Touristenmagnet Oktoberfest: München zählt zu den beliebtesten Städten in Deutschland. Auf jeden Einwohner kommen laut Statistik 9,2 Gästeübernachtungen. Bild: Imago/Michael Westermann
Leistungscheck

Städte im Freistaat sind einsame Spitze

In Bayern lebt, wohnt und arbeitet es sich am besten. Das ist zwar allgemein bekannt, der Freistaat hat es jetzt aber wieder einmal schriftlich bekommen: Aus einem umfangreichen deutschlandweiten Leistungscheck der Kommunen gehen die Städte München, Ingolstadt und Erlangen als Sieger hervor.

Im Auftrag der Zeitschrift „WirtschaftsWoche“ und der Internetplattform „ImmobilienScout 24“ hatte das Institut der deutschen Wirtschaft Consult GmbH alle 69 kreisfreien Großstädte Deutschlands untersucht. In eine dreiteilige Bewertung flossen mehr als 100 Indikatoren aus den Bereichen Wirtschaftsstruktur, Arbeitsmarkt, Immobilienmarkt und Lebensqualität ein. Unterschieden wurde dabei zwischen dem so genannten Niveau- und Dynamik-Ranking sowie dem „Zukunftsindex 2030“. Der Niveauindex vergleicht die absolute Wirtschaftskraft und den Arbeitsmarkt der Städte, bildet also die aktuelle Situation ab. Der Dynamikindex zeigt die Veränderung in den letzten fünf Jahren und der neue Zukunftsindex analysiert das Potenzial für die künftige wirtschaftliche Entwicklung beziehungsweise das Wettbewerbspotenzial.

In der Summe hat die bayerische Landeshauptstadt München im Niveauindex die Nase vorn. Auch die Plätze zwei und drei gehen mit Ingolstadt und Erlangen an den Freistaat. Unter den „Top 10“ ist außerdem Regensburg (Platz 7). Unter den „Top 30“ liegen auch die anderen bayerischen Großstädte Fürth (18), Würzburg (23), Nürnberg (26) und Augsburg (27).

Im Dynamikindex liegt Ingolstadt auf Platz 1. Dahinter folgen aus bayerischer Sicht: Würzburg (Platz 5), Regensburg (Platz 7), München(Platz 8), Fürth (13), Nürnberg (14) und Augsburg (17).

Im Zukunftsindex findet sich Erlangen auf Platz 2 und München auf Platz 3. Dahinter folgen Regensburg (Platz 10), Ingolstadt (16), Würzburg (23), Nürnberg (28), Augsburg (32) und Fürth (35).

Erlangen punktet mit Innovationskraft

Die kleinste bayerische Großstadt Erlangen in Mittelfranken (Gut 109.000 Einwohner) punktet demnach vor allem mit ihrer Innovationskraft. Bei den Patentanmeldungen kamen 2012 in Erlangen 88,3 Patente auf 100.000 Erwerbstätige, das ist bundesweit einsame Spitze. Die Mittelfranken rutschen im Gesamt-Ranking im Vergleich zum Vorjahr zwar um einen Platz ab, Erlangen bleibt aber das Akademiker-Zentrum schlechthin: So hatten in der Stadt im vergangenen Jahr 31,2 Prozent aller Beschäftigten einen Hochschulabschluss. Und diese sorgen für eine große Wirtschaftskraft: Pro Einwohner beträgt das Bruttoinlandsprodukt in der Stadt 75.528 Euro, bundesweit ist das der fünftbeste Wert. Arbeitslose muss man in Erlangen mit der Lupe suchen, nur 2,9 von 100 Einwohnern bezogen laut Statistik im vergangene Jahr Arbeitslosengeld II, weniger gab es in keiner anderen der untersuchten 69 Städte.

Wirtschaftskraft in Ingolstadt am größten

Während Erlangen mit Innovationen glänzt, gelingt das Ingolstadt mit seiner Wirtschaftskraft, die bundesweit ihresgleichen sucht. Laut Ranking erwirtschaftete 2012 in der Audi-Stadt im Durchschnitt jeder Erwerbstätige 117.828 Euro. Der Stadtsäckel freut sich über ein ordentliches Steueraufkommen. 1645 Euro je Einwohner landeten 2013 in der Ingolstädter Stadtkasse, das bedeutet ebenfalls Rang eins im bundesweiten Städtevergleich.

