Sogar in der US-Hauptstadt Washington versucht der türkische Präsident Erdogan die Meinungsfreiheit zu unterdrücken: Seine Sicherheitsbeamten griffen Demonstranten und Journalisten an, hinderten sie daran, Fotos und Filmaufnahmen zu machen und führten angeblich sogar einen Journalisten ab. (Foto: ZUMA-Press/imago)
Türkei

Erdogans Leibwächter attackieren Journalisten

Das Erdogan-Regime tritt die Meinungs- und Pressefreiheit mit Füßen. Der Prozess gegen zwei mutige Journalisten wird nun unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt. Auch im Ausland geht „Sultan“ Erdogan gegen die Pressefreiheit vor: Der deutsche Botschafter wurde wegen der NDR-Satire erneut einbestellt, in Washington attackierten seine Leibwächter Demonstranten und Journalisten.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat in den USA Vorwürfe zurückgewiesen, Journalisten würden in seinem Land unter Druck gesetzt. „In den türkischen Gefängnissen sitzen keine Journalisten, die aufgrund ihres Berufes oder dem Recht auf Meinungsfreiheit verurteilt wurden“, sagte er bei einem Auftritt im Brookings-Institut in Washington. Sie säßen im Gefängnis, weil sie Mitglieder einer terroristischen Vereinigung seien, behauptet der türkische Diktator.

Wegen solcher Vorwürfe stehen in Istanbul derzeit die regierungskritischen Journalisten Can Dündar und Erdem Gül vor Gericht. Ihr Prozess wurde heute fortgesetzt – allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Am ersten Prozesstag vor einer Woche saßen unter anderen Diplomaten aus den USA und Deutschland im Gerichtssaal – sehr zum Missfallen Erdogans.

Deutscher Botschafter erneut einbestellt

Der deutsche Botschafter Martin Erdmann wurde wegen der Prozessbeobachtung erneut ins Außenministerium in Ankara einbestellt – zum zweiten Mal innerhalb einer Woche. Bei der ersten Einbestellung hatte das Außenministerium gegen die Satire „Erdowie, Erdowo, Erdowahn“ im NDR-Fernsehen protestiert, die seither millionenfach auf Youtube angeklickt wurde.

Im Berliner Außenministerium hieß es dazu: „Für die Bundesregierung sind Rechtsstaatlichkeit und die Unabhängigkeit der Justiz hohe Güter, die geschützt werden müssen.“ Vor diesem Hintergrund setzten sich die Botschaft Ankara und das Generalkonsulat Istanbul in enger Abstimmung mit den EU-Partnern für ein möglichst hohes Maß an Transparenz bei dem Verfahren gegen die beiden Journalisten ein.

Erdogan persönlich zeigt Journalisten an

Dündar ist Chefredakteur der regierungskritischen Zeitung Cumhuriyet, Erdem Gül der Leiter des Hauptstadtbüros des Blattes. Die Staatsanwaltschaft wirft den Journalisten unter anderem Spionage und Unterstützung einer Terrororganisation vor. Ihnen droht lebenslange Haft. Hintergrund der Anklage ist ein Bericht der Cumhuriyet über Waffendeals des türkischen Geheimdienstes an islamistische Extremisten in Syrien aus dem vergangenen Jahr.

Staatspräsident Erdogan hatte persönlich Anzeige gegen Dündar und Gül erstattet. Der Präsident ist neben dem türkischen Geheimdienst MIT Nebenkläger im Prozess. Das zeigt, wie katastrophal es um die Meinungsfreiheit in der Türkei steht, die nach wie vor Mitglied der Europäischen Union werden will. Neu ist allerdings, dass Erdogan nun sogar die Meinungsfreiheit in Deutschland und den USA mit Füßen tritt. Davon zeugt ein Zwischenfall in der US-Hauptstadt Washington.

Gewaltsamer Zwischenfall in Washington

Erdogan hält sich derzeit zu einem Gipfel für nukleare Sicherheit in der US-Hauptstadt auf. Dort gab es Proteste gegen die Unterdrückung freier Berichterstattung in der Türkei sowie von Kurdengruppen. Am Rande soll es zu Rangeleien zwischen türkischen Sicherheitskräften und Journalisten gekommen sein. Auch seien Leibwächter gewaltsam gegen Demonstranten vorgegangen.

Reporter vor Ort berichteten von chaotischen Szenen. Ein Journalist sei gar von türkischen Sicherheitskräften abgeführt, ein anderer getreten worden, schrieb der Reporter Yochi Dreazen vom Foreign Policy Magazine im Kurznachrichtendienst Twitter. Einem Kameramann hätten sie verboten, Filmaufnahmen zu machen.

US-Regierung übt diplomatische Kritik, „National Press Club“ ist entsetzt

Der stellvertretender Sicherheitsberater von US-Präsident Barack Obama, Ben Rhodes, sagte, man wisse von den Berichten. Das Weiße Haus trete nachdrücklich für Pressefreiheit in jedem Land ein, inklusive der Türkei, sagte er.

Der „National Press Club“, eine Vereinigung von Journalisten in Washington, zeigte sich alarmiert. „Der türkische Präsident und sein Sicherheitspersonal sind Gäste in den USA“, erklärte Präsident Thomas Burr. Sie hätten kein Recht, gegen Journalisten oder Demonstranten vorzugehen.

(dpa/wog)