Haltestelle an der Stammstrecke: Donnersberger Brücke. (Bild: Imago/Westend61)
Stammstrecke München

Quantensprung für Bayern

Trotz erheblicher Kostensteigerungen soll die zweite S-Bahn-Stammstrecke in München gebaut werden. Der Bund, die Deutsche Bahn, der Freistaat und die bayerische Landeshauptstadt einigten sich auf die endgültige Finanzierung.

Der Tunnel unter der Münchner Altstadt ist ein Nadelöhr. Kommt es irgendwo auf der S-Bahn-Stammstrecke zu Problemen, hat dies weitreichende Auswirkungen – mitunter bricht der gesamte S-Bahnverkehr zwischen Haupt- und Ostbahnhof zusammen. Entlastung soll in solchen Fällen künftig ein zweiter Tunnel als Ausweichstrecke bringen. Nun kommt Entlastung.

Aufatmen in München

Als „Quantensprung für den öffentlichen Personennahverkehr in Bayern“ hat Ministerpräsident Horst Seehofer den Start für die 2. S-Bahn-Stammstrecke bei der Unterzeichnung einer Realisierungsvereinbarung zwischen dem Freistaat Bayern und dem Bundesverkehrsministerium bezeichnet. „Mit der 2. S-Bahn-Stammstrecke erhält der Schienennahverkehr im Großraum München eine zweite Hauptschlagader. Das lässt Hunderttausende Pendler aufatmen. Das Projekt macht den öffentlichen Personennahverkehr im gesamten Verbundgebiet leistungsfähiger, zuverlässiger und attraktiver. Gleichzeitig wird damit auch die Verkehrssituation auf der Straße spürbar entlastet“, lobte der Ministerpräsident.

Heute ist ein großer Tag für Oberbayern und München.

Alexander Dobrindt

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt betonte: „Ich habe immer gesagt: Die zweite Stammstrecke muss kommen und der Bund wird einen erheblichen Anteil dazu leisten. Heute ist ein großer Tag für Oberbayern und München. Bund und Freistaat Bayern haben die gemeinsame Finanzierung der 2. Stammstrecke in München vereinbart. Die 2. Stammstrecke bedeutet für die Region, für die Pendler und die Besucher einen gewaltigen Mobilitätsfortschritt.“ Insbesondere auch die umliegenden Landkreise profitieren von der Entscheidung. Der Bau der zweiten Stammstrecke ist neben dem der dritten Start- und Landebahn am Flughafen München das für die Metropolregion München wichtigste Zukunftsprojekt. Er stelle die Weichen hin zur dynamischen verkehrlichen Entwicklung für die gesamte Metropolregion, sagte Wirtschaftsministerin Ilse Aigner.

Damit stellen wir die Weichen hin zur notwendigen dynamischen verkehrlichen Entwicklung für unsere gesamte Metropolregion.

Ilse Aigner, Bayerische Wirtschaftsministerin

Erfolgreicher Bahngipfel

Beim Bahngipfel zur 2. Stammstrecke in der Staatskanzlei erklärte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn AG, Rüdiger Grube, zu der Einigung von Staatsregierung und Bund: „Wir als Deutsche Bahn begrüßen die heute unterzeichnete Vereinbarung zwischen Bund und Freistaat ausdrücklich und wissen dieses klare Bekenntnis für die 2. Stammstrecke sehr zu schätzen. Damit haben wir die planerische Sicherheit, dieses für die Fahrgäste in der Metropolregion München so wichtige Infrastrukturprojekt weiter vorantreiben zu können.”

Wir werden dafür sorgen, dass andere bayerische Projekte durch die Finanzierung der 2. Stammstrecke in München nicht beeinträchtigt werden.

