Um die Wähler in der Mitte wieder zu erreichen, steuert die CDU vor der Bundestagswahl einen konservativeren Kurs: Konsequentere Abschiebungen und kategorische Ablehnung von Steuererhöhungen stehen im Leitantrag des Parteitags in Essen. (Foto: Imago/IPON)
Parteitag

CDU will wieder konservativer werden

Die CDU bemüht sich nach Kritik der Basis an der bisherigen Flüchtlingspolitik um einen konservativeren Kurs. Mit Leitanträgen auf dem Parteitag in Essen will die Partei neun Monate vor der Bundestagswahl konsequentere Abschiebungen beschließen und Steuererhöhungen kategorisch ausschließen. Die CSU fordert zusätzlich spürbare Steuersenkungen.

Die CDU will mit einer klaren Absage an höhere Steuern und einem schärferen Asylkurs in den Bundestagswahlkampf 2017 ziehen. Damit reagiert die CDU-Führung auch auf die massive Kritik der Parteimitglieder an der bisherigen Einwanderungspolitik bei den Basiskonferenzen der Vorwoche. In dem auf Druck des Wirtschaftsflügels geänderten Leitantrag soll es nun heißen: „Wir wollen auch in der nächsten Legislaturperiode keine neuen Schulden machen. Wir schließen Steuererhöhungen grundsätzlich aus, insbesondere auch eine Verschärfung der Erbschaftsteuer und eine Einführung der Vermögensteuer.“ Auf dem Parteitag will sich Kanzlerin Angela Merkel nach inzwischen 17 Jahren an der CDU-Spitze erneut als Vorsitzende bestätigen lassen.

Angesichts sprudelnder Steuereinnahmen und niedriger Zinsen können wir uns eine Entlastung des Steuerzahlers leisten.

Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU)

Auch zur Asylpolitik wurden Passagen des Antrags nach einem Vorstoß von Parteivize Thomas Strobl noch in Richtung konsequenterer Abschiebungen von abgelehnten, vor allem für straffällige Asylbewerbern geändert. Dies sei ein Zeichen für den konstruktiven Willen zur Einigung in der Partei, fand die rheinland-pfälzische Landesvorsitzende Julia Klöckner. Der umstrittenste Punkt in Strobls Papier, die Abschiebung auch kranker Asylbewerber, findet sich im Leitantrag hingegen nicht wieder.

CSU beharrt auf Steuersenkungen

Die CSU schaltet sich mit dem Ruf nach Steuersenkungen in die Diskussion bei der CDU ein. „Angesichts sprudelnder Steuereinnahmen und niedriger Zinsen können wir uns eine Entlastung des Steuerzahlers leisten“, sagte Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) in München. „Wir können dagegen niemandem erklären, wenn wir jetzt über Steuererhöhungen sprechen. Das ist wie ein Schlag ins Gesicht fleißiger Arbeitnehmer und erfolgreicher Unternehmer.“ Die CSU wird auf dem CDU-Parteitag in Essen durch Generalsekretär Andreas Scheuer und Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt vertreten.

Der Staat muss in der Lage sein, mit den vorhandenen Einnahmen auszukommen.

Carsten Linnemann, Bundesvorsitzender der Mittelstandvereinigung von CDU und CSU

Aigner wandte sich auch gegen Überlegungen, Steuersenkungen für kleinere Einkommen mit höheren Steuern für Wohlhabende gegenzufinanzieren: „Anstrengung muss sich lohnen, die Lohnerhöhung auch im Geldbeutel und nicht beim Finanzamt landen. Eine Vermögenssteuer kommt nicht in Frage.“ Auch CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn erklärte, Steuern für die hart arbeitenden Menschen in diesem Land sollten gesenkt werden.

Mittelstandsvereinigung setzt sich durch

Auf einen klaren Ausschluss von Steuererhöhungen hatte die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der Union (MIT) gedrängt. Sie wollte die Formulierungen der Parteispitze zu einer Absage an Steuererhöhungen auch nach 2017 deutlicher fassen. Der Leitantrag hatte zunächst vorgesehen, dass die „Steuerquote“ nicht erhöht werden solle.

MIT-Chef Carsten Linnemann sagte der FAZ: „Bei den schon heute absehbaren Steuermehreinnahmen in den kommenden Jahren und der aktuellen Niedrigzinsphase muss der Staat in der Lage sein, mit den vorhandenen Einnahmen auszukommen.“ Die CDU hatte schon im Wahlkampf 2013 Steuererhöhungen ausgeschlossen.

Allerdings befürchteten Parteimitglieder bei dem Begriff „Steuerquote“, dass dies Spielraum lassen könnte, den Spitzensteuersatz zu erhöhen. Aus der Parteispitze hieß es dagegen, es könne darum gehen, dass der Spitzensteuersatz erst bei einem höheren Einkommen als bisher greife.

CDU fordert konsequente Abschiebungen

Zur Asylpolitik hatte Merkel vor Sitzungen von Präsidium und Vorstand angekündigt, die Vorschläge Strobls passagenweise in den Leitantrag zu integrieren. Der baden-württembergische Innenminister hatte unter anderem vorgeschlagen, eine „neue Konsequenz“ bei der Abschiebung abgelehnter Asylbewerber durchzusetzen, die Abschiebehaft auszuweiten und Sozialleistungen für die Ausreisepflichtigen zu kürzen. Zudem sollen abgelehnte Asylbewerber auch dann zurückgeschickt werden können, wenn sie bei ihrer Einreise schon krank waren. Der letztgenannte Punkt wurde nicht berücksichtigt.

Wer kein Aufenthaltsrecht hat, der muss das Land wieder verlassen.

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU)

Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sagte, Strobls Vorstoß gehe im Kern in die richtige Richtung. „Alle sagen: Wer kein Aufenthaltsrecht hat, der muss das Land wieder verlassen.“ Auf Dauer sei die Aufnahmebereitschaft nicht zu erhalten, wenn man diesem Grundsatz nicht folge. CDU-Vize Armin Laschet sagte: „Asyl ist für Schutzbedürftige. Aber der, der nicht schutzbedürftig ist, muss auch zurückkehren.“

Merkel erwartet gemeinsames Wahlprogramm mit CSU

Die CDU will sich mit dem zweitägigen Parteitag auf das Bundestagswahljahr 2017 einstimmen und erste Positionen für das Wahlprogramm abstecken. Merkel will sich am Dienstag zum neunten Mal in Folge zur Parteichefin wählen lassen. CDU-Vize Julia Klöckner sagte, sie gehe von einem sehr guten Ergebnis für Merkel aus. „Es ist ein bisschen auch Erleichterung in der Partei zu spüren, dass sie sich nochmal in den Dienst stellt der Partei und auch für das Land.“

Die Kanzlerin erwartet trotz des ungeklärten Dissenses mit der Schwesterpartei CSU über eine Flüchtlings-Obergrenze ein gemeinsames Wahlprogramm. „Ich glaube, jeder erkennt, dass wir in den allermeisten Fragen eine gemeinsame Positionierung haben“, sagte Merkel bei einem Gang durch die CDU-Parteitagshalle in Essen. CSU-Chef Horst Seehofer hatte vergangene Woche angekündigt, keinen Koalitionsvertrag ohne Obergrenze von 200.000 Zuwanderern pro Jahr zu unterschreiben, vertagte aber einen für Montag geplanten neuen CSU-Vorstandsbeschluss dazu auf kommendes Jahr.

(dpa/wog)