Escherndorf in der Mainschleife bei Volkach, Heimat der Weinsorte "Escherndorfer Lump". (Bild: Imago/Westend 61)
Heimat-Stunde

Grüne Japaner im Trachtenanzug

Ausgerechnet die Grünen haben "Heimat" zum Thema einer Aktuellen Stunde im Landtag gemacht. Die CSU machte ihnen klar, dass der grüne Heimatbegriff nicht dem der Menschen entspricht und von der Realität weit entfernt ist.

Was ist Heimat? Und wie würde der Freistaat aussehen, wenn es nach den Grünen ginge? In einer von ihnen selbst beantragten „Aktuellen Stunde“ des Landtags versuchten die Grünen, sich als Bewahrer Bayerns zu präsentieren. Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann dozierte, Heimat sei Beteiligung am Gemeinwesen, intakte Natur, saubere Luft und Wasser sowie soziale Gerechtigkeit, nicht aber Wohnen am Rande von Gewerbeflächen, Umgehungsstraßen und Autobahnen. „Wer den Leitkult propagiert, macht Heimat kaputt“, behauptete Hartmann. „Wer Landschaft betoniert und asphaltiert und die Schönheit Bayerns dem Flächenfraß opfert, macht Heimat kaputt.“ Mit Heimatminister Markus Söder habe man den Bock zum Gärtner gemacht, weil der durch den abgespeckten Landesentwicklungsplan und die Lockerung des Anbindegebots „der Betonierung der Heimat Vorschub leiste“.

Der Heimatbegriff der Opposition ist romantisch verklärt, aber unserer entspricht der Realität und den Wünschen der Bürger.

Markus Söder

Diesem grünen Konstrukt stellte Heimatminister Söder die Auffassung der bayerischen Staatsregierung entgegen. Von einem Zubetonieren der Landschaft könne keine Rede sein. „Mit einer Siedlungs- und Verkehrsnutzung von 11,8 Prozent der Landesfläche“ liege Bayern deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 13,7 Prozent. Daran werde auch das neue LEP kaum etwas ändern. Der Ausbau der Infrastruktur auf dem Lande durch Verkehrswege und schnelle Internetverbindungen seien erfolgreiche Mittel dagegen, um sich nicht mehr „in den allmorgendlichen Stau Richtung Großstädte stellen“ zu müssen, sagte Söder. „Mir kann keiner erzählen, dass Staus der richtige Weg sind, um dem ländlichen Raum zu helfen.“ Er, so Söder, definiere Heimat auch als Kampf gegen die drohende Überhitzung der Ballungsräume. Der grüne Begriff von Heimat sei „verklärt und romantisch, aber unserer entspricht der Realität“, urteilte der Minister

Der Bock will Gärtner sein

„Wahrscheinlich hat Hartmann den Begriff Heimat erst nachschlagen müssen, weil er nichts damit anzufangen weiß“, meinte der CSU-Abgeordnete Thomas Huber. „So etwas Jämmerliches habe ich in einer aktuellen Stunde noch nie erlebt!“ Er bringe mit den Grünen eher Begriffe wie Verbotspartei, Veggie Day und Steuererhöhungen in Verbindung, nicht aber Heimat, so Eric Beißwenger.

Der ehemalige CSU-Chef und Finanzminister Erwin Huber entgegnete dem grünen Fraktionschef: „In diesen Tagen feiern wir 70 Jahre Bayerische Verfassung. Diese 70 Jahre sind geprägt von stabiler Demokratie, erfolgreicher Wirtschaft, sozialem Wohlergehen, breitem Wohlstand der Menschen, guten Chancen. Kein Land in der Welt hat eine solche Entwicklung gemacht wie Bayern. Und kaum vergehen 70 Jahre, kommt der Herr Hartmann von den Grünen und möchte seine Partei als Heimatpartei profilieren.“ Damit könnten die Grünen aber nicht überzeugen, höchstens ihre eigene Jugendorganisation:

Sie kommen daher, wie wenn man einem Japaner einen Trachtenanzug anzieht und der meint, er ist ein Bayer.

Erwin Huber

Weit weg von der Heimat

Huber weiter: „Sie werden es nicht schaffen, die Grünen als Heimatpartei zu profilieren, wenn sie die Gebirgsschützen, die Schützenvereine und die Jägervereinigungen nach wie vor als paramilitärische Organisationen auffassen, denen man die Waffen wegnehmen will. Dann sind sie in Bayern nicht angekommen.“

Wenn die Grünen nicht in der Lage seien, „Brauchtum und Tradition zu pflegen und sich zu einer Leitkultur zu bekennen statt Multikulti, dann sind sie in Bayern nicht angekommen“. Solange sie das Ehegattensplitting beseitigen wollten, wie der letzte Grünen-Parteitag beschlossen habe, beraubten sie der bayerischen Heimat „das Herz, nämlich die Familie“. Huber brachte den Grünen näher, was unter dem bayerischen „Leben und leben lassen“ zu verstehen ist.