Horst Seehofer

Die von Ministerpräsident Seehofer und Bundesverkehrsminister Dobrindt heute unterzeichnete Vereinbarung zur Realisierung der 2. S-Bahn-Stammstrecke sieht vor, dass der Bund die förderfähigen Baukosten der zweiten Stammstrecke in Höhe von 60 Prozent trägt. Das Vorhaben soll aus dem Bundesprogramm zur Gemeindeverkehrsfinanzierung (GVFG) gefördert werden. Nach der vorletzte Woche erreichten Einigung über die Bund-Länder-Finanzbeziehungen steht das GVFG-Bundesprogramm auch über das Jahr 2019 als Finanzierungsquelle zur Verfügung. Im Interesse einer zügigen Realisierung der 2. Stammstrecke wird der Freistaat Bayern fehlende Bundesanteile vorfinanzieren. Staatsregierung und Landtag werden auf der Grundlage der Vereinbarung des Bahngipfels noch in diesem Jahr die haushaltsrechtlichen Entscheidungen herbeiführen, damit der Freistaat gegenüber der Deutschen Bahn die Durchfinanzierung erklären kann. Nach aktuellen Planungen der Deutschen Bahn ist von einer gut neunjährigen Bauzeit auszugehen. Damit könnte die 2. Stammstrecke im Jahr 2026 in Betrieb gehen. Ministerpräsident Seehofer: „Die 2. Stammstrecke ist ein großer Aufschlag für die Region München. Darüber hinaus werden wir dafür sorgen, dass andere bayerische Projekte aus dem GFVG-Programm durch die Finanzierung der 2. Stammstrecke in München nicht beeinträchtigt werden.“ Auch die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. begrüßt die Einigung zwischen dem Bund und der Bayerischen Staatsregierung über die Finanzierung der 2. S-Bahn-Stammstrecke in München.

Zukunftsweisende Entwicklung

Bayerns Innen- und Verkehrsminister Joachim Herrmann sagte, die 2. Stammstrecke sei das zentrale Element des Bahnknoten-Konzepts der Staatsregierung: „Die 2. Stammstrecke ist notwendig, um für die S-Bahn eine zukunftsweisende Entwicklung zu eröffnen. Mit der Stammstrecke schaffen wir nahezu die doppelte Kapazität im Kernbereich des S-Bahn-Netzes.“ Laut Herrmann ist die S-Bahn in München ursprünglich für 250.000 Fahrgäste pro Werktag konzipiert. Heute fahren an Werktagen bis zu 840.000 Fahrgäste mit der Münchner S-Bahn von insgesamt 1,2 Millionen Fahrgästen im gesamten Schienenpersonennahverkehr pro Tag in Bayern insgesamt. Mit dem Bau ist laut Herrmann ein ganzes Bündel von Infrastrukturmaßnahmen verbunden: Neben einem sieben Kilometer langen Tunnel mit zwei Tunnelröhren sind drei unterirdische Stationen am Hauptbahnhof, Marienhof und Ostbahnhof sowie vier Kilometer oberirdische Strecke vorgesehen. Darüber hinaus entstehen zwei Verknüpfungsbahnhöfe zwischen erster und zweiter Stammstrecke (Laim, Leuchtenbergring) und weitere sieben „netzergänzende“ Maßnahmen im Außenbereich des Münchner S-Bahnnetzes.

Mit der Stammstrecke schaffen wir nahezu die doppelte Kapazität im Kernbereich des S-Bahn-Netzes.

Joachim Herrmann

Eine wichtige Grundlage für die jetzt geschlossene Realisierungsvereinbarung war die von der Deutschen Bahn erstellte sachgerechte Kostenermittlung. Danach ergeben sich Gesamtkosten von 3,840 Milliarden Euro einschließlich Risikopuffer (knapp 3,2 Milliarden Euro ohne Risikopuffer). Rund 1,5 Milliarden Euro werden von der Bundesregierung übernommen, Bayern stemmt 1,4 Milliarden Euro, die Stadt rund 155 Millionen Euro und die Bahn beteiligt sich mit circa 150 Millionen Euro. Alle möglichen Zusatzkosten sollen im Verhältnis 60 zu 40 von Bund und Bayern aufgeteilt werden. Gründe für die Kostenentwicklung sind unter anderem die in der Bauindustrie herrschende Hochkonjunktur und hohe Risikoaufschlägen aufgrund der langen Projektlaufzeit. Die Kostenmehrung wird auf der Grundlage der jetzt vereinbarten Kostenteilung damit letztlich vollständig vom Bund getragen.

Inbetriebnahme für 2025 geplant

Im April 2016 erließ das Eisenbahnbundesamt den lang erwarteten Planfeststellungsbeschluss für das letzte der insgesamt drei Teilstücke. Das Planfeststellungsverfahren für den fehlenden östlichen Trassenabschnitt zwischen Isar und Leuchtenbergring hatte sich in die Länge gezogen, da viele Anwohner betroffen sind und die Streckenführung mehrfach geändert werden musste. Doch bevor mit dem milliardenteuren Bau begonnen werden kann, musste die Finanzierung endgültig geklärt sein. Der bisherige Zeitplan sieht vor, dass dieses Jahr mit vorbereitenden Baumaßnahmen begonnen wird. Die Inbetriebnahme ist für 2025 geplant. Als Stammstrecke wird in München der Streckenabschnitt durch die Innenstadt bezeichnet, durch den alle S-Bahnen durchfahren.

(PM/BR/AS/avd)