Bundesinnenminister Horst Seehofer. (Foto: Marko Priske/BK)
Sicherheit

Mehr Tempo im Kampf gegen Rechtsextremisten

Bundesinnenminister Seehofer will angesichts des Anschlags von Halle den Kampf gegen Rechtsextremismus intensivieren und eine dazu geplante Reform schneller umsetzen. Die Sicherheitsbehörden sollen mehr Personal und größere Befugnisse erhalten.

Vor dem Hintergrund der Bluttat von Halle will Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) eine schnellere Umsetzung der bereits geplanten Reform für eine bessere Bekämpfung des Rechtsextremismus. „Es geht darum, in die Gespräche, die wir seit einiger Zeit führen, mehr Tempo hereinzubekommen“, sagte ein Sprecher am Freitag in Berlin. Deshalb habe Seehofer jetzt das Gespräch mit den Präsidenten der Sicherheitsbehörden des Bundes und mit Innenpolitikern der Koalition gesucht.

740 zusätzliche Beamte

Der Sprecher betonte, die Sicherheitsbehörden hätten die Gefahr im Bereich Rechtsextremismus bereits nach dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke als hoch eingeschätzt. Von daher habe der Terroranschlag in Halle die Befürchtungen der Sicherheitskräfte letztlich nur bestätigt. Die Bedrohung von rechts sei aktuell „identisch mit der Gefahrenlage durch Islamismus“.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz und das Bundeskriminalamt (BKA) wollen für den Kampf gegen gewaltbereite Rechtsextremisten längere Speicherfristen, größere Befugnisse und insgesamt 740 neue Stellen. Seehofer unterstützt diese Pläne. Das Justizministerium ist nicht prinzipiell dagegen, dringt aber da, wo es um Online-Durchsuchungen und die Überwachung verschlüsselter Kommunikation geht, auf eine Stärkung der Kontrolle durch das Parlament.

Knobloch verlangt besseren Schutz

Ein Rechtsextremist hatte in Halle an der Saale am Mittwoch vergeblich versucht, eine Synagoge mit Waffengewalt zu stürmen, um dort Menschen zu töten. Als ihm das nicht gelang, erschoss er eine Frau und einen Mann. Auf der Flucht verletzte er zwei weitere Menschen, bevor ihn die Polizei festnahm. Der Sprecher des Innenministeriums betonte, für die allgemeine Gefahreneinschätzung sei das BKA zusändig. Die operativen Maßnahmen zum Schutz von Synagogen, Moscheen und anderen Objekten seien aber Aufgabe der Polizeibehörden der Länder.

Es ist vollkommen unverständlich, dass eine jüdische Einrichtung gerade an Feiertagen wie Jom Kippur nicht geschützt wird.

Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern

Die frühere Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, hat nach dem Anschlag von Halle Polizeischutz für alle jüdischen Einrichtungen verlangt. „Daran darf es keinen Zweifel mehr geben, nirgends in Deutschland“, sagte Knobloch dem Evangelischen Pressedienst. Wie die Konzepte dazu im Einzelnen aussehen sollen, müssten die jeweiligen Experten vor Ort klären, fügte die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern hinzu.

Es sei für sie „vollkommen unverständlich, dass eine jüdische Einrichtung gerade an Feiertagen wie Jom Kippur nicht geschützt“ werde, kritisierte Knobloch. Die Synagoge in Halle war am Mittwoch nicht von der Polizei bewacht worden.

Volles Vertrauen in Bayerns Polizei

Knobloch sagte, sie vertraue für ihre Gemeinde, die mit rund 9.500 Mitgliedern die zweitgrößte jüdische Gemeinde Deutschlands ist, „voll und ganz“ auf den Schutz durch die bayerische und speziell auch die Münchner Polizei. Die bestehenden Schutzkonzepte müssten natürlich „immer überprüft und angepasst werden“. Knobloch regte dafür einen bundesweiten regelmäßigen Erfahrungsaustausch an.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hat als Reaktion auf den Anschlag von Halle angekündigt, er wolle mit den jüdischen Gemeinden in Bayern erörtern, ob der Schutz für Synagogen bislang ausreichend sei, um Angriffe wie in Halle abzuwehren. Die Polizeipräsenz vor jüdischen Einrichtungen hat Bayern bereits verstärkt.

(dpa/BK)