Tief verschneit: das Riedberger Horn bei Balderschwang. (Foto: picture alliance/Karl-Josef Hildenbrand)
Entscheidung

Keine Skischaukel und auch kein Disneyland im Schnee

Ministerpräsident Markus Söder löst einen teils erbitterten Streit auf: Der Verbindungslift am Riedberger Horn wird nicht gebaut. Stattdessen soll für rund 20 Millionen Euro ein neues, naturnahes Tourismuskonzept in der Region umgesetzt werden.

„Unser Ziel war es, wieder Ruhe und Frieden am Riedberger Horn zu schaffen“, sagt Ministerpräsident Markus Söder. Aus diesem Grund werde auf das umstrittene Bauprojekt einer Skischaukel am Riedberger Horn im Oberallgäu „für mindestens zehn Jahre verzichtet“. Zuvor hatte er mit den Bürgermeistern der betroffenen Gemeinden Balderschwang und Obermaiselstein und dem Oberallgäuer Landrat Anton Klotz (CSU) in der Münchner Staatskanzlei über das Projekt beraten. Die Gemeinden wollten an dem 1787 Meter hohen Berg einen neuen Skilift bauen, um die bisherigen Skigebiete miteinander zu verbinden.

Um den Bau zu ermöglichen, hatte das bayerische Kabinett im Februar eine Änderung des Landesentwicklungsprogramms (LEP) beschlossen. Befürworter der Skischaukel meinten, dass die Region sich mit dem Projekt für den harten Wettbewerb insbesondere mit den österreichischen Tourismusgebieten wappnen müsse. Vor allem der Bund Naturschutz hatte das Projekt trotz der erfolgten LEP-Änderung für nicht zulässig gehalten und gegen den Bau beziehungsweise gegen die damit verbundene Änderung des Alpen-Schutzbereiches Klage eingereicht.

Regionales Interesse und überregionales Empfinden wurden wieder in Einklang gebracht.

Ministerpräsident Markus Söder, CSU

Die gefundene Lösung bietet eine solide Basis, um den monatelangen, teils erbitterten Streit zwischen Kritikern und Befürwortern zu beenden, beinhaltet sie doch ein Maßnahmenpaket, das den Ausgleich der widerstreitenden Interessen schafft. Die Bevölkerung vor Ort bekommt eine Entwicklungsperspektive ihrer strukturschwachen und auf den Tourismus angewiesenen Region und gleichzeitig wird die Natur dauerhaft geschützt. Konkret soll am Riedberger Horn ein „Zentrum Naturerlebnis Alpin“ entstehen, nach dem Vorbild des erfolgreichen „Hauses der Berge“ im Berchtesgadener Land.

Insgesamt möchte die Staatsregierung im Oberallgäu 20 Millionen Euro für die Verbesserung des naturnahen Tourismus einsetzen, in der Region sollen „Modelldörfer für den modernen Skitourismus“ geschaffen werden. Das werde laut Ministerpräsident Söder „kein Disneyland im Schnee“, wie man es in Teilen Österreichs vorfinde, er möchte vielmehr gezielt einen Akzent für die Umwelt setzen.

Zukunftsträchtige und naturschonende Investitionen

„Bayern lebt vom Schatz seiner Natur, aber der ländliche Raum ist kein Museum“, sagt Söder. Aus diesem Grund sei es ihm wichtig gewesen, der Region „zukunftsträchtige, aber auch naturschonende“ Investitionen zu ermöglichen. Neben dem „Zentrum Naturerlebnis Alpin“, das auch in den Sommermonaten die Besucher anlocken werde, soll die Region Riedberger Horn mit einem Maßnahmenpaket zu einem Pilotprojekt für modernen und umweltverträglichen Wintersport ausgebaut werden. Die bestehenden Liftanlagen werden modernisiert, umweltfreundliche Elektrobusse kommen künftig zum Einsatz und die Gemeinden Balderschwang und Obermaiselstein sollen sich zu „digitalen Dörfern“ mit flächendeckendem WLAN weiterentwickeln.

Der örtliche CSU-Landtagsabgeordnete Eric Beißwenger zeigte sich mit der Entscheidung hoch zufrieden und sprach von einem „echten Win-Win-Projekt“. Das Maßnahmenpaket werde ein „Leuchtturmprojekt“ und damit ein „Gewinn für das ganze Allgäu“ sein. Auch Ministerpräsident Söder sieht darin ein „starkes Signal in die Region“, schließlich sei im Allgäu in den letzten Jahren „zu wenig passiert“. Beißwenger hatte in den vergangenen Wochen und Monaten nach eigenen Angaben eine Art Vermittlerrolle und half mit, die Interessen zwischen den kommunalen Verbänden in seiner Heimat und der Staatsregierung in München zueinander zu führen. Das Konzept sei keine „Geburt in einer Stunde“ gewesen, sondern harte Arbeit in den vergangenen Wochen.

Schlussstrich unter aufgeregte politische Debatte

„Politik ist die Kunst des Machbaren“, kommentierte der zuständige Landrat Anton Klotz die Entscheidung. Man habe erkennen müssen, dass die Skischaukel aus emotionalen Gründen nicht umsetzbar gewesen sei. Nun freue er sich über das neue Projekt, das seiner Region „eine ausgezeichnete Perspektive“ gebe und dem ganzen Oberallgäu helfen werde. „So können wir sehr gerne auf die Skischaukel verzichten“, sagte er.

Wir schützen und nützen die Natur.

Landrat Anton Klotz

Auch unter die politisch aufgeregte Debatte wird mit dem heutigen Tag ein Schlussstrich gezogen, lediglich die großen bayerischen Umweltverbände kündigten an, ihre Klage nicht fallenlassen zu wollen. Grundsätzlich begrüßten sie die Absage des Bauvorhabens, verlangen aber eine komplette Rücknahme der Gesetzesänderung. Warum sie weiterhin darauf pochen, ist vielen unklar, schließlich wurde durch die im März erfolgte LEP-Änderung die Alpen-Schutzzone in der Region insgesamt deutlich erweitert – um 224 zusätzliche Hektar.

Das Riedberger Horn in Gänze unterliege nach wie vor der strengsten Alpenschutzzone der Kategorie C, wurde seitens der Staatsregierung verdeutlicht. Lediglich ein Streifen von 80 Hektar verbleibe in der niedrigeren Alpen-Schutzzone B. Am LEP werde es jetzt keine Änderungen mehr geben, machte Ministerpräsident Söder klar. Auch an der deutlichen Ausweitung der Naturschutzzone am Riedberger Horn wird also nicht mehr gerüttelt.