Was ändert die Axt-Attacke von Würzburg? Feuerwehr am Tatort.(Bild: Imago/Xinhua/Luo Huanhuan)
Anschläge in Bayern

Das verunsicherte Land

Kommentar Ändern die Attacken von Würzburg, München und Ansbach alles? Dreht sich die Stimmung, gegen die "Willkommenskultur"? Das fragen die Talkshows in diesen Tagen. Aber leider sind diese Taten nur einige unter vielen. Und die meisten Vernünftigen haben sich längst vom Bahnsteigklatschen verabschiedet. Nur eines wird klar: Die Flüchtlingspolitik Merkels war katastrophal.

Zunächst der Würzburger Hintergrund: Ein angeblich 17-Jähriger, ebenso angeblich aus Afghanistan, attackierte in einem Regionalzug mehrere Menschen brutal mit einer Axt und einem Messer. Fünf Opfer werden schwer verletzt. Der Täter flieht aus dem notgebremsten Zug und attackiert eine weitere Frau, wird dann von einem zufällig in der Nähe weilenden Spezialeinsatzkommando der Polizei erschossen. In einer Videobotschaft outete sich der Mann als Kämpfer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Wie alle angeblich unbegleiteten Minderjährigen kam der Täter in den Genuss der Annehmlichkeiten deutscher Jugendhilfe, die eigentlich nur für schwer erziehbare Kinder oder Kinder aus Problemfamilien konzipiert wurde. Er lebte sogar schon in einer Gastfamilie. Den Staat, nein, uns Steuerzahler, kostete der Terrorist auf diese Weise mehr als 51.000 Euro, so berichtet es der Münchner Merkur. Er reiste bereits im Juni 2015 nach Deutschland ein. „Sein Asylverfahren ist seitdem aber nicht vorangekommen, er ist nicht angehört worden“, kritisierte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. Es seien auch keine Fingerabdrücke genommen worden.

Die Attacke in München war ein Amoklauf, sie ist trotz des iranischen Hintergrunds des Täters kein islamistischer Anschlag. Sie kann also mit Würzburg nicht verglichen werden und spielt deshalb für diesen Kommentar nur eine Nebenrolle.

Der Anschlag in Ansbach wurde von einem abgelehnten, aber geduldeten syrischen Asylbewerber mit einer Bombe ausgeführt, die auch noch Metallteile enthielt, um möglichst viele Menschen zu verletzen oder zu töten. Zwölf Menschen wurden verletzt, der Täter getötet. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn der Täter auf das Festivalgelände gekommen wäre. Ein islamistischer Hintergrund wird angesichts der Ausführungsweise trotz psychischer Probleme des Syrers vermutet.

Der nagende Zweifel im Hinterkopf.

Das war nicht der erste Anschlagsversuch in Deutschland und es wird nicht der Letzte sein. Wir alle müssen uns darauf einstellen, dass islamistische Terroristen jederzeit und überall zuschlagen können. Wird das unsere Haltung gegenüber Ausländern arabischen oder nordafrikanischen Aussehens, gegenüber Moslems verändern? Ja, natürlich, auch wenn Bessermenschen deshalb Schnappatmung bekommen, das ist doch seit den Anschlägen vom 11. September 2001 schon längst geschehen. Eine aktuelle Befragung des Umfrageinstituts Dr. Doeblin von Ende Juni 2016 zeigt: 56 Prozent der Bevölkerung nimmt eine Zunahme von Belästigungen, Gewalt oder Kriminalität in ihrer Wohngegend wahr. Eine „starke“ Zunahme von Belästigungen, Gewalt oder Kriminalität empfinden vor allem Frauen, Ältere, Menschen mit niedrigerem Bildungsabschluss und Einwohner größerer Städte. Und selbst die Gutmütigsten haben nach den Vorfällen in Köln, Hamburg, Bielefeld und andernorts, nach den sexuellen Übergriffen in Schwimmbädern, auf Konzerten und auf Volksfesten zumindest einen nagenden Zweifel im Hinterkopf, auch wenn sie das öffentlich nie zugeben würden.

Floskeln statt Lösungen

Gleich nach dem Würzburger Anschlag kamen die üblichen Floskeln, man dürfe nun Flüchtlinge nicht unter Generalverdacht stellen – was ohnehin niemand tut. Aber es waren neben den „homegrown terrorists“ eben auch Flüchtlinge, die an den Anschlägen von Paris, Brüssel und jetzt Würzburg beteiligt waren. Und jetzt auch in Ansbach. Darüber muss man reden.

