Seehofer fordert von der Bundeskanzlerin Kurskorrektur
CSU-Chef Horst Seehofer hat die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel für die CDU-Niederlagen bei den Landtagswahlen verantwortlich gemacht. "Der zentrale Grund ist die Flüchtlingspolitik. Es hat überhaupt keinen Sinn, da vorbeizureden", sagte Seehofer. Angesichts der Wahlergebnisse forderte er eine Kurskorrektur in der Flüchtlingspolitik.
Landtagswahlen

Seehofer fordert von der Bundeskanzlerin Kurskorrektur

CSU-Chef Horst Seehofer hat die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel für die CDU-Niederlagen bei den Landtagswahlen verantwortlich gemacht. "Der zentrale Grund ist die Flüchtlingspolitik. Es hat überhaupt keinen Sinn, da vorbeizureden", sagte Seehofer. Angesichts der Wahlergebnisse forderte er eine Kurskorrektur in der Flüchtlingspolitik.

Nach den schweren Niederlagen der CDU am Sonntag bei den Abstimmungen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sieht Seehofer die beiden Unionsparteien vor einer „gewaltigen Belastungsprobe und Herausforderung“. Die Union werde lange brauchen, um die Entwicklung der vergangenen sechs Monate wieder wettzumachen. „Das ist ja eine tektonische Verschiebung der politischen Landschaft in Deutschland“, sagte der CSU-Chef.

Wir sollten der Bevölkerung sagen, dass wir verstanden haben, und dass wir aus diesem Wahlergebnis auch Konsequenzen ziehen. Es kann nicht sein, dass nach so einem Wahlergebnis die Antwort für die Bevölkerung ist: Es geht alles so weiter wie es war.

Horst Seehofer, CSU-Chef

Die CSU sei mit ihrer differenzierten Betrachtungsweise schon seit Monaten auf dem richtigen Weg in der Flüchtlingspolitik. „Unsere Schlagworte lauten Humanität, Integration und Begrenzung. Wir haben einen klaren Kurses, wir müssen nichts korrigieren“, sagte Seehofer in der Vorstandssitzung. Auf die Frage, ob Angela Merkel noch die richtige Bundeskanzlerin sei, sagte Seehofer: „Ja.“

Seehofer warnte davor, das Wahlergebnis als Bestätigung der bisherigen Politik der Bundesregierung zu deuten. „Mit einer falschen Wahlanalyse beginnt die nächste Wahlniederlage.“ Für die Union gehe es „um die Existenz“, sagte der CSU-Vorsitzende. „Aus einem Sinkflug kann ein Sturzflug, kann auch ein Absturz werden.“ Am Ende könnte das dazu führen, dass bei der nächsten Bundestagswahl 2017 auch keine große Koalition mehr möglich sein könnte.

Seehofer erinnert daran, dass sich CDU und CSU bis vergangenen August in einer äußerst komfortablen Lage befunden hätten, die CDU in Umfragen in den Ländern um mehr als zehn Prozentpunkte vorne gelegen habe. Jetzt habe man ein gespaltenes Land, große Probleme zwischen CDU und CSU und eine zerrissene EU. Aus seiner Sicht sei deshalb die Schlussfolgerung richtig, das desaströse Wahlergebnis auf die Politik der letzten Monate zurückzuführen. Nur eine Veränderung dieser Politik, so Seehofer, werde die AfD überflüssig machen.

Der CSU-Vorsitzende kündigte an, sich künftig mit ganzer Kraft dieser Sache zu widmen. Nach Ostern werde er eine Reihe von „Basisbegegnungen“ mit Orts-und Kreisvorsitzenden  der CSU abhalten. Diese sollten dabei die Gelegenheit bekommen, ihre Meinungen zu äußern. Die CSU werde den Austausch mit der Bevölkerung weiter intensivieren. Seine Partei, so Seehofer, habe keine Sekunde zu vergeuden, keine Energie zu verschwenden.

Klarer Kurs gegen EU-Vollmitgliedschaft der Türkei

Auch in der Türkei-Frage werde die CSU Kurs halten, erklärte Seehofer. Eine Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU komme für ihn nicht in Frage, ebenso keine allgemeine Visafreiheit. Eine Kontingentlösung zwischen der EU und der Türkei dürfe nicht bedeuten, dass daraus eine „deutsches Kontingent“ werde, sagte Seehofer. Er erwarte außerdem, dass bei den Gesprächen „in nachvollziehbarer, öffentlich erkennbarer Form“  die innerstaatlichen Probleme – etwa mit der Pressefreiheit – in der Türkei angesprochen würden. Der Zweck dürfe nicht alle Mittel heiligen, betonte er.

