Schwarze Platten bis zum Horizont: Photovoltaik-Anlage in Oberfranken. (Foto: Imago/Imagebroker)
Energie

Sonnenstaat im Süden

Bayern feiert Fortschritte beim Ausbau der Photovoltaik. Auf Ackerflächen und Straßenrand-Streifen hat sich die Fläche mit Solarmodulen verdoppelt. Agrar-Experten sehen die Staatsregierung jedoch in einem "Zielkonflikt".

Vormalige Äcker und Wiesen in ganz Bayern, Streifen entlang von Autobahnen und Bundestraßen verwandeln sich in Sonnenenergie-Felder. Die „Photovoltaik-Offensive“ der Staatsregierung kommt voran. Im laufenden Jahr ist die Gesamtfläche, die im Freistaat mit schwarzen Solarmodul-Platten bepflastert ist, um rund 490 Hektar gewachsen. „Unsere Initiative zur Ausweitung der Photovoltaik auf Ackerflächen ist ein voller Erfolg“, sagt Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler). Dies werde „die ökologische Energiewende voranbringen“.

Hektarweise Solarmodule

Zum Vergleich: In den vorangegangenen beiden Jahren war die Fläche, auf der in Bayern Sonnenstrom produziert wird, laut einer Studie des Thünen Instituts um 224 Hektar (2018) respektive 250 Hektar (2017) gewachsen. Minister Aiwanger will in den kommenden Jahren auf „noch mehr Photovoltaik“ drängen. Schließlich geht das Kernkraftwerk Isar 2 bei Landshut spätestens im Jahr 2022 vom Netz, als einer der letzten deutschen Atommeiler. Bayerns Industrie und Privathaushalte sind auf Ersatz angewiesen – auf mehr Kohlestrom oder mehr Erneuerbare Energie aus Wasser, Wind oder Sonne.

Bis 2022 soll laut einer Ankündigung Aiwangers vom „Energiegipfel Bayern“ Ende September die Photovoltaik-Leistung pro Jahr um mindestens 500 Megawatt gesteigert werden. Das entspräche einer zusätzlichen Fläche von 750 Hektar jährlich. Das Potenzial für den Ausbau ist laut Minister vorhanden.

Wir haben in Bayern die höchste Sonneneinstrahlung in ganz Deutschland.

Hubert Aiwanger, Wirtschaftsminister

Dass die Offensive tatsächlich ein „voller Erfolg“ ist, sehen Experten allerdings skeptisch. Agraringenieur Andreas Tietz vom Thünen Institut für Ländliche Räume, der sich intensiv mit dem Ausbau von Photovoltaik befasst, sagt: „Dahinter steckt ein klassischer Zielkonflikt.“ Für Ökostrom-Produzenten sei die zusätzliche Zulassung von Photovoltaik auf ehemaligen Feldern oder Weiden zwar vorteilhaft. Aber für diejenigen, „die landwirtschaftliche Böden benötigen, ist das kein Erfolg“.

Seit Jahren steigen die Pachtpreise. Bauern geraten stärker in Konkurrenz zu Bioenergie-Herstellern. Zudem will der auch für Landesentwicklung zuständige Minister Aiwanger den Flächenfraß im Freistaat eindämmen, laut Plan vom Sommer auf fünf Hektar pro Tag. Das entspricht einer Obergrenze von 1800 Hektar im Jahr – wovon dann bereits rund 40 Prozent allein durch neue Solarpanele aufgebraucht würden.

Keine Blüten unter den Platten

Auch den Blühstreifen und so genannten „Bienen-Highways“, die im Zuge der neuen Artenschutz-Strategie entlang von bayerischen Straßen und am Rand von Äckern gesät werden, stehen Flächen voller Solarmodule im Weg. „In deren Schatten wächst kein Grashalm“, bemängelt Tietz. Effizienter sei es, statt Photovoltaik die Windenergie auszubauen. Deren Flächenverbrauch sei wesentlich geringer. Dafür liefere eine Windkraftanlage – wenn Wind weht – erheblich mehr Strom als Solarmodule – wenn die Sonne scheint.

Bayern ist kein Wind-Land, wir sind nicht die Küste.

Markus Söder, Ministerpräsident

Minister Aiwanger hat ebenfalls angekündigt, bis 2022 rund 300 neue Windenergieanlagen im Freistaat zu errichten. Dabei hemmt ihn freilich die so genannte 10H-Regelung der Vorgänger-Regierung unter dem damaligen Ministerpräsidenten Horst Seehofer. Ihrzufolge müssen Windräder einen Abstand zur Wohnbebauung von mindestens dem Zehnfach ihrer Höhe halten – weshalb in Bayern weniger solche Anlagen errichtet werden.

Der aktuelle Regierungschef Markus Söder hat sich bereits „gegen die Verspargelung der Landschaft“ ausgesprochen. In den Staatsforsten sollen im Rahmen seiner Klimastrategie in den nächsten zwei bis drei Jahren dennoch rund 100 neue Wind-„Spargel“ errichtet werden.