Typisch SPD: Was sie den Steuerzahlern mit großer Geste in die eine Tasche steckt, zieht sie ihm heimlich aus der anderen Tasche. Jüngstes Beispiel ist das Steuerkonzept, das Kanzlerkandidat Schulz vorstellt. (Foto: Imago/ZUMA-Press)
SPD

Nichts als Umverteilung

Einen großen Wurf hatte SPD-Kanzlerkandidat Schulz angekündigt: Die Mittelschicht sollte spürbar um 15 Milliarden Euro entlastet werden. Doch es handelt sich um eine Mogelpackung: Statt Entlastung plant die SPD vor allem Umverteilung.

Der erste Eindruck vom neuen SPD-Steuerkonzept ist nicht schlecht: Es suggeriert die lange überfällige Einsicht der Sozialdemokraten, dass der Staat den Steuerzahlern zu viel Geld wegnimmt, womit spürbare Entlastungen überfällig sind. Das Etikett auf dem SPD-Steuerkonzept ähnelt mit 15 Milliarden Euro Entlastung für kleine und mittlere Einkommen bei flüchtiger Betrachtung den Unions-Steuerplänen.

Am Ende wieder typisch SPD: klassische Umverteilung.

Markus Söder (CSU), bayerischer Finanzminister

„Gut ist, dass die SPD endlich anerkennt, dass Steuerentlastungen notwendig sind und man gerade in Zeiten von Rekordsteuereinnahmen dem Bürger etwas zurückgeben muss“, lobt Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) diesen ersten Eindruck. Doch im Gegenzug will die SPD die Steuern etwa für Handwerker und Mittelständler erhöhen – also das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, von dem Millionen Arbeitsplätze abhängen. „Schlecht ist, dass die SPD wieder Steuererhöhungen ins Spiel bringt, gerade für die Leistungsträger der Gesellschaft. Am Ende wieder typisch SPD: klassische Umverteilung“, kritisiert Söder.

Eine echte Steuerentlastung ohne Hintertüren wird es nur mit der Union geben.

Bartholomäus Kalb, Steuerexperte der CSU-Landesgruppe

Auch der Steuerexperte der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Bartholomäus Kalb, rät zu genauerem Hinschauen. Statt eines großen Wurfs präsentiere Schulz nämlich „wie so oft nur halbe Sachen“, denn „das Versprechen, die Leistungsträger zu entlasten, wird nicht eingelöst“, kritisiert Kalb. „Eine echte Steuerentlastung ohne Hintertüren mit einem spürbaren Abbau des Mittelstandsbauchs und einer Komplettabschaffung des Soli wird es nur mit der Union geben.“

SPD konterkariert Entlastungsversprechen mit Verschärfungen

Das SPD-Steuerkonzept besteht im Wesentlichen aus drei Komponenten: Erleichterungen beim Solidaritätszuschlag, aber nur für untere Einkommen, ein geringfügig späteres Einsetzen des Spitzensteuersatzes, der dafür aber von 42 auf 45 Prozent erhöht wird – plus eine massive „Reichensteuer“. Zudem konterkariert die SPD das vordergründige Entlastungs-Versprechen durch Verschärfungen bei der Abgeltungssteuer für Sparer und bei den Mehrwertsteuer-Ausnahmen, eine höhere Erbschaftsteuer sowie eine europäische Finanztransaktionssteuer. Immerhin: Die SPD plant im Gegensatz zu Jusos, Grünen und Linkspartei weder eine Vermögensteuer noch eine Abschaffung des Ehegattensplittings. Allerdings liegen für den kommenden SPD-Parteitag mehrere Anträge der Basis vor, die Vermögensteuer wiedereinzuführen.

Facharbeiter und kleine Handwerksbetriebe werden ohne konkrete Aussicht auf ein Ende weiter für den Soli zur Kasse gebeten.

Bartholomäus Kalb

Im Einzelnen will die SPD ab 2020 den „Soli“ von 5,5 Prozent auf die Einkommensteuerschuld für niedrige Einkommen abschaffen. Dies betrifft zu versteuernde Single-Einkommen bis zu 52.000 Euro jährlich, bei Ehepaaren bis 104.000 Euro. Dazu will die SPD die Soli-Freigrenze anheben, die bisher bei 17.000 Euro (Singles) und 34.000 Euro (Ehepaare) jährlich liegt. Als Entlastungsvolumen errechnen die Sozialdemokraten bei diesem Posten zehn Milliarden Euro jährlich. Der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Jens Spahn, nannte jedoch Schulz‘ Vorschlag, den Solidaritätszuschlag zunächst für Klein- und Mittelverdiener abzubauen, Augenwischerei. „Die unteren Einkommen zahlen nämlich heute schon gar keinen Solidaritätszuschlag, das heißt, die Entlastung läuft ins Leere“, sagte der CDU-Politiker in der Passauer Neuen Presse.

„Soli“ bis zum Sankt-Nimmerleinstag?

