Wächter der Freiheitsrechte: Der Erste Senat des Bundesverfassungsgericht, der nun über das BKA-Gesetz geurteilt hat (Foto: Imago)
BKA-Gesetz

„Das Grundgesetz darf nicht unterlaufen werden“

Das Bundesverfassungsricht erklärt Teile des BKA-Gesetzes für verfassungswidrig. Seit 2009 darf das Bundeskriminalamt Telefone abhören und Wohnungen verwanzen, um gegen Terroristen vorzugehen. Insbesondere den Austausch der dabei gewonnen Daten mit ausländischen Behörden schränkt das Gericht nun ein. Bundesinnenminister Thomas de Maizière will nun an den Vorschriften nachbessern.

Das Bundesverfassungsgericht hat das Gesetz zur Terrorismusbekämpfung durch das Bundeskriminalamt in Teilen für verfassungswidrig erklärt. Dem so genannten BKA-Gesetz zufolge darf die Behörde seit 2009 Wohnungen verwanzen, Überwachungskameras installieren und Telefone anzapfen, um gegen mögliche Anschläge bereits im Vorfeld vorzugehen. Dagegen hatten der Ex-Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP), der vormalige Kulturstaatsminister Michael Naumann (SPD) und mehrere Grünen-Politiker geklagt. Das Innenministerium von Thomas de Maizière (CDU), der seit den jüngsten islamistischen Anschlägen von Paris und Brüssel auf einen verstärkten Datenaustausch zwischen deutschen und ausländischen Sicherheitsbehörden dringt, will nun am vom Gericht beanstandeten Gesetz nachbessern.

Nachbesserung bis 2018

Ihre Einwände beziehen die Karlsruher Verfassungsrichter auf zwei Bereiche des Gesetzes: Einerseits sei es hinsichtlich der Voraussetzung für solche Abhörmaßnahmen teilweise zu unbestimmt abgefasst und gehe zu weit. Es fehle an „flankierenden rechtsstaatlichen Absicherungen“, etwa zum Schutz des Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung der Überwachten, und gewährleiste nicht ausreichend Transparenz und aufsichtliche Kontrolle. So müssten Betroffene nach Durchführung der Maßnahmen darüber informiert werden und zuständigen Richtern Kontrollmöglichkeiten eingeräumt werden.

Zum Zweiten aber sei die Weitergabe der Daten, die das BKA bei seinen Ausforschungen gewinnt, an andere inländische und ausländische Behörden nicht genug eingegrenzt. Die Verfassungswidrigkeit betreffe jedoch nicht den Kern des BKA-Gesetzes, argumentieren die Richter. Die Vorschriften können also in Kraft bleiben, der Gesetzgeber müsse bis Ende Juni 2018 nacharbeiten.

Insbesondere stört sich das Gericht daran, dass Personen nicht einfach auf schlichten Verdacht hin abgehört werden dürfen. Es müsse „ein wenigstens seiner Art nach konkretisiertes und absehbares Geschehen erkennbar sein“. Das Verhalten der verdächtigen Person müsse „die konkrete Wahrscheinlichkeit begründen, dass sie in überschaubarer Zukunft terroristische Straftaten begeht“.

Die Freiheit in den Mühlen der Terrorbekämpfung

Noch kritischer gehen die Bundesrichter mit dem möglichen internationalen Austausch der vom BKA bei solchen Überwachungsaktionen gewonnen Informationen um. Denn die Gewährleistungen des Grundgesetzes könnten dann womöglich nicht mehr gegeben sein und stattdessen die im Ausland geltenden Rechtsstandards angewendet werden. „Die Grenzen der inländischen Datenerhebung und -verarbeitung des Grundgesetzes dürfen durch einen Austausch zwischen den Sicherheitsbehörden nicht in ihrer Substanz unterlaufen werden“, schreiben die Richter in ihrem Urteil.

Die Bundesregierung will das beanstandete Gesetz nun zügig nachbessern. Mit der Ausgestaltung der Befugnisse des BKA zur Terrorabwehr sei juristisches Neuland betreten worden, erklärte Innenstaatssekretär Hans-Georg Engelke. Korrekturen seien daher völlig in Ordnung. „Paris und Brüssel haben gezeigt, wie ernst die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus zu nehmen ist.“ Dennoch würden die Behörden versuchen, „den Schutz und die Freiheit der Bürger weiterhin zu gewährleisten“. Das Karlsruher Gericht hat die Sicherheitsdienste mit seinem Urteil ermahnt, dass Gesetze zur Terrorabwehr immer einer schwierigen Abwägung unterliegen: zwischen Innerer Sicherheit einerseits und Datenschutz und Schutz der Persönlichkeitsrechte andererseits.