Dieses Mal hat sie sich getraut: Fed-Chefin Janet Yellen gab am Mittwoch die Erhöhung des Leitzinses in den USA bekannt. Bild: Imago/Xinhua
Zinswende in den USA

Erster Schritt in die richtige Richtung

Es sind zwar nur ein paar mickrige Prozentpunkte hinter dem Komma, doch die Zinswende in den USA ist Realität. Erwartungsgemäß hat die amerikanische Notenbank Federal Reserve (Fed) am Mittwoch den Leitzins angehoben. Davon profitiert in Deutschland vor allem der Export, der deutsche Sparer schaut dagegen weiter in die Röhre.

Nachdem Fed-Chefin Janet Yellen im September noch gezögert und die Zinsentscheidung aufgeschoben hatte, hat sie diese Woche ernst gemacht. Statt bislang 0 bis 0,25 Prozent müssen Geschäftsbanken in den USA nun zwischen 0,25 und 0,5 Prozent Zinsen bezahlen, wenn sie sich mit frischem Geld eindecken. Überrascht hat das niemanden, Amerika war nach Meinung fast aller Experten längst reif für die Zinswende: Die Wirtschaft brummt, und die Arbeitslosigkeit hat sich in den vergangenen sechs Jahren halbiert. Sie liegt in den USA derzeit bei rund fünf Prozent. Der Aktienindex Dow Jones erklomm in den vergangenen Jahren ein Hoch nach dem anderen und ließ sich auch am Mittwoch von der gemeinhin als Börsen-Bremse gefürchteten Zinserhöhung nicht aus der Bahn bringen. Der „Dow“ zog um mehr als 200 Punkte an.

Dax legt um mehr als 300 Punkte zu

Der deutsche Aktienindex Dax folgte sogleich und kletterte am Donnerstag sogar um mehr als 300 Punkte. Auch das war zu erwarten. Die Zinserhöhung in den USA macht den Dollar teurer, das wird wiederum vor allem in der deutschen Exportwirtschaft gerne gesehen. Ihre Produkte werden auf dem Weltmarkt günstiger und finden mehr Absatz. Der geringfügige Preisanstieg des Rohöls, das bekanntlich ebenfalls in Dollar gehandelt wird, lässt sich da verschmerzen. Dank des Überangebots auf den Weltmärkten sind Öl und Benzin ohnehin so günstig wie lange nicht.

Euro lässt Federn

Der Euro gab dagegen nach der Fed-Entscheidung Mittwoch nach. Auch das war keine Überraschung, schließlich hält die Europäische Zentralbank (EZB) an ihrer Nullzinspolitik fest und nimmt bewusst in Kauf, dass die Gemeinschaftswährung Federn lässt.

Durch die jahrelange Nullzinspolitik hat der Zins seine Kontrollfunktion verloren, mit der unterschieden wird zwischen rentablen und unrentablen Objekten.

Hans-Werner Sinn, Chef des Münchner ifo-Instituts

Als einer der großen Kritiker der EZB-Politik gilt bekanntlich der langjährige Chef des Münchner ifo-Instituts Hans-Werner Sinn. Er begrüßte gestern ausdrücklich die Zinserhöhung der US-Notenbank: „Das wurde aber auch wirklich Zeit“, sagte er in München. „Durch die jahrelange Nullzinspolitik hat der Zins seine Kontrollfunktion verloren, mit der unterschieden wird zwischen rentablen und unrentablen Objekten“, monierte er. „Das ist volkswirtschaftlich schlecht, denn es verführt zu dem Irrtum, die Ressourcen seien unbegrenzt“, so Sinn. Zu niedrige Zinsen führten zu Vermögensblasen, die später platzen und Banken in Not bringen könnten. „Und wenn die Blasen platzen, muss wahrscheinlich wieder der Steuerzahler ‚ran“, warnte der ifo-Chef und betonte, dass das auch für die Europäische Zentralbank gelte.

In Europa regiert das billige Geld

Auf die EZB und vor allem ihren Chef Mario Draghi hagelt es bekanntlich derzeit Kritik von vielen Seiten. Während sich die Börsen in Europa über die billige Geldschwemme freuen, die die Europäische Notenbank mit dem anhaltend niedrigen Leitzins von 0,05 Prozent und maßlosen Anleihekäufen verursacht, bemängeln Experten das Vorgehen und warnen vor den Folgen. Zuletzt hatte Draghi sogar angekündigt, das Anleihekaufprogramm zu verlängern – in der Hoffnung die Wirtschaft im Euroraum und die Inflation weiter anzutreiben. Unter anderen hielt Sparkassenchef Georg Fahrenschon das für einen schwerwiegenden Fehler. „Wir warnen vor den Nebenwirkungen der expansiven Geldpolitik für die Sparer ebenso wie für die Volkswirtschaften.“