Arm, aber schön: Die Konzerthalle (vorn) und der Präsidentenpalast in der georgischen Hauptstadt Tiflis. (Bild: Imago/Rainer Unkel)
Asylpolitik

Georgien soll sicheres Herkunftsland werden

Georgien soll rasch zum sicheren Herkunftsland erklärt werden, fordert Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. Er sieht seine Warnungen vor Asylmissbrauch durch die Visumfreiheit bestätigt. Die Zahl der Asylanträge aus dem Land steigt.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sieht dringenden Handlungsbedarf, Georgien als sicheres Herkunftsland einzustufen und die Visumfreiheit auszusetzen. Eine Einstufung als sicheres Drittland lässt Bundesinnenminister Horst Seehofer bereits prüfen. Dadurch könnten Zuwanderer deutlich leichter abgeschoben werden.

Visumfreiheit führt zu mehr Asylanträgen

„Es ist genau das eingetreten, wovor wir schon im vergangenen Jahr gewarnt haben, als die Visumfreiheit für Georgien gegen unseren Widerstand eingeführt wurde“, sagte Herrmann. „Allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres haben bundesdeutsche Behörden drei Mal so viele Erstanträge auf Asyl registriert wie im Vorjahreszeitraum. Aber nur zwei Prozent der Asylantragsteller aus Georgien werden als Flüchtlinge anerkannt.“ So waren es in den ersten drei Monaten des vergangenen Jahres 601 Erstanträge und im gleichen Quartal dieses Jahres 1771. Von den 6340 Asylverfahren von Georgiern, die 2017 in Deutschland entschieden wurden, endeten lediglich rund 130 mit einer Entscheidung, die die Antragsteller dauerhaft oder zumindest vorläufig vor der Abschiebung schützt.

Wir haben schon bei den Westbalkanstaaten erlebt, dass mit der Einführung der Visafreiheit die Asylantragszahlen in die Höhe geschnellt sind.

Joachim Herrmann

Der bayerische Innenminister forderte deshalb, Georgien rasch als sicheres Herkunftsland einzustufen, um die schnellere Abwicklung von Asylverfahren zu ermöglichen: „Die Bundesregierung muss schleunigst Mechanismen in Gang setzen, die verhindern, dass der offensichtliche Missbrauch unseres Asylrechts weitergeht.“ Es sei nicht hinnehmbar, dass georgische Staatsangehörige visumfrei einreisten und einen Asylantrag stellten, um Sozialleistungen zu beziehen und die Dauer des Asylverfahrens zur Begehung von Straftaten in Deutschland zu nutzen, wie es das Bundeskriminalamt bestätigt habe. In einzelnen Bereichen wie Wohnungseinbrüchen haben georgische Täter eine deutlich erhöhte Präsenz.

Armut und Arbeitslosigkeit

Dass so viele Georgier trotz der verschwindend geringen Aussicht auf Asyl nach Europa kommen, hat nach Ansicht von Experten vor allem etwas mit der hohen Arbeitslosigkeit und der weit verbreiteten Armut in dem Land zu tun.

Der damalige Außenminister Steinmeier hat (…) außenpolitische Symbolpolitik zu Lasten unserer Sicherheit gemacht.

Joachim Herrmann

In Deutschland bekommen sie während des Asylverfahrens zum Beispiel die Unterkunft sowie Essen und Kleidung gestellt. Wenn sie nicht in einer Gemeinschaftsunterkunft wohnen, können die Grundleistungen auch ausgezahlt werden. Zudem gibt es ein monatliches Taschengeld von bis zu 135 Euro für den persönlichen Bedarf. In Georgien selbst lag das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf und Monat zuletzt gerade einmal bei umgerechnet etwa 280 Euro. Zum Vergleich: In Deutschland erreichte es 2017 knapp 3300 Euro.

SPD-Symbolpolitik zu Lasten der Sicherheit

„Der damalige Außenminister Steinmeier hat unsere Bedenken, die wir von Anfang an hatten, in den Wind geschlagen und außenpolitische Symbolpolitik zu Lasten unserer Sicherheit gemacht“, ärgerte sich Herrmann. Dabei habe es ein warnendes Beispiel gegeben: „Wir haben schon bei den Westbalkanstaaten erlebt, dass mit der Einführung der Visafreiheit die Asylantragszahlen in die Höhe geschnellt sind.“

Erst mit der Einstufung dieser Staaten als sichere Herkunftsstaaten habe man das Problem in den Griff bekommen. Herrmann sagte, er werde hier nicht locker lassen: „Wenn nicht rasch eine Änderung der Situation eintritt, muss die vertraglich abgesicherte ‚Notbremse‘ gezogen und die Visafreiheit vorübergehend ausgesetzt werden.“ Ein solcher neuer Mechanismus zur Aussetzung der Visumfreiheit kann durch die EU-Kommission bei einem erheblichen Anstieg der Zahl unbegründeter Asylanträge aktiviert werden oder auch dann, wenn die Einreisenden für Sicherheitsprobleme sorgen.

EU-Kommission wartet ab

Die zuständige EU-Kommission ist sich nach eigenen Angaben des Problems bewusst. Sie will aber vorerst weiter versuchen, den Missbrauch der Visumfreiheit durch eine enge Zusammenarbeit mit der georgischen Regierung einzudämmen. „Wir hoffen, dass wir bald konkrete Ergebnisse sehen“, sagte eine Sprecherin auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Nach jüngsten Zahlen des Bundesamts für Migration könnte dies in Deutschland bereits der Fall sein. Nach dem Spitzenwert von 695 georgischen Asylanträgen im Januar wurden im März nur noch 490 gezählt. Dies waren allerdings immer noch mehr als doppelt so viele wie im März 2017. Nach EU-Angaben hat Georgien nun beispielsweise eine öffentliche Kampagne zugesichert, die seinen Staatsbürgern die Aussichtslosigkeit eines Asylantrags in EU-Staaten deutlich machen soll.

Der Hintergrund

Deutschland und andere EU-Staaten sehen sich seit dem Wegfall der Visumpflicht für Georgier Ende März 2017 mit einer drastisch gestiegenen Zahl unbegründeter Asylanträge konfrontiert.

In Deutschland ist es eine Verdreifachung. Ähnliche oder sogar noch deutlichere Anstiege registrieren laut dem Statistikamt Eurostat Länder wie Frankreich, Schweden und Italien.