Andere Äußerungen zu Würzburg waren schlicht naiv. Aus der katholischen Kirche war zu hören, man müsse die unbegleiteten Minderjährigen vielleicht „noch mehr begleiten“, ihnen helfen, ihre Traumata zu bewältigen. Noch mehr war im Fall des „Afghanen“ aber kaum möglich, da er umfassend betreut wurde. Und ob das irgendwas geändert hätte, bleibt auch mehr als fraglich. Ein Versagen des Staates bei der Versorgung ist hier keinesfalls zu erkennen.

Das Problem ist im Islam zu suchen

Andere greinen, das habe nichts mit dem Islam zu tun – was ungefähr so schlau ist, wie die Verbrechen der DDR oder der Sowjetunion nicht dem Kommunismus zuzurechnen. Der Vizepräsident der Imame Frankreichs, Hocine Drouiche, weiß es besser. Er trat wenige Stunden nach dem blutigen Attentat von Nizza von all seinen Ämtern zurück. „Inzwischen ist es schwer, den Islam vom Islamismus zu unterscheiden“, sagte er zur Begründung. „Ich hoffe, dass in den Moscheen über das Attentat gesprochen wird und nicht über Dinge, die nichts damit zu tun haben.“ Schon nach den Anschlägen von Paris offenbarte er eine unangenehme Wahrheit: „Von den Muslimen ist kein wirklicher Einsatz gekommen, eine Lösung für das große Problem der Radikalisierung und des Hasses zu finden.“ Später sagte er: „Wir haben immer gedacht, dass der Terrorismus im Irak und in Afghanistan als eine Reaktion auf die Politik der Regierung Bush entstanden ist. Der Arabische Frühling hat aber mit aller Deutlichkeit gezeigt, dass das Problem des Islamismus mit der theologischen und rechtlichen Krise des Islams zusammenhängt.“

Den erhofften gemäßigten Islam gibt es offenbar nicht, außer bei denen, die ihre Religion kaum oder gar nicht praktizieren. Zumindest ist überall ein radikaler Islam, egal welcher islamischen Richtung, auf dem Vormarsch – auch bei uns. Neunzig Moscheen in Deutschland müssen ständig vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Wie viele Gottes- oder Gebetshäuser anderer Religionen werden beobachtet? Wie viele christliche oder buddhistische Attentäter hat es in den letzten Jahren gegeben? Der norwegische Massenmörder Breivik hat sich ausdrücklich vom Christentum distanziert und die Opfer auch nicht wegen ihrer Religion getötet. Die kürzlich vom Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, bemühten serbischen Schlächter von Srebrenica mögen zwar von der orthodoxen Kirche gesegnet worden sein, ihr Krieg hatte aber nationalistische Ursachen.

Darüber hinaus ist der Siegeszug der Hardliner auch andernorts zu beobachten: Galten Länder wie Marokko oder die Türkei früher als gemäßigt oder gar liberal, so werden sie heute zunehmend in die Steinzeit zurückversetzt. Und: Überall, wo der Islam an der Macht ist, endet seine vielzitierte „Toleranz“, insbesondere gegenüber Andersgläubigen. Eine echte „Religion des Friedens“ müsste sich doch anders entwickeln? Auch darüber muss man reden.

Merkels Fehler

Angela Merkel hat mit ihrer Politik nicht nur ein Konjunkturprogramm für Rechtspopulisten eingeläutet. Deutlich wird vor allem, welchen Sicherheitsrisiken uns die Kanzlerin mit ihren offenen Grenzen und Armen ausgeliefert hat. Zehntausende Menschen, meist junge Männer im „kampffähigen“ Alter, die nicht ordentlich registriert wurden, sind in unserem Land. Von vielen kennt der Staat weder den richtigen Namen, noch das richtige Alter, noch den aktuellen Wohnort. Natürlich werden nur die Wenigsten davon „ausgebildete“ Terroristen sein und nur wenige davon werden sich später zu Terroristen radikalisieren. Doch Würzburg, Ansbach und Nizza zeigen: Ein Einzelner reicht schon. Schon ein Blick auf die Minderjährigen, die besonders leicht empfänglich für radikale Parolen sind, stimmt bedenklich: Allein im vergangenen Jahr sind laut Angaben des Landkreistags etwa 60.000 Minderjährige untergebracht worden, davon allein 15.000 in Bayern – fast jeder zweite davon aus Afghanistan.

Angela Merkels grenzenlose Flüchtlingspolitik hat das Land von Anfang an auch überfordert.

Der Spiegel deckt in seiner neuesten Ausgabe anhand von weitergereichten Personalbögen des IS auf, dass alle Heimkehrer von der Barbarenmiliz ordentlich mit ihrem Rückreisegrund erfasst wurden. Meistens steht da „Familiäre Gründe“ oder „Medizinische Behandlung“ als Grund für die Rückkehr. Aber bei einigen steht offenbar auch „Geheime Mission“. Das verheißt nichts Gutes. Wenn Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) wie nach Würzburg ernsthaft behauptet, durch Flüchtlinge gebe es kein erhöhtes Terrorrisiko, dann macht er sich lächerlich.

