Boris Palmer gilt als einer der führenden Realos innerhalb der Grünen. (Foto: imago/Metodi Popow)
Boris Palmer

Ärger mit den Parteifreunden

Mit seinen Äußerungen zur Asylpolitik bringt Tübingens grüner Bürgermeister große Teile seiner Partei gegen sich auf. Doch die Kritik scheint Boris Palmer in seinen Ansichten nur noch mehr zu bestätigen. Er fordert eine grundsätzliche Debatte zur politischen Kultur in Deutschland.

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer sorgt mit seinen Aussagen rund um die Asyl- und Flüchtlingspolitik weiterhin für erhitzte Diskussionen – besonders in seiner eigenen Partei. Der Grünen-Politiker hatte eine Abschiebung gewaltbereiter Flüchtlinge auch in Kriegsgebiete wie Syrien ausgesprochen.

„Gibt Verhaltensweisen, mit denen man sein Aufenthaltsrecht verwirkt“

In einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung sagte Palmer: „Es gibt Verhaltensweisen, die dazu führen, dass man sein Aufenthaltsrecht und Schutzbedürfnis verwirkt.“ Wenn sich jemand nicht an elementare Regeln halte, sei man berechtigt zu sagen: „Für euch greift das Asylrecht nicht mehr“, so der Grünen-OB weiter. Aufgrund des dort herrschenden Bürgerkriegs gilt Syrien zur Zeit nicht als sicheres Herkunftsland, in das Menschen abgeschoben werden dürfen. Trotzdem meinte Palmer: „Es gibt auch in Syrien Gebiete, die nicht im Krieg sind.“

Die Empörung über Palmers Aussagen ist besonders bei seinen Parteifreunden hoch. Auf der Facebook-Seite des Oberbürgermeisters machten viele Menschen ihrem Ärger Luft – und verwiesen auf die politische Lage in Syrien. Der Tübinger Rathaus-Chef hielt dagegen, dass es in Syrien auch eine große Zahl an Binnenflüchtlingen gebe. Mit Blick auf Gewalttaten, die Flüchtlinge in Deutschland verübt hatten, sagte er: „Wie erkläre ich denn der Familie eines Opfers, dass der Täter noch im Land ist, obwohl er so aggressiv war? Da ist die Antwort ‚In Syrien ist es unsicher‘ wenig befriedigend.“

Wie erkläre ich denn der Familie eines Opfers, dass der Täter noch im Land ist, obwohl er so aggressiv war?

Boris Palmer

Palmers Aussagen kommen zu einem sensiblen Zeitpunkt: Der Täter des jüngsten Macheten-Angriffs in der belgischen Stadt Charleroi hatte seine Abschiebepapiere bereits erhalten – dennoch war der Mann noch immer im Land.

Palmer fordert „Debatte über unbequeme Themen“

Boris Palmer ärgert sich über eine Art „unsichtbaren Maulkorb“, den sich Teile der Politik und Medien aufgetragen hätten. Der Oberbürgermeister forderte eine „Debatte über unbequeme Themen“ und verteidigte seine umstrittenen Ansichten.

Die Kritik aus seiner Partei will Palmer daher auch nicht gelten lassen – und setzt sich zur Wehr. „Die Genfer Flüchtlingskonvention erlaubt ausdrücklich, Straftäter sogar in Kriegsgebiete abzuschieben“, rechtfertigte sich der Grünen-Mann auf seiner Facebook-Seite. Er habe nur die Rechtslage wiedergegeben und nichts gefordert. Da kriminell gewordene Syrer aber nicht in ihr Ankunftsland zurückgeschickt werden, gibt es seiner Ansicht nach nur einen Weg: „Zurück ins Herkunftsland“, sagte Palmer. Die Abschiebung gewalttätiger Flüchtlinge habe in den vergangenen Jahren wegen geringer Fallzahlen keine Rolle gespielt. Jetzt aber müsste die Situation aufgrund von häufigen Nachrichten über Gewalt von Asylbewerbern neu bewertet werden.

Palmer stellt sich erneut gegen die eigene Partei

Es ist nicht das erste Mal, dass sich Boris Palmer kritisch gegenüber der deutschen Asylpolitik äußert – und dabei auch nicht mit Kritik an seiner eigenen Partei spart. Im Oktober hatte der Kommunalpolitiker mit Aussagen wie „Wir schaffen das nicht“ für Aufsehen gesorgt. Er sah durch die Flüchtlingspolitik den sozialen Frieden in Deutschland gefährdet – und schon damals hatte Palmer eine „ehrliche Debatte“ ohne Denkverbote gefordert.