstelle riesiger Stromtrassen für eine dezentrale Energiewende aus. Die Planung von Tennet bezeichnen sie laut Bayerischem Rundfunk als „völlig intransparent“ und werfen dem Netzbetreiber vor, nicht frühzeitig in die Planungen eingebunden worden zu sein.

Verlauf der Trasse bleibt abzuwarten

Die Anträge für die zwei Stromautobahnen „Suedlink“ und „Suedostlink“ wollen die Unternehmen noch in diesem Monat bei der Bundesnetzagentur einreichen.

Die Behörde untersucht den Vorschlagskorridor und die Alternativen im Rahmen der Bundesfachplanung detaillierter und wird am Ende einen circa 500 bis 1000 Meter breiten Leitungskorridor für die anschließende Planfeststellung festlegen. Nach Aussage von Tennet werden alle Varianten im weiteren Verfahren mit derselben Intensität geprüft werden. Es kann daher durchaus sein, dass im weiteren Verfahren eine vollkommen neue Variante noch zur Prüfung dazu komme.

Seit Herbst gingen von Bürgern, Kommunen und Verbänden zu beiden Milliarden-Projekten bereits mehr als 9000 Hinweise ein, die beim geplanten Verlauf der Trassen berücksichtigt worden sind. Wo exakt die Stromautobahnen gebaut werden, wird erst 2020/21 feststehen. Strom soll ab 2025 fließen – wenn alles glatt geht.

Bayerns Bürger setzen sich durch

Der „Suedlink“ wird von Tennet und TransnetBW gebaut. Die Stromleitungen verlaufen von Brunsbüttel in Schleswig-Holstein nach Großgartach in Baden-Württemberg sowie von Wilster in Schleswig-Holstein nach Grafenrheinfeld in Bayern. Die 800 Kilometer lange Trasse soll die „Hauptschlagader“ der Energiewende werden. Sie hat die bislang größte Bürgerbeteiligung beim Netzausbau hervorgerufen. Im bayerischen Teil sei nach Bürgerwünschen ein Fünftel des ursprünglichen Korridors angepasst worden.

Die frühzeitige Einbindung der Öffentlichkeit war uns ein großes Anliegen und hat erheblich zu einer Versachlichung der Diskussion um die Gleichstromleitungen beigetragen.

Franz Josef Pschierer, bayerischer Energiestaatssekretär

Der „Suedostlink“ der Netzbetreiber Tennet und 50Hertz soll zwischen Wolmirstedt in Sachsen-Anhalt und dem AKW Isar 2 bei Landshut in Bayern verlaufen. Diese Leitung ist nötig, um den im Norden und Osten erzeugten Ökostrom in den Süden zu transportieren. Zudem soll der „Suedostlink“ verhindern, dass wegen der bisher fehlenden direkten Leitungsverbindung Strom aus erneuerbaren Energien durch Polen und Tschechien fließen muss. Im Jahr 2022 geht in Deutschland das letzte Atomkraftwerk vom Netz.

Vorrang für Erdverkabelung

Eigentlich sollten die Trassen als Freileitungen mit Masten gebaut werden. Dagegen gab es große Bürgerproteste und die Bundesregierung lenkte auch auf Druck Bayerns ein. Die Leitungen werden nun größtenteils unterirdisch verlegt. Das hat seinen Preis. Der politisch gewollte Vorrang für Erdkabel wird die Kosten beim „Suedlink“ nach Schätzungen der Betreiber von drei Milliarden auf bis zu zehn Milliarden Euro in die Höhe treiben. Das müssen private Kunden und die Industrie über höhere Netzentgelte bezahlen. Dafür dürfte aber die Trasse auch wesentlich schneller fertig werden, da kaum Proteste und Klagen zu erwarten sind. Außerdem ist ein Großteil der Bevölkerung auch bereit, für die Energiewende mehr Geld zu bezahlen.

Die Erhöhung der Leitungskapazitäten von Norden nach Süden ist in einem gewissen Rahmen notwendig, gerade für die süddeutschen Kraftzentren. Wir fordern dabei aber eine faire Lastenverteilung.

Ilse Aigner, bayerische Wirtschaftsministerin

Mit dem Vorrang für die Erdverkabelung kam die Bundesregierung dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) entgegen. Der hatte gegen die großen Freiluft-Leitungen gekämpft, weil der Widerstand in Bayern gegen die „Monstertrassen“ groß war. Kritik wegen der Milliarden-Zusatzkosten wies auch Seehofer stets zurück. Diese verteilten sich schließlich auf 30 Jahre.

Diskussionen zu „Suedlink“

Das Hochspannungs-Gleichstromübertragungs-Projekt „SuedLink“ ist bereits seit 2012 Bestandteil in allen Netzentwicklungsplänen. 2013 und 2015 wurde der energiewirtschaftliche Bedarf in den Bundesbedarfsplangesetzen bestätigt. Nachdem 2014 erste Planungen als Freileitungsprojekt vorgestellt werden, konnte der Freistaat Bayern ein Moratorium zum Netzausbau durchsetzen. Aufgrund massiver Proteste erfolgte im Jahr 2015 eine Gesetzesänderung, die den Vorrang der Erdverkabelung festlegt und eine vollständige Neuplanung als Erdkabelprojekt ermöglichte. Im September 2016 stellten die Netzbetreiber dazu erste Trassenkorridorvorschläge vor, die zusammen mit Bürgern und Kommunalvertretern diskutiert wurden.