Man darf ja auch anders sein, man darf für Multikulti sein, man darf sagen, ich möchte ein Stadtindianer sein und dergleichen, das dürfen Sie alles. Nur werden sie das, was grüne Philosophie ist, und das, was Heimat ist, nicht auf einen Nenner bringen, weil das nicht zusammenpasst.

Erwin Huber

Dann erläuterte der CSU-Politiker, warum Bayern so attraktiv ist: „Weil wir die geringste Arbeitslosigkeit haben. Wir haben übrigens in den letzten Jahren Baden-Württemberg gewaltig überholt, weil dort mit einem grünen Ministerpräsidenten der wirtschaftliche Abstieg eingeläutet ist und in Bayern der Aufstieg. Wir sind attraktiv, weil wir mehr Lehrstellen als Nachfrage haben, weil junge Leute in Bayern eine Chance haben.“ Und wenn in den letzten Jahren und Jahrzehnten zwei Millionen Menschen nach Bayern gekommen seien, dann seien sie doch nicht abgewandert, um „hier in das Elend zu gehen, sondern weil sie hier die Chancen sehen. Und das macht Heimat aus!“

In der gegenwärtigen Situation suchten die Menschen Geborgenheit, Sicherheit, Arbeitsplätze. „Wir haben in Bayern die geringste Arbeitslosigkeit, gering in allen Regionen, auch die ländlichen Räume haben sich hervorragend entwickelt“, betonte Huber. Bayern sei auch das Land mit der geringsten Rate an Kriminalität, mit der höchsten Aufklärungsquote, da fühle man sich sicher. „Und deshalb ist Bayern eine gute, eine geborgene Heimat.“

Die Lockerung des sogenannten Anbindegebotes solle den Kommunen mehr Entscheidungsfreiheit geben: „Wenn ich das Anbindegebot in der jetzigen harten Form lasse, entscheiden nicht die Kommunen über Gewerbegebiete, sondern staatliche Behörden.“ Im Gegensatz zu den Grünen gelte für die CSU: „Wir vertrauen unseren Kommunalpolitikern, dass sie nicht Heimat zerstören, sondern Heimat erhalten und dass sie sinnvoll mit dem Instrument umgehen. Wir brauchen keine Bevormundung der Kommunen.“

Der linke Staatsglaube

Trotz des fortdauernden Ladensterbens in den ländlichen Regionen Bayerns sahen CSU und Staatsregierung auch keine Notwendigkeit, den Erhalt und die Wiedereinrichtung von wohnortnahen Einkaufsmöglichkeiten und von Dienstleistungen des täglichen Bedarfs stärker zu fördern oder gar, wie von der SPD und Grünen gewünscht, zur kommunalen Pflichtaufgabe zu machen. Der CSU-Abgeordnete Klaus Holetschek sagte, die SPD bringe mit ihren Vorschlägen „Bürokratie und Planwirtschaft in den ländlichen Raum“. Er setze lieber auf bürgerschaftliches Engagement bei der Errichtung von Dorfläden, für die es über die Dorferneuerung schon staatliche Förderung gebe.

Stolz auf Bayern

Die Zahlen der jüngsten „Bayernstudie“ des Bayerischen Rundfunks vom Oktober 2015 jedenfalls sprechen eine klare Sprache: Die Menschen im Freistaat bekennen sich mehr denn je zu ihrer Region. Fast 100 Prozent der Befragten gaben an, gerne in Bayern zu leben und bezeichnen ihre Region als „Heimat“: 97 Prozent leben gerne in ihrer jeweiligen Region, 75 Prozent sogar „sehr gerne“. Das gilt besonders für die Jugend. 82 Prozent der Unter-30-Jährigen gaben an, sehr gerne in Bayern zu leben. Knapp 80 Prozent sagten, sie seien stolz auf ihre Region und „stolz darauf, ein Bayer zu sein“. Für 77 Prozent der Menschen im Freistaat ist es wichtig, die Traditionen ihrer Region zu pflegen. 67 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen Dialekt wichtig ist, 37 Prozent von ihnen tragen gerne Tracht.

Umfrage zur Heimat

Der scheidende Integrationsbeauftragte Martin Neumeyer hat eine Online-Umfrage zu den für Bayern maßgeblichen Werten und zur bayerischen Identität gestartet. Die am meisten genannten Vorschläge werden dann in einem zweiten Schritt zur Auswahl gestellt.

Wer mitmachen will, kann sich hier bis 20. Dezember beteiligen.