Der Spagat des Donald Trump
Trotz seiner Wahlkampf-Kritik am "Washingtoner Sumpf" setzt der künftige US-Präsident Donald Trump bei seiner ersten wichtigen Personalentscheidung auf einen Insider des Establishments. In seinem ersten großen Interview nach der Wahl gibt sich der Obama-Nachfolger in vielen Dingen aber dennoch wesentlich moderater, als zunächst angenommen.
TV-Interview

Der Spagat des Donald Trump

Trotz seiner Wahlkampf-Kritik am "Washingtoner Sumpf" setzt der künftige US-Präsident Donald Trump bei seiner ersten wichtigen Personalentscheidung auf einen Insider des Establishments. In seinem ersten großen Interview nach der Wahl gibt sich der Obama-Nachfolger in vielen Dingen aber dennoch wesentlich moderater, als zunächst angenommen.

Der künftige US-Präsident Donald Trump hat in seinem ersten großen TV-Interview nach seiner Wahl wesentliche Bestandteile seines harten Wahlkampfs relativiert. Auch seine im Wahlkampf immer wieder geäußerte harsche Kritik am politischen Establishment in Washington scheint für Trump bei der Personalwahl kein großes Hindernis zu sein.

Parteichef der Republikaner wird Stabschef

Denn: Den enorm einflussreichen Posten des Stabschefs im Weißen Haus vergibt der Republikaner an den Parteivorsitzenden Reince Priebus. Zugleich berief Trump den Journalisten und ausgewiesenen Rechtspopulisten Steve Bannon zu seinem Chefstrategen. Beobachter werten diese Personalentscheidungen als Versuch, eine Brücke zum Partei-Establishment sowie dem Kongress zu schlagen – und es zugleich der Trump-Basis recht zu machen.

Wunderbare Leute.

Donald Trump, über nicht kriminelle Einwanderer ohne gültige Papiere

Gemischte Signale sendete Trump auch in anderen Punkten: So kündigte er im Interview mit dem Sender CBS an, rasch zwei bis drei Millionen illegal eingereiste Ausländer – „Kriminelle, Drogendealer und Bandenmitglieder“ – ausweisen oder einsperren zu lassen. Offen ließ Trump dagegen, wie er mit den übrigen Einwanderern ohne gültige Papiere – „wunderbare Leute“, wie er sie in dem Interview nannte – verfahren werde. Er wolle darüber entscheiden, wenn die Grenzen gesichert seien, sagte Trump. In den USA leben schätzungsweise elf Millionen illegal eingewanderte Menschen, die über keinerlei Ausweispapiere verfügen.

Weiter bekräftigte Trump zwar, er werde an seinem umstrittenen Plan eines Mauerbaus an der Grenze zu Mexiko festhalten – aber mit Abstrichen. In einigen Gebieten könnte es auch auf einen Zaun hinauslaufen, sagte der 70-jährige Milliardär, der am 20. Januar in Washington als Nachfolger von Barack Obama vereidigt wird.

Obamacare soll teilweise erhalten bleiben

Bereits zuvor hatte Trump in einem Interview mit dem Wall Street Journal erklärt, dass er die Gesundheitsreform von Präsident Barack Obama nicht komplett abschaffen, sondern einige Teile davon in ein neues Konzept überführen werde.

Damit schlägt Trump deutlich moderatere Töne an als im Wahlkampf. So äußerte er sich in dem CBS-Interview auch überaus freundlich über seine unterlegene Kontrahentin Hillary Clinton. Er nannte sie „sehr stark und klug“ – und ihren Anruf, in dem sie ihm in der Wahlnacht zum Sieg gratuliert hatte, „reizend“. Auch ihr Ehemann, Ex-Präsident Bill Clinton, sei in einem Telefonat nach der Wahl „sehr, sehr nett“ gewesen. Im Wahlkampf hatte Trump noch angekündigt, einen Sonderermittler zu installieren, der Clintons E-Mail-Affäre noch einmal untersuchen sollte. Bei vielen Wahlkampfveranstaltungen hatten Trump-Anhänger „Lock her up!“ (dt.: „Sperrt sie ein!“) gerufen, wenn die Sprache auf Clinton gekommen war. Jetzt sagte Trump aber, die Verfolgung der Clintons sei keine prioritäre Aufgabe der neuen US-Regierung. Die Tausenden Menschen, die seit seinem Sieg in vielen US-Städten gegen ihn demonstriert haben, rief er auf, „keine Angst zu haben“. Er werde das Land zusammenführen.

Seehofer warnt vor Panikmache wegen Trump-Wahl

Ich maße mir nicht an, aus einigen tausend Kilometern Entfernung den Vormund für das amerikanische Volk zu spielen.

Horst Seehofer zur Wahl Donald Trumps

Unterdessen hat CSU-Chef Horst Seehofer dazu aufgerufen, den neuen US-Präsidenten nicht aus europäischer Perspektive vorzuverurteilen. Bayerns Ministerpräsident warnte vor überzogener Panikmache bezüglich des künftigen Politikstils des neu gewählten US-Präsidenten Trump. „Mein Plädoyer ist: Warten wir doch die praktischen Handlungen ab“, sagte Seehofer am Rande der Sitzung des CSU-Parteivorstandes. Politiker und Medien sollten sich vor vorschnellen Einschätzungen über Trumps politische Schwerpunkte hüten. Erst nach gemeinsamen Gesprächen seien Aussagen über eine gemeinsame Politik zwischen Deutschland, Europa und den USA möglich. „Ich maße mir nicht an, aus einigen tausend Kilometern Entfernung den Vormund für das amerikanische Volk zu spielen“, betonte der bayerische Ministerpräsident.