Angela Merkels grenzenlose Flüchtlingspolitik hat das Land von Anfang an auch überfordert: Wir hatten keine Pläne für die Aufnahme, nicht genug Unterkünfte, nicht genug Personal und viel zu wenig Wohnungen. Ohne die ehrenamtlichen Helfer wäre der Staat bei Merkels Risikospiel kollabiert. Die Asylanträge liegen wegen fehlender Sachbearbeiter immer noch solange zur Bearbeitung auf Halde, bis wir die Menschen gar nicht mehr in ihre Heimat zurückschicken können, aus rechtlichen und anderen Gründen. Die Polizei war und ist überlastet und konnte ihre anderen Aufgaben nicht mehr ausreichend wahrnehmen, das zeigen die Kriminalitätsstatistiken. Die Schulen müssen kaum oder gar nicht deutsch sprechende Kinder integrieren, die oft traumatisiert sind und in Deutschland einem Kulturschock gegenüberstehen. Was das für die Lehrer und für die Unterrichtsqualität bedeutet, wird sich noch zeigen. Die Kommunen mit ihren zahlreichen Aufgaben in Bezug auf Flüchtlinge sind oft finanziell, personell und anderweitig überfordert. Viele Bürger sind mit der Aufnahme so vieler Menschen aus grundverschiedenen Kulturen überfordert oder fühlen sich zumindest so. An diesen Mängeln hat sich wenig geändert.

Merkel trägt nicht die Verantwortung für die Anschläge, die tragen natürlich allein die Täter. Sie trägt aber die Hauptverantwortung für das Chaos bei der Registrierung und Versorgung, weil sich durch ihre Maßnahmen der Flüchtlingsstrom deutlich verstärkte – in einer Phase, in der das Land schon überfordert war.

Was wir brauchen

Deshalb müssen wir nicht nur reden, wir müssen auch handeln. Der Würzburger, der Ansbacher und zum Teil auch der Münchner Anschlag öffnen hoffentlich einige krampfhaft verschlossene Augen.

  1. Sicherheit
  • Wir müssen unsere Sicherheit ausbauen, auch wenn es keine hundertprozentige geben kann. Dazu braucht es unter anderem Gesetzesänderungen, mehr Geld, aber auch mehr Polizei. Es braucht Internetkontrolle, Telefon- und Videoüberwachung. Es braucht Möglichkeiten, Salafisten an der Nachwuchswerbung vor Asylheimen zu hindern. Es braucht ganz allgemein wirksame Mittel, um Islamisten mit aller Härte zu bekämpfen, nicht nur im Internet. Es braucht möglicherweise auch ein neues Asylrecht, dass einst für einzelne verfolgte Politiker oder Journalisten sowie für verfolgte Minderheiten wie Juden geschrieben wurde. Die Zeiten haben sich geändert, in Afrika warten Millionen auf die Chance zur Reise nach Europa.
  • Unsere Nachrichtendienste sind zu schwach, das liegt zum Teil an ihnen selbst, aber auch an ihren zu geringen Kompetenzen insbesondere bei der Überwachung des Internets und der Mobiltelefone. Wer weiter den Datenschutz über den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Bürger stellt, ist ein wohlmeinender Narr. Zudem kann man Datenschutz auch gewährleisten, ohne sich aller Waffen zu berauben. Dazu braucht es keine wahnhafte „Big-Brother“-NSA. Wer nichts Unrechtes tut, der hat auch nichts zu befürchten, da die Daten wieder vernichtet werden. Natürlich kann es Missbrauch der Abhör-Befugnisse geben, aber der wird in unserem Rechtsstaat in der Regel aufgedeckt und geahndet.
  • Wir müssen unsere Sicherheitsbehörden auch verbal unterstützen und nicht bei erster Gelegenheit fallen lassen, wie der SPD-Innenminister Ralf Jäger in Nordrhein-Westfalen nach den Kölner Übergriffen. Oder der Polizei in den Rücken fallen, wie die Grüne Renate Künast, die nach dem Würzburger Attentat ohne jede Fallkenntnisse zuerst fragte, warum der Täter getötet und nicht kampfunfähig geschossen wurde. Bekannt war zu dem Zeitpunkt aber schon, dass es fünf drastisch verletzte Opfer, eines davon auf dem Fluchtweg des Afghanen, gegeben hatte. Und dass er auch die Polizisten angegriffen hatte.

