Big Data wird in Bayern noch viel zu wenig genutzt. (Bild: Imago/Ralph Peters)
Big Data

Chance Datenmeer

Unscharfes Wissen präzise machen, Wachstum, Effizienz - Big Data verspricht in vielen Bereichen wirtschaftliche Vorteile. Doch Voraussetzung dafür sind, neben rechtliche Rahmenbedingungen, auch bessere Kooperationen zwischen Unternehmen und Wissenschaft.

Während meinen 45 Jahren in der Wissenschaft habe ich noch nie so eine dramatische revolutionäre Entwicklung erlebt.

Wolfgang Herrmann, Präsident der Technischen Universität München

Ein Turm, der fast bis zum Mond reicht, insgesamt 312 Tausend Kilometer hoch. So muss man sich die heute weltweit verfügbare Datenmenge von circa zwölf Zettabyte (das entspricht 12.000.000.000 Terabyte) vorstellen, wäre sie auf Terabyte-Festplatten mit je 2,6 Zentimeter Höhe gespeichert und aufgestapelt. Es ist ein Versuch, Big Data vorstellbar zu machen. Dass Technologien im Bereich des „Datenmeeres“ – wie der Präsident der Technischen Universität München, Wolfgang Herrmann den Begriff Big Data übersetzt – enorme Chancen bieten, darüber sind sich Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik auf dem Kongress des Zukunftsrats der Bayerischen Wirtschaft einig.

Mehr Wachstum durch Big Data

Denn die heutige Technik erlaubt, aus immensen Datenmengen unscharfes Wissen zu präzisieren. Das betrifft beispielsweise autonomes Fahren, Analyse von Wetterdaten, personalisierte Medizin, Simulation neuer Materialien, boden- und klimaspezifische Landnutzung oder energieeffizientes Bauen. Im Freistaat könnten Big-Data-Technologien in den nächsten zehn Jahren jährlich bis zu 0,3 Prozent zum Wachstum beitragen, laut einer Studie des Zukunftsrates.

Distanz zwischen Mittelstand und Wissenschaft

Doch in Bayern werden Potentiale noch viel zu wenig ausgeschöpft. Ein Großteil der Aktivitäten in diesem Bereich findet außerhalb Europas statt, in den USA und China.

Im deutschlandweiten Vergleich liegt Bayern hinter Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Zu groß sei die Distanz zwischen Mittelstand und Wissenschaft, sagt Herrmann. Bisher suchten renommierte Professoren eher die Nähe zu Großkonzernen, obwohl mittelständische Unternehmen das Rückgrat der Gesellschaft seien, bemängelt der TU-Präsident. Knapp 60 Prozent der Unternehmen, die Potentiale von Big Data nutzen haben über 500 Beschäftigte. Das zeigt die Zukunftsrat-Studie. Dabei kommt der Großteil aus dem Bereich der Automobilindustrie (21 Prozent), Versicherungen (21 Prozent) sowie Chemie und Pharma (20 Prozent).

Rechtssicherheit und Ethik

Zu den größten Hemmnissen zählen fehlendes internes Know-how, keine Fachkräfte und der Datenschutz. Er begrenze die Möglichkeiten verfügbare Daten zu nutzen. Hier setzt der Zukunftsrat an und gibt Unternehmen und Politik Handlungsempfehlungen. Um rechtliche Unsicherheiten zu beseitigen

Durch das Wissen, das in den großen Datenmengen steckt, können Unternehmen sich im Wettbewerb behaupten.

Ilse Aigner, bayerische Wirtschaftsministerin

Handlungsempfehlungen für Unternehmer

So würden eigenen Datenstrategien in Firmen helfen und Unternehmer sollten sich in die Definition von Schnittstellen und Standards einbringen. Um Sicherheit beim virtuellen Datenaustausch zu gewährleisten, sollten sie mit anderen kooperieren, beispielsweise innerhalb des „Industrial Data Space“ der Fraunhofer Gesellschaft. Um den Mittelstand stärker einzubinden, sollten Wirtschaftsorganisationen die Unternehmer mit konkreten Entscheidungshilfen, Vertragsmustern und auch bei der Aus- und Weiterbildung unterstützen.

Handlungsempfehlungen für den Standort Bayern

Um Bayern als europäische Leitregion zu platzieren, sollte die Politik allgemeine Rahmenbedingungen schaffen, beispielsweise im Bereich Datenschutz, ebenfalls eine Big-Data-Strategie entwickeln und auch ethische Fragen diskutieren. Würden vorhandene Einrichtungen wie das Zentrum Digitalisierung.Bayern oder das Leibnis Rechenzentrum um Big Data-spezifische Schwerpunkte erweitert, würde Bayern als Forschungsstandort an Attraktivität gewinnen. Leuchtturmprojekte der Staatsregierung ollen den Nutzen von Big Data sichtbar machen. Viel mehr sollte auch im Bereich „Open Data“ passieren. Also von der öffentlichen Hand erhobene Daten für Big-Data-Anwendungen bereitzustellen.

Handlungsempfehlungen für den Rechtsrahmen

  1. Datenschutz: die Verarbeitung bereits erhobener Daten sollte ohne erneute Einwilligung möglich sein, wenn sie anonymisiert verwendet werden
  2. Datenverwertung: vorrangig vertraglich Lösungen, statt Big-Data-Entwicklungen mit Regulierungen zu verhindern
  3. Datensicherheit: abwägen zwischen IT-Sicherheit und Innovationsfreundlichkeit

Der Zukunftsrat der Bayerischen Wirtschaft zeigt auf, welche Rahmenbedingungen in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik erforderlich sind, um Innovationen in der Digitalisierung zu fördern und in Wertschöpfung am Standort umzusetzen. Die Untersuchung der Studie „Big Data im Freistaat Bayern – Chancen und Herausforderungen“ hat die Prognos AG und die Universität Passau im Auftrag der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft erstellt.

Big Data

Als Big Data werden Informationen bezeichnet, die zu groß oder komplex sind oder sich zu rasch verändern, um sie mit klassischen Methoden und IT-Lösungen auszuwerten und zu bearbeiten. Big-Data-Technologien dagegen ermöglichen, diese Massen an Informationen zu analysieren.