Auch 2016 wieder mehr als eine Million Asylbewerber? (Bild: Fotolia/Trueffelpix)
Flüchtlingslawine

Kein Ende in Sicht

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und die Bundesregierung halten sich mit Prognosen über die 2016 in Deutschland erwartete Zahl von Flüchtlingen zurück. Eine seriöse Prognose sei aktuell nicht möglich. Die "Rheinische Post" hatte berichtet, die Regierung rechne 2016 mit etwa 500.000 Flüchtlingen. Beim Bearbeitungsstau für die Asylanträge ist keine Besserung zu erwarten.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hält sich mit Prognosen über die 2016 in Deutschland erwartete Zahl von Flüchtlingen zurück: „Eine seriöse Prognose ist aktuell nicht möglich.“ Auch liege keine auf einer konkreten Prognose basierende Anweisung des Innenministeriums vor. Es räumte zwar ein, dass die Zahl 500.000 mehrfach im Raum gestanden habe. Diese Größenordnung sei aber nur im Zusammenhang mit der Bearbeitungskapazität des BAMF genannt worden. „Das BAMF rechnet damit, dass mit den zur Verfügung gestellten Ressourcen im laufenden Jahr Anträge von rund 500.000 neu ankommenden Asylsuchenden bearbeitet werden können – zusätzlich zu den 600.000 bis 700.000 Asylanträgen, die derzeit offen sind oder noch nicht gestellt werden konnten“, heißt es. Anfang Februar hatte Behördenchef Frank-Jürgen Weise mitgeteilt, dass trotz der beschleunigten Bearbeitung von Asylanträgen bis zu 770.000 offene Asylfälle bei seiner Behörde liegen. Davon waren 370.000 unerledigte Asylanträge. Aber bis zu 400.000 Flüchtlinge, die 2015 nach Deutschland kamen, hatten keinen Asylantrag gestellt.

Damit ist aber auch klar: Sollten wie erwartet mehr als 500.000 neue Flüchtlinge dieses Jahr nach Deutschland kommen, wird sich der Bearbeitungsstau im BAMF nicht wesentlich reduzieren.

Eine seriöse Prognose ist unmöglich

Das Innenministerium äußerte sich ähnlich. Im vergangenen Jahr waren gut eine Million Flüchtlinge nach Deutschland gekommen. Auch die Bundesregierung legt sich nicht auf eine Vorhersage fest, wie viele Flüchtlinge in diesem Jahr nach Deutschland kommen werden. „Zum derzeitigen Zeitpunkt ist es nicht möglich und hilfreich, eine seriöse Prognose für das Jahr 2016 zu erstellen“, erklärte das Bundesinnenministerium. Es gebe auch keine entsprechende Vorgabe des Ministeriums an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Derzeit sind in mehreren Ländern neue Flüchtlingsbewegungen zu erkennen (der Bayernkurier berichtete), was neue Rekordzahlen erwarten lässt (der Bayernkurier berichtete).

Zum derzeitigen Zeitpunkt ist es nicht möglich und hilfreich, eine seriöse Prognose für das Jahr 2016 zu erstellen.

Bundesinnenministerium

Die „Rheinische Post“ hatte unter Berufung auf Kreise in der Arbeitsverwaltung berichtet, die Bundesregierung rechne 2016 mit etwa 500.000 Flüchtlingen. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) habe dem Behördenleiter Frank-Jürgen Weise die Vorgabe gemacht, das BAMF darauf auszurichten. Im vergangenen Jahr waren gut eine Million Flüchtlinge nach Deutschland gekommen.

Mindestens 750.000 Flüchtlinge

In diesem Jahr sind nach offiziellen Angaben durchschnittlich 2063 Migranten am Tag nach Deutschland gekommen. Dies geht aus Reuters vorliegenden Zahlen der Bundespolizei hervor. Demnach wurden bis Sonntag von den Beamten fast 92.000 Personen bei der Einreise im Grenzgebiet festgestellt. Im Februar seien es bis zur Monatsmitte mehr als 28.000 gewesen. Wie ein Sprecher am Montag sagte, wurden am Sonntag 2723 und am Samstag 2424 Flüchtlinge aufgegriffen. Würde sich der Trend fortsetzen, kämen im gesamten Jahr mehr als 750.000 Flüchtlinge. Die Zahlen sind derzeit aber deutlich geringer als im Sommer und Herbst vergangenen Jahres, was Experten vor allem auf das Winterwetter in der Ägäis zurückführen. Die Zahlen der Bundespolizei basieren auf Kontrollen in Grenznähe. Nach Darstellung des Innenministeriums werden inzwischen nahezu alle ankommenden Flüchtlinge erfasst. Im Januar kamen der Bundespolizei zufolge fast 65.000 Flüchtlinge ins Land, die in Deutschland bleiben wollten. Die sogenannte Easy-Datenbank, die auf Registrierungen durch die Länder in den Erstaufnahmezentren beruht, erfasste im Januar sogar 91.700 Flüchtlinge. Dass diese Zahl höher liegt als die der Bundespolizei, geht vor allem auf den im vergangenen Jahr aufgebauten Stau bei den Registrierungen zurück.

Leerstand auf dem Land als Lösung?

In Deutschland stehen nach offiziellen Angaben rund zwei Millionen Wohnungen leer. Die meisten lägen auf dem Land, mehr als 600 000 seien sofort verfügbar, sagte der Direktor des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung, Harald Herrmann, in Berlin. Er forderte, anerkannte Flüchtlinge auf Wohnorte zu verpflichten, um diese Wohnungen zu füllen und den Druck von den Ballungsräumen zu nehmen. In vielen Regionen, etwa in Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern gebe es beides: leere Wohnungen und offene Arbeitsstellen.

Das wäre Sprengstoff für den sozialen Frieden in unserem Land und das wäre ein Konjunkturprogramm für den Rechtsextremismus.

Gunther Adler

Doch alles hat zwei Seiten: Wenn kleine Landgemeinden zu viele Flüchtlinge aufnehmen müssten, vielleicht sogar mehr als Einwohner vorhanden sind, dann wären die Konflikte vorprogrammiert – und das völlig zu Recht. Der Staatssekretär im Bundesbauministerium, Gunther Adler, warnte vor einer Konkurrenz von Flüchtlingen und anderen Wohnungssuchenden. „Das wäre Sprengstoff für den sozialen Frieden in unserem Land und das wäre ein Konjunkturprogramm für den Rechtsextremismus“, sagte Adler bei einem Kongress auf der Baufachmesse Bautec.