2. Integration

  • Integration wird bei vielen Zuwanderern nicht funktionieren. Das zeigt nicht Würzburg, nicht Ansbach, nein, das zeigen die letzten 50 Jahre, das zeigen Berlin-Neukölln, Duisburg-Marxloh, Bremen oder in geringerem Umfang auch Neu-Ulm. Das zeigte sich auch bei den sexuellen Übergriffen von Köln. Wir haben uns hunderttausende Menschen mit ganz anderen Wertvorstellungen und Traditionen ins Land geholt. Wie man diese davon überzeugen soll, sich künftig am Grundgesetz zu orientieren, ist schwer vorstellbar. Die Vergangenheit zeigt, dass das bei vielen letztlich nicht funktioniert, nicht nur in Deutschland, beispielsweise auch in Frankreich, Belgien, Großbritannien oder Schweden. Es ist höchste Zeit, das Feld nicht mehr den Multikulti-Romantikern zu überlassen und sich von jeglichen Illusionen zu verabschieden. Erst dann kann man versuchen, eine Lösung für das Problem zu finden. Grundtenor muss sein: Wer sich nicht integrieren will, fliegt raus.
  • Wir dürfen die Integration der Muslime unter gar keinen Umständen den deutschen Islamverbänden überlassen, das fordert nicht nur der Psychologe und Buchautor Ahmad Mansour. Denn die bei uns tätigen Verbände stehen nur für etwa 10 bis 15 Prozent der Moslems. Und sie stehen vor allem für eine strenge Auslegung des Islams. Der Staat allein muss sich um Islamunterricht, Islam-Lehrstühle und Imam-Ausbildung kümmern. Er muss dabei auf die Hilfe von Wölfen im Schafspelz verzichten.

3. Kontrolle und Begrenzung des Zuzugs

  • Ob die Jugendhilfe tatsächlich geeignet ist, unbegleitete Minderjährige zu betreuen, sollte immer wieder überprüft werden. Hinzu kommt: Die Mehrheit derer, die wir als Minderjährige einstufen, sind keine schwachen Kinder mehr. Im ersten Quartal 2016 waren 71 Prozent der unbegleiteten Asylantragssteller mindestens 16 Jahre alt. Zudem sollte das Alter von Asylbewerbern durch Ärzte besser kontrolliert werden.
  • Alle Zuwanderer müssen umfassend registriert, mit europaweiten Datenbanken abgeglichen und ihr Aufenthaltsort kontrolliert werden. Das dient nicht nur der Sicherheit, sondern auch der Abwendung von Sozialleistungsmissbrauch. Wer an seiner Identitätsfeststellung nicht mitwirkt oder falsche Angaben macht oder gemacht hat, muss – auch nach längerer Zeit bei uns – wieder abgeschoben werden.
  • Es braucht vor allem eine Begrenzung des Zuzugs. Selbst wenn nicht mehr über 1,5 Millionen Flüchtlinge in einem Jahr kommen, sondern „nur“ noch 200.000 bis 500.000, ist das erstens keine Garantie für die nächsten Jahre und zweitens auch noch zu viel. Wir erinnern uns: Schon vor der Flüchtlingslawine gab es für die Einheimischen in einigen Gegenden zu wenig bezahlbare Wohnungen. Schon vor der Flüchtlingslawine war angeblich nicht ausreichend Geld im Bundeshaushalt für Infrastruktur, Kommunen, Familien, Polizei oder Bundeswehr vorhanden. Es soll aber jetzt für die Versorgung und Unterbringung hunderttausender Flüchtlinge reichen? Und was wird sein, wenn in Deutschland hunderttausende Migranten jahrelang in Containern auf eine Wohnung warten müssen, oft keine Chance auf Arbeit haben, dazu noch ständig mit emanzipierten und nicht total verhüllten Frauen konfrontiert sind? Frauenverachtung lässt sich nicht von heute auf morgen durch „Integrationskurse“ beseitigen. Auch die Frage, auf welche Tätigkeiten sich langzeitarbeitslose Migranten verlegen werden, muss erörtert werden.
  • Zuwanderung muss wie in eigentlich allen anderen Einwanderungsländern an klare Voraussetzungen geknüpft werden. Es braucht eine Bedarfsliste.

Es braucht sicher noch vieles mehr, was hier nicht aufgelistet ist, etwa bessere Entwicklungshilfe in den Herkunftsstaaten der Flüchtlinge oder Aufklärungskampagnen gegen das von Schleusern versprochene „Schlaraffenland“.

Aber es braucht vor allem eines: Dass man alle Probleme beim Namen nennt, Lösungen dafür sucht – und auch im Land der Bedenkenträger und Weichgespülten endlich zügig handelt.