Rechtsextremismus ist eine Gefahr für die Demokratie. Aber wer 50 oder mehr Prozent der Bevölkerung als rechtsextrem oder autoritär definiert, überstrapaziert den Extremismus-Begriff und verharmlost den realen Extremismus. (Foto: Blickwinkel/imago)
Leipziger Allerlei

50 Prozent Rechtsextreme?

Kommentar Die Universität Leipzig hat mal wieder zugeschlagen und definiert mittlerweile rund 40 bis 50 Prozent der Deutschen als rechtsextrem. Dazu dienen Aussagen wie „Wegen der vielen Muslime hier fühle ich mich manchmal wie ein Fremder im eigenen Land.“ Wer dem zustimmt, gilt laut dieser Studie bereits als rechtsextrem und autoritär denkend. Was soll an solchen Methoden noch wissenschaftlich sein?

„Rechtsextreme und autoritäre Einstellungen in Deutschland“ sowie „Islamfeindlichkeit“ nehmen massiv zu, so lautet das massenmedial verbreitete Ergebnis einer erneuten Studie aus der einschlägig bekannten Universität Leipzig. Damit keiner auf falsche Ideen kommt, trägt diese „Mitte-Studie“ gleich mal den Titel „Die enthemmte Mitte“ – ganz gemäß der heute gängigen linken Interpretation der Marx’schen Verelendungstheorie, die überall Anzeichen für das Ausdünnen der Mitte und das Anwachsen der Extreme sieht.

Erarbeitet wurde diese Studie von Leuten der Universität Leipzig – interessanterweise in Zusammenarbeit mit der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung, der den SED-Erben von der Linkspartei zugetanen Rosa-Luxemburg-Stiftung und der zur IG Metall gehörenden Otto-Brenner-Stiftung. Diese Vierertruppe fühlt sich offensichtlich berufen und bestens qualifiziert, gemeinsam die politische Mitte zu definieren. Man könnte auch sagen: Wer von Linksaußen her die Mitte definiert, für den ist die tatsächliche Mitte immer rechtsextrem. Honi soit qui mal y pense, ein Schelm, wer Böses dabei denkt …

Manipulative Methodik führt zu extremen Ergebnissen

Schon die Grundlagen solcher Erkenntnisse sind fragwürdig. 2420 Probanden werden regelmäßig seit 2002 einzelne Aussagesätze vorgelegt, deren Inhalt die Macher der Studie von vornherein als Kennzeichen einer rechtsextremen und autoritären Gesinnung definieren. Dies ist sozusagen die empirische Erkenntnisbasis dieser Studie. Wer den Sätzen zustimmt, gilt also als Anhänger einer rechtsextremen und autoritären Gesinnung. Wer derartige Kriterien anlegt und eine so manipulative Methodik verwendet, der legt es darauf an, extreme Ergebnisse zu erhalten.

Ein solcher Satz lautet: „Durch die vielen Muslime hier fühle ich mich manchmal wie ein Fremder im eigenen Land.“ Diesem Satz stimmten jetzt genau 50,0 Prozent der Befragten zu. Nicht ganz überraschend, strömten doch allein 2015 mehr als eine Million Asylsuchende ins Land, der größte Teil davon Moslems. Bei der letzten Erhebung 2014 stimmten 43,0 Prozent diesem Satz zu, 2011 erst 30,2 Prozent. Kennzeichen eines wachsenden Unbehagens angesichts gefühlter Überfremdung, würden konservative Politiker sagen. Diese Studie definiert aber mal eben die Hälfte der Bevölkerung als rechtsextrem.

Statt Lösungen zu suchen, wird die Bevölkerung fix als undemokratisch definiert

Dem Satz „Muslimen sollte die Zuwanderung nach Deutschland untersagt werden“, stimmten 41,4 Prozent zu, 2014 waren es 36,6 Prozent, 2011 erst 22,6 Prozent. Statt zu fragen, was die Politik tun kann, um den ungehinderten Zuzug illegal einwandernder Moslems effektiv zu bremsen, definiert die Studie die hinter solchen Aussagen stehenden Ängste offensichtlich als nicht zum demokratischen Spektrum gehörig – und damit als nicht ernst zu nehmen.

