„Ich habe schon frühzeitig eine Obergrenze gefordert“: Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) beim offiziellen Wahlkampfauftakt. (Foto: Christian Thiel/imago)
Sachsen-Anhalt

Haseloff fordert klare Obergrenze

Interview In Sachsen-Anhalt überschattet die Flüchtlingskrise den Wahlkampf zur Landtagswahl am 13. März. Im BAYERNKURIER-Interview fordert Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) eine klare Obergrenze: „Jetzt ist die Belastungsgrenze erreicht.“ Die Bilanz seiner Regierung kann sich durchaus sehen lassen: Wirtschaftswachstum, viele neue Arbeitsplätze, sogar die Bevölkerungszahl steigt wieder.

BAYERNKURIER: Die Flüchtlingskrise überschattet auch den Wahlkampf in Sachsen-Anhalt. Viele Länder und Kommunen fühlen sich mit Unterbringung, Sozialkosten und Integration der vielen Asylbewerber überfordert. Wie bewerten Sie diese Belastungen für Ihr Land?

Haseloff: Natürlich stellt die Bewältigung der Flüchtlingskrise auch Sachsen-Anhalt vor besondere Herausforderungen. Das gilt insbesondere für die Kommunen, die Unterbringung und Integration meistern müssen. Wir haben es dennoch geschafft, dass mit Beginn des Winters in Sachsen-Anhalt kein Flüchtling mehr in Zelten oder Sporthallen kampieren musste. Das war eine große Leistung gerade auch der vielen ehrenamtlichen Helfer. Ich sage aber auch, jetzt ist die Belastungsgrenze erreicht, personell, finanziell und auch was die Integration betrifft.

Ich habe schon sehr früh eine Obergrenze gefordert. Kein Staat kann unbegrenzt Flüchtlinge aufnehmen.

Reiner Haseloff (CDU), Ministerpräsident in Sachsen-Anhalt

BAYERNKURIER: Kann Ihr Land – im Sinne der inneren Balance und des inneren Zusammenhalts – auf Dauer so viele Flüchtlinge aufnehmen, wie ihm bisher zugewiesen wurden? Oder würden Sie eher eine Obergrenze befürworten, die deutlich unter den bisherigen Zahlen liegt?

Haseloff: Im letzten Jahr sind 40.000 Flüchtlinge nach Sachsen-Anhalt gekommen, von denen sich noch circa 30.000 im Land befinden. Einen solchen Zustrom können wir nicht jedes Jahr meistern. Deshalb habe ich schon sehr früh eine Obergrenze gefordert. Kein Staat kann unbegrenzt Flüchtlinge aufnehmen, wenn man eine erfolgreiche Integration in die Gesellschaft gewährleisten will. Weil es für jedes Land eine solche Integrations-Obergrenze gibt, benötigen wir eine rasche und deutliche Reduzierung der Zahl der Asylbewerber und Bürgerkriegsflüchtlinge. Vereinbarungen wie Schengen oder Dublin können nicht dauerhaft außer Kraft gesetzt sein. Das muss sich wieder ändern.

Erfolgsgeheimnis: Mittelstand weiter stärken

BAYERNKURIER: In  Sachsen-Anhalt sind in den vergangenen Jahren 50.000 neue Arbeitsplätze entstanden. Sie haben die Staatsfinanzen saniert und die Neuverschuldung auf Null gedrückt. Außerdem eine erfreuliche Trendwende nach Jahren der Berichte über drohende Entvölkerung in Ostdeutschland: Es sind mehr Menschen nach Sachsen-Anhalt gezogen als weggezogen sind. Was sind Ihre Ziele für die nächsten fünf Jahre?

Haseloff: Wir wollen den erfolgreichen Kurs der letzten Jahre fortsetzen. Dazu gehört vor allem eine weiter solide Haushaltspolitik. Ein Zurück zur Neuverschuldung darf es nicht geben. Wir wollen das Rückgrat der sachsen-anhaltischen Wirtschaft, den Mittelstand, weiter stärken und zwar durch die drei I, Investitionen, Innovationen und Internationalisierung. Das ist die beste Voraussetzung dafür, dass gute Löhne gezahlt werden und die Arbeitslosenquote in unserem Land dauerhaft einstellig bleibt. Und wir werden Familien fördern und unser leistungsfähiges Bildungssystem weiter profilieren. Eine umfassende Kinderbetreuung gehört ebenso dazu wie ein gegliedertes Schulsystem mit dem Gymnasium an der Spitze.

Wir haben die Polizei strukturell neu aufgestellt und stellen verstärkt Polizisten ein.

Reiner Haseloff (CDU), Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt

BAYERNKURIER: Laut einer neuen Allensbach-Umfrage machen sich nach den Übergriffen von Köln in der Silvesternacht 51 Prozent der Deutschen Sorgen, sie könnten Opfer eines Verbrechens werden, bei den Frauen sogar 60 Prozent. Haben Sie die innere Sicherheit ausreichend im Blick? Oder haben Sie – wie manche SPD-geführten Länder – den Landeshaushalt auf Kosten der Polizei saniert?

Haseloff: In Sachsen-Anhalt haben wir über mehr als zwei Jahrzehnte einen zum Teil sehr starken Bevölkerungsrückgang gehabt. Das hatte Anpassungsschritte im öffentlichen Dienst und damit auch bei der Polizei zur Folge. Jetzt erleben wir seit 2014 zum einen eine Umkehr dieser Entwicklung und zum anderen steht die Polizei vor besonderen Herausforderungen. Darauf haben wir reagiert. Wir haben die Polizei nicht nur strukturell neu aufgestellt, sondern wir stellen verstärkt auch Polizisten ein. Die Sachsen-Anhalter werden sich auch künftig in ihrem Land sicher fühlen können. Dafür werden wir sorgen.

Mit Rot-Rot-Grün würden dem Land gefährliche Experimente drohen

BAYERNKURIER: Mal den allerschlimmsten Fall angenommen, und es läuft so wie im Nachbarland Thüringen – Rot-Rot oder Rot-Rot-Grün käme in Sachsen-Anhalt an die Macht. Was würde das für Sachsen-Anhalt bedeuten? Wie würde ein solches Bündnis das Land zurückwerfen?

Haseloff: Diese Option ist zumindest nach den derzeitigen Umfragen zwar nicht so wahrscheinlich. Gleichwohl wäre sie für das Land ein Rückschritt. Ich denke zum Beispiel nur an die Bildungspolitik. Hier möchte ich den Menschen in unserem Land Experimente ersparen. Sachsen-Anhalt hat in den letzten Jahren gute Fortschritte gemacht. Dies darf nicht in Frage gestellt werden.