Die oft totgesagte GroKo beweist Handlungsfähigkeit (v.l.): CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus, SPD-Interims-Fraktionschef Rolf Mützenich. (Foto: dpa/Michael Kappeler)
Koalition

Einigungen bedeuten Handlungsfähigkeit

Mobilfunk-Ausbau, nachhaltiges Wachstum und Pflege: In diesen Punkten haben sich die Fraktionen der Großen Koalition geeinigt. Beinah noch wichtiger ist das Signal der Einigkeit: In Berlin bewegt sich noch was, die Koalition ist handlungsfähig.

Bei ihrer Koalitionsklausur zeigten sich Union und SPD handlungsfähig und brachten gleich mehrere wichtige Vorhaben auf den Weg. „Wir haben Lust darauf, weiterzumachen“, betonte Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) und sprach von einer „harmonischen Klausur“, bei der man „viel, viel Übereinstimmung festgestellt“ habe. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt lobte die „Klausur auf Augenhöhe“: Er gehe davon aus, dass man auch in den nächsten Monaten gut zusammenarbeiten werde.

Unbedingter Wille bei allen drei Koalitionsparteien, den Erfolg der Koalition zu ermöglichen.

Alexander Dobrindt, CSU-Landesgruppenchef

Der besondere Wert der Klausur liege darin, „dass es gelungen ist zu zeigen: unbedingter Wille bei allen drei Koalitionsparteien, den Erfolg der Koalition zu ermöglichen“, so der CSU-Politiker. SPD-Interims-Fraktionschef Rolf Mützenich betonte, „dass wir heute den Korb der Halbzeitbilanz gefüllt haben“. Die angesprochene Halbzeitbilanz will die SPD Endes des Jahres ziehen – nach drei schweren Landtagswahlen in Ostdeutschland. Einigungen vermelden die Koalitionsfraktionen insbesondere beim Thema Lückenschluss im Mobilfunknetz, beim Thema Pflege und Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum. Nicht gelöst wurden die Streitpunkte Grundrente und Grundsteuer.

Schnelles Internet soll flächendeckend beim Bürger ankommen

Nach dem erfolgreichen Verlauf der Auktion von 5G-Mobilfunkfrequenzen sorgt die Regierungskoalition dafür, dass das schnelle Internet auch bei den Bürgern ankommt. Um die bundesweit bestehenden Funklöcher zu stopfen, soll eine Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft des Bundes geschaffen werden. Die pflanzt dann Mobilfunkmasten in bisher unversorgte Regionen. Die Idee kommt von der CSU und es wird dringend Zeit, dass sie umgesetzt wird.

Dass man in der Mobilfunkpolitik unter einer geänderten personellen Situation einen solchen Paradigmenwechsel auch in den althergekommenen politischen Meinungen hinbekommt, ist ein ausgesprochen gutes Zeichen.

Alexander Dobrindt

Dobrindt nannte dies ein „neues Kapitel in der Mobilfunkpolitik“. Er betonte: „Dass man in der Mobilfunkpolitik unter einer geänderten personellen Situation einen solchen Paradigmenwechsel auch in den althergekommenen politischen Meinungen hinbekommt, ist ein ausgesprochen gutes Zeichen.“ Das Beschlusspapier der Fraktionsspitzen sieht nicht nur staatliche Funkmasten im Niemandsland des Mobilfunks vor, sondern auch mehr Transparenz. Es soll eine „Netzzustandsanalyse“ geben, die jedem Nutzer zeigt, wie gut die Mobilnetze der verschiedenen Anbieter jeweils ausgebaut sind und wo Telefonate besonders oft abbrechen.

Regierung soll sich beeilen mit der Pflegereform

Beschlossen haben die Fraktionsspitzen der Koalition auch ein Papier zur Pflege. Es ist im Kern ein Appell an die Regierung, sich zu beeilen mit ihrer „konzertierten Aktion Pflege“. Darin geht es um mehr Altenpflegerinnen und -pfleger, höhere Löhne, bessere Arbeitsbedingungen. Außerdem verabschiedeten die Fraktionsspitzen ein Papier namens „Wohlstand für alle – durch nachhaltiges Wachstum“. Es verspricht Steuersenkungen sowie einen stärkeren Klimaschutz und digitale Verwaltung bis 2022. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus sagte, es gehe nicht um „kurzfristige Konjunkturimpulse“, sondern es sei wichtig, „dass wir die Strukturen setzen müssen, dass dieses Land in zehn, 15 und 20 Jahren auch noch wettbewerbsfähig ist“.

Wir schaffen eine neue Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft des Bundes für den Bau von Mobilfunkmasten in unversorgten Regionen.

Beschlusspapier der Koalitionsfraktionen

Im Einzelnen sieht die Einigung zur Mobilfunk-Verbesserung Folgendes vor: Die Mobilfunkversorgung in Deutschland soll lückenlos werden – ein entsprechendes Konzept haben die Spitzen der Koalitionsfraktionen einstimmig beschlossen. „Wir schaffen eine neue Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft des Bundes für den Bau von Mobilfunkmasten in unversorgten Regionen“, heißt es in Berlin in einem Papier der Spitzen der Fraktionen von Union und SPD.

Masten sollen auf bundeseigenen Grundstücken gebaut werden

In Zukunft solle der Bund mit der Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft (MIG) dort eingreifen, wo der wirtschaftliche Ausbau nicht funktioniere und weiterhin weiße Flecken bestünden, hieß es in dem Papier. Gleichzeitig wolle man den Sprung zum nächsten Mobilfunkstandard 5G schaffen und die Rahmenbedingungen setzen, um Leitmarkt für entsprechende Anwendungen zu werden. Der Bund soll über die MIG den Bau von eigenen Mobilfunkmasten in Auftrag geben können – und zwar auf bundeseigenem Gelände. Damit sollen wohl auch langwierige Genehmigungsverfahren vermieden werden.

Wir wollen dafür sorgen, dass ländliche Gebiete nicht dauerhaft von der Entwicklung abgehängt werden.

Alexander Dobrindt

Das Verkehrsministerium wird beauftragt, ein Kataster über solche bundeseigenen Grundstücke anzulegen und ein Gesamtkonzept zu erstellen. Geplant ist, dass in einem ersten Schritt im Haushaltsgesetz für 2020 Mittel für den Bau der ersten Masten zur Verfügung gestellt werden. Der Bund soll demnach beim Ausbau intensiv mit den Ländern und den Kommunen vor Ort kooperieren. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) sagte, mit dem geplanten ultraschnellen 5G-Standard im Mobilfunk sei man „nicht am Ende, sondern erst am Anfang eines Prozesses“.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt betonte, dass der Bund selbst wieder im Mobilfunkbereich tätig werde, sei eine Neuerung. Man wolle dafür sorgen, dass ländliche Gebiete nicht dauerhaft von der Entwicklung abgehängt würden. Der kommissarische SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sagte, in Deutschland dürfe es keinen Bruch geben „zwischen vielleicht gut entwickelten Regionen auf der einen Seite und weniger gut entwickelten Regionen, was die Mobilfunkabdeckung betrifft“. Der Staat müsse eingreifen, wenn es zu Lücken bei der Abdeckung komme.

(Dieser Artikel wurde aktualisiert am 15. Juni 2019, 10.00 Uhr)