Die Einkommensgruppen hingegen, die diese Grenzen auch nur geringfügig überschreiten, sollen den „Soli“ ohne zeitliche Begrenzung weiter zahlen, warnt der CSU-Haushaltsexperte Kalb: „Facharbeiter und kleine Handwerksbetriebe werden ohne konkrete Aussicht auf ein Ende weiter für den Soli zur Kasse gebeten. Die Beibehaltung des Solidaritätszuschlags für vermeintlich hohe Einkommen ohne festes Enddatum ist 26 Jahre nach seiner Einführung eine Verhöhnung des Steuerzahlers.“ Eine stufenweise Verringerung des Soli auch für diese Einkommensgruppen plant die SPD immerhin ein.

Der bisherige Spitzensteuersatz von 42 Prozent soll nach dem Willen der SPD erst ab einem Single-Einkommen von 60.000 Euro im Jahr greifen (Ehepaare: 120.000 Euro), bisher liegt diese Grenze bei 54.058 Euro (Ehepaare: 108.116 Euro). Damit schlägt der Spitzensteuersatz geringfügig später zu, die Steuerprogression wird damit ein bisschen flacher. Als Entlastung behauptet die SPD bei dieser Position zwei Milliarden Euro jährlich. „Gegen den extrem steilen Anstieg der Steuerbelastung bei den unteren Einkommen tut Herr Schulz nichts. Das Problem Mittelstandsbauch bleibt damit unangetastet“, kritisiert dagegen CSU-Steuerexperte Kalb.

Eine höhere Einkommensteuer trifft vor allem Unternehmen und gefährdet damit auch Arbeitsplätze.

Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler (BdSt)

Aber die SPD wäre nicht die SPD, wenn sie diese geringen Entlastungen nicht sofort wieder konterkarieren würde: Den Spitzensteuersatz will Schulz um drei Punkte erhöhen auf 45 Prozent. Dieser schlägt dann mit voller Wucht ab 76.200 Euro (Single) zu, also bei einem Ehepaar ab 152.400 Euro. Problem: Ein Großteil des Aufkommens aus diesen höheren Bereichen der Einkommensteuer stammt von Gewerbeunternehmen. Besonders Handwerker und Mittelständler werden hier also bestraft, kritisiert der Bund der Steuerzahler (BdSt). „Hier vergisst die SPD, dass unser Einkommensteuerrecht auch ein Unternehmensteuerrecht ist“, sagt BdSt-Präsident Reiner Holznagel.

Typisch linker Sozialneid gegen „Reiche“

Denn rund 80 Prozent der Unternehmen in Deutschland seien Einzel- und Personengesellschaften, für die das Einkommensteuerrecht gilt. „Eine höhere Einkommensteuer trifft damit vor allem Unternehmen und gefährdet damit auch Arbeitsplätze“, so Holznagel. DIHK-Präsident Eric Schweitzer wies in der Neuen Osnabrücker Zeitung darauf hin, dass diesen Personengesellschaften wichtiges Kapital entzogen würde. „Das hemmt Innovationen und Investitionen.“

Das hemmt Innovationen und Investitionen.

Eric Schweitzer, DIHK-Präsident

Als eine Art sozialistisches Sahnehäubchen oben drauf kommt außerdem die SPD-„Reichensteuer“ von drei weiteren Prozentpunkten, die nicht erst wie bisher ab 256.303 Euro zuschlägt, sondern fix und unverrückbar ab 250.000 Euro zu versteuerndem Einkommen. „Reiche“ zu besteuern, das klingt für die meisten Menschen gut und richtig, deutscher Sozialneid inklusive – im Gegensatz etwa zu den USA, wo Erfolg positiv bewertet wird.

Jedoch sind gerade viele dieser „Reichen“ oft hart arbeitende Unternehmer, die Gewinne in ihre Firmen reinvestieren müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben, außerdem müssen sie ihre Altersvorsorge ausschließlich selbst stemmen. Der von SPD, Grünen und Linkspartei oft insinuierte faule Millionenerbe, der mit Geld um sich wirft, ist sicher nur ein winziger Bruchteil davon. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) befürchtet jedenfalls eine Belastung vor allem kleiner und mittlerer Unternehmen und deshalb negative Auswirkungen auf Arbeits- und Ausbildungsplätze.

Investitionsstandort Deutschland würde massiv abstürzen

Nicht zu vergessen die Rentenpläne der SPD: Gerade für die angeblich entlasteten Einkommensbereiche würden die Rentenideen von Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) richtig teuer. Jeder Euro Steuerentlastung würde durch die steigenden Sozialbeiträge doppelt aufgefressen.

Angesichts dieser mehr oder weniger verdeckten SPD-Steuererhöhungen befürchtet CSU-Haushaltsexperte Kalb massiven Schaden für die Zukunft der deutschen Volkswirtschaft – vor allem angesichts des internationalen Steuerwettlaufs, der um Investoren entbrannt ist: „Nimmt man die Erhöhung des Spitzensteuersatzes und die Pläne zur Verschärfung der Erbschaftsteuer mit hinzu, werden vor allem die mittelständischen Unternehmen zusätzlich belastet, während die USA und Großbritannien zum Steuersenkungswettlauf blasen.“