Erneuter Ausfall: Der türkische Diktator Recep Erdogan bei einer Rede. (Bild: Imago/Depo Photos)
Türkei

Erdogan fordert Boykott

Der türkische Diktator Recep Tayyip Erdogan hat in Deutschland lebende Türken dazu aufgerufen, bei der Bundestagswahl im September gegen "Türkeifeinde" zu stimmen. Damit meint er die demokratischen Parteien CSU/CSU, SPD und Grüne.

SPD und CDU beschuldigte er am Freitag vor Journalisten in Istanbul, mit der „Schädigung der Türkei“ Wahlkampf zu betreiben. „Ich fordere alle meine Landsleute in Deutschland auf, nicht den Fehler zu begehen und die zu unterstützen, weder die Christdemokraten, noch die SPD, noch die Grünen“, sagte Erdogan. Alle diese Parteien seien „Türkeifeinde“. Damit benutzt der Autokrat zum wiederholten Male die Deutschtürken als seine „Fünfte Kolonne“.

Ich fordere alle meine Landsleute in Deutschland auf, nicht den Fehler zu begehen und die zu unterstützen, weder die Christdemokraten, noch die SPD, noch die Grünen.

Recep Erdogan, türkischer Diktator

Die in Deutschland lebenden Türken sollten stattdessen Parteien unterstützen, die sich der Türkei gegenüber nicht feindlich verhielten. Wen er damit meinte, da eigentlich alle größeren Parteien in Deutschland gegen seine diktatorischen Pläne sind, ließ Erdogan offen. „Gebt den politischen Parteien Unterstützung, die der Türkei nicht feindlich gesinnt sind. Es ist nicht wichtig, ob sie die erste oder zweite Partei sind“, sagte Erdogan. Es handele sich dabei „für meine Bürger in Deutschland“ um eine Frage „der Ehre“.

Der Diktator wünscht einen Austausch

Erneut forderte der Diktator die Bundesrepublik zur Auslieferung angeblicher mutmaßlicher Putschisten auf. „Genauso wie Deutschland seine Bürger von uns zurückhaben möchte“, erwarte die Türkei, die „sich dort aufhaltenden Terroristen“ ausgehändigt zu bekommen. Zudem wolle Deutschland „Kriminelle“ zurück, während die Türkei „Terroristen“ ausgeliefert haben wolle, so Erdogan. Er spielt damit auf die neun deutschen Staatsbürger an, die in der Türkei mutmaßlich als Faustpfand und unter fadenscheinigen Gründen inhaftiert sind. Darunter sind auch die Journalisten Deniz Yücel und Mesale Tolu sowie der Menschenrechtler Peter Steudtner.

Es trifft die Falschen

Die Bundesregierung hatte deshalb vor vier Wochen eine „härtere Gangart“ der deutschen Türkei-Politik sowie die Überprüfung staatlicher Export- und Investitionsgarantien angekündigt. Zudem verschärfte das Auswärtige Amt seine Reisehinweise für die Türkei. Erdogan hatte daraufhin eine vermeintliche Terrorliste mit 680 deutschen Unternehmen wie Daimler und BASF zurückgezogen und zu einem Missverständnis erklärt.

Außenminister Sigmar Gabriel räumte jetzt im Kölner Stadt-Anzeiger ein, dass die verschärften Reisehinweise nicht unproblematisch seien. „Schon jetzt treffen unsere Reisehinweise natürlich eigentlich die Falschen: die kleinen Hotelbesitzer, die Restaurant-Betreiber und die Kellner in der Westtürkei, die nach Europa und nach Deutschland hin orientiert sind.“ Traditionell stimmen die Großstädte und die Küstenregionen mehrheitlich gegen die Erdogan-Partei AKP, während die ländlichen Regionen sie stützen. Trotzdem gelte laut Gabriel: „Wir müssen unsere Bürger schützen. Wir können nicht zulassen, dass der türkische Präsident Erdogan deutsche Staatsbürger einfach so in Haft nehmen lässt.“

(dpa/BK)