Malaga, Spanien: Aus dem Mittelmeer gerettete Migranten verlassen das Schiff. (Bild: Imago/Zuma/Jesus Merida)
Zuwanderung

Gefährliche Willkommenspolitik

Kommentar Seit Spanien seine Häfen für Rettungsschiffe geöffnet hat, steigt die Zahl der Migranten deutlich an. Diese Entwicklung zeigt klar und deutlich: Offene Grenzen führen zu mehr Migration und damit auch zu mehr Toten.

Der Chef der europäischen Grenzschutzagentur Frontex, Fabrice Leggeri, hat kürzlich vor dem Entstehen einer neuen Hauptroute für Migranten nach Europa gewarnt: von Marokko nach Spanien. „Wenn Sie mich fragen, was meine größte Sorge derzeit ist: Dann sage ich Spanien“, sagte Leggeri der Welt am Sonntag. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum kamen bis Mitte Juli fast drei Mal mehr Migranten in Spanien an, 18.000 plus 3000 über die in Nordafrika gelegenen spanischen Gebiete Melilla und Ceuta. Bei etwa der Hälfte dieser Menschen handelt es sich laut Frontex um Marokkaner, die anderen stammten aus Westafrika – die meisten dürften also keine Bleibeperspektive in Europa haben.

Aber noch vor Kurzem war doch Italien das Hauptziel der Zuwanderer? Wieso also jetzt Spanien? Die Antwort ist simpel: Beide Länder haben neue Regierungen, die jeweils den Kurs in der Asylpolitik änderten. Italiens neue Regierung machte die Grenzen dicht und stoppte die privaten Rettungsschiffe.

Spanien dagegen hat einen Sozialisten als neuen Regierungschef, der einen ähnlichen Fehler wie Deutschland im September 2015 machte: Er öffnete seine Häfen für die von Italien zurückgewiesenen Schiffe. Auch hier lag eine humanitäre Notsituation vor. Doch wenn man anschließend nicht öffentlichkeitswirksam gegensteuert, erreicht man nur Eines damit: Noch mehr Migranten wählen den Weg in das hilfsbereite Land, noch mehr wagen die gefährliche Fahrt – und noch mehr sterben bei dem Versuch. Die neuesten Zahlen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zeigen schon die Folgen: In Italien seien etwa 80 Prozent weniger Flüchtlinge angekommen als in den ersten sieben Monaten 2017, hieß es bei der IOM. In Spanien hat sich die Zahl dagegen fast verdreifacht.

Deutlich wird damit: Willkommenspolitik zieht mehr Migranten an und kostet langfristig mehr Menschen das Leben als eine konsequente Sicherung der Grenzen, das hat auch Australien schon bewiesen.

Man kann nicht jeden retten

Die privaten Rettungsorganisationen sagen, sie würden mit ihren Schiffen Leben retten. Das ist kurzfristig gesehen natürlich richtig, mittel- und langfristig befördern sie das Geschäft der Schlepper und verstärken sogar die lebensgefährlichen Fahrten über das Meer. Einsicht ist von den Hilfsorganisationen nicht zu erwarten, zu beseelt sind sie von ihren theoretisch guten Absichten. Besser wäre es, die Geretteten direkt wieder am Ausgangsort abzuliefern, in von der EU kontrollierten Unterkünften. Dies hätte den gleichen Effekt wie die Hafensperren der Italiener.

Niemand sollte mehr davon ausgehen können, dass er nach seiner Rettung automatisch nach Europa gebracht werde, forderte auch Frontex-Chef Leggeri. Europa könnte im Gegenzug den nordafrikanischen Ländern ungehinderten Marktzugang für deren Produkte anbieten, das würde obendrein noch deren Wirtschaft fördern. Später kann man dazu übergehen, eine kontrollierte und gesteuerte Einwanderung zu planen, die an den Erfordernissen und der Aufnahmefähigkeit Europas sowie an Humanität orientiert ist.

Wer nicht alle Flüchtlinge dieser Welt ins Land lassen will, muss sich für diese Haltung nicht schämen. Deutschland hat seinen Beitrag längst geleistet und in Europa mit Abstand die meisten Flüchtlinge aufgenommen. Laut UN lebten Ende 2017 hierzulande 1,41 Millionen Schutzberechtigte und anerkannte Asylbewerber. Abgelehnte Asylbewerber sind in der Statistik noch nicht mal enthalten. Angesichts Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung Afrikas muss man letztlich zur Erkenntnis kommen, dass wir nicht jeden Verfolgten retten können – also müssen wir Grenzen setzen. Moralische Aufladung darf eine sachliche Debatte über die dazu notwendigen Maßnahmen nicht mehr vernebeln.