In München bereits im Einsatz: Video-Überwachungskamera auf dem Christkindlmarkt am Marienplatz in München. (Foto: Imago/Ralph Peters)
Nach den Verbrechen

Stärkere Video-Überwachung gefordert

Nach dem Terroranschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt, der Festnahme des Berliner U-Bahn-Treters und dem brutalen Mord an der Freiburger Studentin fordern CSU-Politiker eine Ausweitung der Video-Überwachung. Die nützt nicht nur in der Aufklärung von Straftaten, sondern auch in der Vorbeugung – im Sinne der Abschreckung.

Die Video-Überwachung des Berliner U-Bahnhofs Hermannplatz führte zur Überführung des aus Bulgarien stammenden Täters, der eine junge Frau völlig grundlos und so brutal in den Rücken getreten hatte, dass diese mehrere Meter tief eine Treppe hinunterfiel und sich einen Arm brach. Die Video-Überwachung in einer Freiburger Straßenbahn und bei einer Haltestelle half mit, den afghanischen Asylbewerber zu identifizieren und zu überführen, der eine 19 Jahre alte Studentin nahe des Freiburger Fußballstadions brutal vergewaltigt, ermordet und die Leiche in den Fluss Dreisam geworfen hatte.

Es ist ja geradezu pervers, dass der rot-rot-grüne Senat einen Ausbau der Videoüberwachung ablehnt, gleichzeitig aber die Bürger um ihre Handy-Videos und Fotos Fotos bittet, um den Anschlag auf den Weihnachtsmarkt aufklären zu können.

Rainer Wendt, DPolG

Auch die Ermittlungsarbeit nach dem mutmaßlichen Terroranschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt mit zwölf Toten zeigt, wie sinnvoll eine Videoüberwachung gewesen wäre: Die Berliner Polizei musste die Bevölkerung bitten, ihre privaten Handy-Filme einzusenden, um den Ablauf des Anschlags und die Flucht des Täters jenseits von Zeugenaussagen zu rekonstruieren, aber auch den tatsächlichen Täter zu identifizieren. Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, sagte der Bild-Zeitung: „Wir brauchen eine flächendeckende Videoüberwachung an gefährdeten Straßen und Plätzen – vor allem in der Bundeshauptstadt Berlin. Es ist ja geradezu pervers, dass der rot-rot-grüne Senat einen Ausbau der Videoüberwachung ablehnt, gleichzeitig aber die Bürger um ihre Handy-Videos und Fotos bittet, um den Anschlag auf den Weihnachtsmarkt aufklären zu können. Das ist eine unverantwortliche Politik, die Menschenleben gefährdet, statt sie zu schützen.“

Linke Kritik geht an der Realität vorbei

Mehrere CSU-Politiker sowie Kommentatoren bedeutender Medien fordern daher die Ausweitung der Video-Überwachung: Unter anderem der Vorsitzende des Landtags-Innenausschusses, Florian Herrmann (CSU), und der frühere Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). „Videokameras im öffentlichen Raum verstärken nicht nur das subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen, sondern leisten auch einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung von Straftaten“, betont Florian Herrmann gegenüber dem Bayernkurier. Das habe jüngst vor allem die rasche Aufklärung des „schändlichen Angriffs der Berliner U-Bahn-Treter“ gezeigt.

Wir treten schon lange für eine sinnvolle Ausweitung der Videotechnik als Bestandteil der robusten bayerischen Sicherheitsarchitektur ein.

Florian Herrmann (CSU), Vorsitzender des Innenausschusses im Landtag

Hart geht Florian Herrmann mit den Bedenkenträgern ins Gericht: „Die linke Kritik an mehr Videoüberwachung im öffentlichen Raum und vor allem im ÖPNV geht – wie so oft und da ideologisch motiviert – an der Realität vorbei: Kriminelle fürchten weniger abstrakte Strafandrohungen als vielmehr, bei ihren Straftaten erwischt zu werden. Dabei gefilmt zu werden, hat also sehr wohl abschreckende Wirkung.“ So unterstütze die Videoüberwachung sehr wohl nicht nur die Ermittlung nach erfolgten Verbrechen und anderen Straftaten, sondern wirke sehr wohl auch präventiv, betont Herrmann, der gleichzeitig auch innenpolitischer Sprecher der CSU-Fraktion ist. Ein Haus mit sichtbarer Alarmanlage wird auch seltener zum Einbruchsziel als eines ohne.

Bahnhöfe in München und Nürnberg erhalten moderne Videotechnik

Herrmann verweist auf die klassische CSU-Forderung: „Daher treten wir schon lange für eine sinnvolle Ausweitung der Videotechnik als Bestandteil der robusten bayerischen Sicherheitsarchitektur ein.“ Beispiel Nahverkehr im Großraum München: „In Kooperation mit der Deutschen Bahn AG wurden in München in diesem Jahr alle 60 vorgesehenen Bahnhöfe der DB Regio mit Videoüberwachung ausgestattet, um die Sicherheit zu intensivieren. Rund 250 Züge der S-Bahn sind bereits mit Kameras ausgestattet“, so Herrmann.