Das war kein singuläres Ergebnis, sondern ein politisches Erdbeben, das uns viele Jahre beschäftigen wird. Die falsche Zuwanderungspolitik hat fatale Ergebnisse gebracht. Unser Land ist gespalten.

Horst Seehofer

Scheuer: Ergebnisse sind klare Botschaft aus der Bevölkerung

Auch CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sieht in den Ergebnissen der Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz eine klare Botschaft: Die Bevölkerung wolle eine schnelle und wirksame Lösung in der Flüchtlingskrise. Darauf müsse man in Berlin nun zeitnah reagieren. Die CSU bleibe bei ihrem Kurs, den Flüchtlingszustrom zu begrenzen. Die Landtagswahlen in den drei Bundesländern, die Kommunalwahlen in Hessen vor einer Woche und auch die vielen Bürgerkontakte in den vergangenen Monaten hätten es verdeutlicht, sagte Scheuer dem Bayernkurier. „Das Flüchtlingsthema überlagert und bestimmt die Diskussion. In nur einem halben Jahr hat sich dadurch die politische Landschaft in Deutschland verändert.“ Die zur Wahl gestandenen Parteien auf Bundesebene müssten auf die Ergebnisse vom Sonntagabend nun reagieren und die Botschaft rasch umsetzen.

Die Botschaft aus der Bevölkerung heißt: Wir brauchen endlich wirksame Lösungen in den Flüchtlingskrise. Die CSU wird bei ihrem klaren Kurs der Begrenzung des Zustroms bleiben. Die konsequente Antwort der heute zur Wahl gestandenen Parteien muss auf Bundesebene sein: Ja, wir haben verstanden!

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer

Aigner: Wahlergebnisse zeigen Sorgen der Menschen

Bayerns stellvertretende Ministerpräsidentin Ilse Aigner (CSU) sieht ebenfalls vor allem die Flüchtlingspolitik als Ursache für die Wahlniederlagen der CDU in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. „Mich trifft es, dass Julia Klöckner und Guido Wolf zuletzt keine Chance hatten, angesichts der Flüchtlingsthematik mit ihren landespolitischen Themen durchzudringen und zu punkten“, sagte Aigner dem Münchner Merkur. Sie riet allen demokratischen Parteien am Wahlabend zu Demut: „Niemand sollte heute feiern. Das Ergebnis der AfD trifft mich als Demokratin schwer.“

In dem Wahlergebnis artikulieren sich die immensen Sorgen und Ängste der Bevölkerung angesichts der Flüchtlingskrise. Es muss jetzt für alle demokratischen Parteien darum gehen, die Probleme zu lösen. Wir müssen klarmachen, dass Radikalisierung die Krise nicht lösen kann, sondern diese in die deutsche Gesellschaft hineinträgt.

Ilse Aigner, CSU

Friedrich: Flüchtlingspolitik muss sich ändern

Der ehemalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sieht in den Ergebnissen keine direkte Anti-Merkel-Wahlen, fordert aber ebenfalls eine Kurskorrektur. Das schlechte Abschneiden von CDU und SPD bei den Landtagswahlen sei ein klares Zeichen, dass die Flüchtlingspolitik in Berlin verändert werden müsse. Der Wähler habe eine Lektion erteilt, daraus müsse man jetzt lernen und überlegen, wie man in die Zukunft gehen möchte. Andernfalls sieht Friedrich die Gefahr, dass die AfD bald mit einem zweistelligen Ergebnis im Bundestag sitzt.

Jetzt muss die Politik korrigiert werden, die zum Erfolg der AfD geführt hat.

Hans-Peter Friedrich, CSU

Knobloch: Rechtsruck gibt Anlass zu großer Sorge

Für die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, gibt „der massive Rechtsruck in unserem Land Anlass zu großer Sorge.“ Die AfD habe sich bewusst jenseits der Grenzen des freiheitlich-demokratischen Spektrums begeben. „Der Restbestand seriöser Vertreter distanziert sich nicht konsequent vom neuen AfD-Profil, das nationalistisch, völkisch-rassistisch, antisemitisch und systemumwälzend, kurzum: brandgefährlich ist“, sagte Knobloch.