Noch aufschlussreicher die beiden folgenden Sätze: „Bei der Prüfung von Asylanträgen sollte der Staat nicht großzügig sein“, dem jetzt 80,9 Prozent zustimmen, nach 76,0 Prozent 2014 und auffällig niedrigen 25,8 Prozent 2011. Eine Entwicklung, die nicht verwundert angesichts des offensichtlichen Missbrauchs des Asylrechts Anfang 2015 durch hunderttausende Zuwanderer aus dem Kosovo, Albanien und Serbien. 81 Prozent der Bevölkerung, das ist – zumal in Ostdeutschland – weit mehr als die Wählerschaft von CDU, SPD, FDP, Grünen und Linkspartei zusammen. Sollen die nun wirklich alle rechtsextrem sein?

Angesichts der vielen Wirtschafts- und Sozialimmigranten 2015 dürfte auch das folgende Ergebnis erwartbar gewesen sein: 59,9 Prozent befürworten die Aussage „Die meisten Asylbewerber befürchten nicht wirklich, in ihrem Heimatland verfolgt zu werden.“ 2014 waren das 55,3 und 2011 noch 46,7 Prozent.

Universität Leipzig ist bekannt für fragwürdige Studien

Dabei ist die Universität Leipzig seit Jahren bekannt für Studien mit politisch eindeutiger Schlagseite auf Backbord, die bizarre Ergebnisse erbringen. So legten die Leipziger „Forscher“ im April 2015 im Auftrag der Landtags-Grünen eine Studie mit ähnlich suspekter Methodik vor, die den Bayern latent rechtsextreme Haltungen nachzuweisen versuchte (der Bayernkurier berichtete).

Alle derartigen „Mitte-Studien“ aus Leipzig haben denselben methodischen Mangel, die Begriffe Linksextremismus und Islamismus zu ignorieren oder in ihnen keine Bedrohung für die „Mitte“ zu sehen. Einseitiger geht es kaum. Der bekannte Extremismusforscher Eckhard Jesse, der gleichermaßen Rechts- wie Linksextremismus beobachtet, kritisiert genau diesen Punkt und nennt die Vorgehensweise der Leipziger Studie „ideologisch geleitet“, „analytisch irreführend“ und „inhaltlich fragwürdig“.

Derartige Studien verharmlosen wahren Extremismus und schwächen die Mitte

Problematisch ist dabei vor allem die Entwertung und Verallgemeinerung des Rechtsextremismus-Begriffs für alle Haltungen und Aussagen, die die ideologisch eindeutig links festgelegten „Forscher“ und ihre Auftraggeber nicht teilen. Wer die Hälfte – in einigen Fällen sogar über 80 Prozent – der Bevölkerung als rechtsextrem denkend definiert, verwischt damit den Blick auf tatsächliche, teilweise militante Rechtsextremisten und verharmlost so die von ihnen ausgehende Gefahr. Nicht derjenige stärkt die Mitte, der sie immer weiter ideologisch nach links hinausdefiniert und gleichzeitig eine stets wachsende Mehrheit der Bevölkerung als rechtsextrem diffamiert, sondern der, der reale Probleme löst oder zumindest vernünftige Vorschläge zur Lösung macht.

Nun also sind laut dem jüngsten „Leipziger Allerlei“, hinter dem in Wirklichkeit die Grünen, die Linkspartei und die IG Metall stehen, glatt 50 Prozent der Deutschen rechtsextrem (denkend). Immerhin – dies sei ausdrücklich vermerkt – ist die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung heuer aus der „Mitte-Studie“ ausgestiegen und erspart sich die Mitverantwortung für diesen ideologischen Sondermüll.

Umso aufschlussreicher, wie unkritisch und gierig vor allem die öffentlich-rechtlichen Medien diese Studien-„Erkenntnisse“ alle zwei Jahre hinausposaunen. Besonders unrühmlich und unkritisch tat sich dabei die heute-Sendung im ZDF hervor. Vielleicht sollte auch einmal das sächsische Wissenschaftsministerium überprüfen, wofür in Leipzig so alles öffentliche Mittel ver(sch)wendet werden.