In Bayerns zweitgrößter Stadt Nürnberg kündigte die Deutsche Bahn genau zwei Wochen vor Weihnachten die Ausweitung und Ausstattung des Hauptbahnhofs mit modernsten Videokameras an. Der Hauptbahnhof in Nürnberg gehört laut einer Gefahrenbewertung von Bahn und Bundespolizei zu den drei am stärksten durch Kriminalität und Terror gefährdeten Bahnhöfe Deutschlands. Die bisherigen Kameras am Bahnhof sind reif für das nahegelegene DB-Museum – als Monumente frühzeitlicher Kommunikationstechnik.

Die Videoüberwachung ist ein geeignetes Mittel, um auch als Frühwarnsystem Gefahren aus der Welt zu schaffen.

Hans-Peter Friedrich, CSU, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag

Damit setzt die Bahn eine Forderung des Nürnberger CSU-Bezirksparteitags vom Frühjahr um (der Bayernkurier berichtete). Wann die SPD-dominierte Stadtverwaltung endlich nachzieht und neuralgische Punkte wie den Frauentorgraben, bestimmte Fußgänger-Unterführungen und -Durchgänge sowie etwa das Naherholungsgebiet Wöhrder Wiese / Wöhrder See, stärker mit Kameras überwacht, wo es häufig zu sexuellen Belästigungen und anderen Straftaten kommt, ist allerdings noch unklar.

Video-Überwachung und Vorratsdatenspeicherung kommen wieder auf den Tisch

Ganz ähnlich sieht das der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag und frühere Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). „Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Polizeikräfte modern ausgestattet sind, dass sie mehr Befugnisse erhalten, dass wir die Videoüberwachung ausweiten“, sagte Friedrich nach dem Terroranschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt im Sender n-tv. Die Themen Vorratsdatenspeicherung und Videoüberwachung würden nach dem Terroranschlag wieder „auf den Tisch“ kommen, prophezeite Friedrich. „Die Videoüberwachung ist ein geeignetes Mittel, um auch als Frühwarnsystem Gefahren aus der Welt zu schaffen“, betonte er.

Auch die neuerdings von Bundes- und Landespolizei sowie den Sicherheitskräften der Bahn vereinzelt eingesetzten sichtbaren Kameras an der Einsatz-Kleidung, sogenannte „Body-Cams“, hält Florian Herrmann für sinnvoll. Allerdings dienen sie, wie er dem Bayernkurier erklärt, „in erster Linie dem Schutz der Polizeibeamten vor gewalttätigen Übergriffen“ – und zwar im Sinne von Vorbeugung und Abschreckung. Denn: „Das Kernelement für den Schutz der Einsatzkräfte besteht beim Einsatz von ,Body-Cams‘ darin, dass das polizeiliche Gegenüber durch eine auffällige Kennzeichnung des kameraführenden Beamten und die deutlich sichtbare ,Body-Cam‘ auf die Möglichkeit der Videoaufzeichnung aufmerksam gemacht wird und sich dadurch von strafbarem Verhalten abhalten lässt.“

„Body-Cams“ sollen Polizisten schützen und Straftäter abschrecken

Das „Body-Cam“-System solle im Rahmen des Streifendienstes durch die ausgewählten Polizeibeamten auch unabhängig von Einsatzort und -anlass durchgehend getragen werden, so Herrmann. Wenn die rechtliche Voraussetzung zur Abwehr einer konkreten Gefahr vorliegt, oder auch zur Strafverfolgung, solle der Polizist auch außerhalb der gefährlichen Orte jederzeit Bild- und Tonaufzeichnungen anfertigen können. „Derzeit wird dieses System im Bayern in einem Pilotversuch erprobt. Ich gehe davon aus, dass diese Technik die Sicherheit der Einsatzkräfte nochmals erheblich verbessern wird“, so Herrmann.

Videoüberwachung muss auch genutzt werden. Niemand darf das Gefühl bekommen, Strafverfolgung und Gefahrenabwehr seien bei den hierfür zuständigen Organen nicht in den besten Händen.

Reinhard Müller, Leitartikler der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ)

Auch der Leitartikler der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) fordert angesichts des Berliner „U-Bahn-Treters“, die Videoüberwachung auszuweiten und auch konsequent zu nutzen. „Jeder in Deutschland sollte die Gewissheit haben, dass solche Taten mit allen rechtsstaatlichen Mitteln verfolgt werden. Das geht alle an. Aber niemand darf das Gefühl bekommen, Strafverfolgung und Gefahrenabwehr seien bei den hierfür zuständigen Organen nicht in den besten Händen“, betont er. „Videoüberwachung muss auch genutzt werden.“ Gleichzeitig kritisiert der FAZ-Kommentator, dass die Bilder vom U-Bahn-Treter erst nach einigen Wochen veröffentlicht wurden: „Öffentliche Empörung ist kein Maßstab für ein Strafverfahren. Aber dass die Fahndung erst nach Veröffentlichung der Aufnahmen erste Erfolge hatte, spricht Bände.“

(wog/n-tv/FAZ)