Titelverteidiger München

Ihren Titel verteidigt haben derweil nicht nur die Fußballer des FC Bayern München, auch die Stadt ist deutschlandweit einsame Spitze. Zwar hat München „nur“ die drittbeste Wirtschaftsstruktur und den viertbesten Arbeitsmarkt vorzuweisen, dafür punktet die bayerische Metropole mit ihrer Lebensqualität und dem Immobilienmarkt. So erwartet nach Angaben der Verfasser der Studie Menschen, die zwischen 2010 und 2012 in München geboren wurden, ein langes Leben. Sie werden im Schnitt 82,3 Jahre alt. Ein bedeutendes Standbein der Stadt ist unter anderem der Tourismus, so kamen im Jahr 2013 auf einen Einwohner 9,2 Gästeübernachtungen.

Wohneigentum extrem teuer

Doch wer in München leben will, braucht viel Geld. 27,1 Prozent des Einkommens gehen laut Statistik bei dem Durchschnittsmünchner für die Wohnkosten drauf. Der Mietpreis lag im vergangenen Jahr bei satten 12,98 Euro pro Quadratmeter, wer Wohneigentum erwerben wollte, musste zuletzt 4619 Euro pro Quadratmeter berappen. Da wundert es nicht, dass vor allem Menschen mit relativ gutem Einkommen in München leben. Laut Studie zahlten die Unternehmen in der Stadt 2012 ihren Mitarbeitern im Schnitt 45.446 Euro, das ist der siebthöchste Wert aller 69 Städte.

Das Erfolgsrezept der zukunftsfähigen Standorte gründet sich auf einen Dreiklang aus starken Wirtschaftsunternehmen, innovativen Forschungseinrichtungen und hochkarätigen Universitäten.

Christian Gisy, Finanzvorstand der Scout 24 AG

Geschlagen geben muss sich der Freistaat lediglich bei dem in diesem Jahre erstmals erstellten „Zukunftsindex 2030“, der das Potenzial der deutschen Großstädte für den Aufbruch ins digitale Zeitalter abklopft. In dem Ranking hat Darmstadt die Nase vorn. Die südhessische Metropole hat demnach den höchsten Anteil an Industrie-4.0 affinen Unternehmen und den höchsten Anteil an MINT-Absolventen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) unter den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten. Auf Rang zwei folgt aber bereits Erlangen. „Das Erfolgsrezept der zukunftsfähigen Standorte gründet sich auf einen Dreiklang aus starken Wirtschaftsunternehmen, innovativen Forschungseinrichtungen und hochkarätigen Universitäten“, sagt Christian Gisy, Finanzvorstand der Scout24 AG, zu den Ergebnissen des Zukunftsindex 2030.

Überraschung: Verlierer ist Nordrhein-Westfalen

Wenig verwunderlich ist das Ergebnis für das bis auf eine Legislaturperiode rot beziehungsweise rot-grün regierte Nordrhein-Westfalen mit seiner verfehlten Wirtschafts- und Finanzpolitik. Die hoch verschuldeten Kommunen des Bundeslandes belegen in jedem der drei Rankings die letzten Plätze. Von den „Letzten 10“ sind im Niveauindex acht aus Nordrhein-Westfalen, im Dynamikindex ebenfalls acht und im Zukunftsindex sogar neun. Schlusslichter sind Gelsenkirchen (Niveau), Oberhausen (Dynamik) und Hamm (Zukunft), alle ebenfalls aus dem „Wunderland“ von SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. So schreibt die Studie über die in allen drei Bereichen unter den letzten 10 liegenden Städte Gelsenkirchen, Herne, Oberhausen und Duisburg: „Auffallend ist auch, dass diese Städte nicht nur in einzelnen Teilbereichen schlecht abschneiden, sondern über alle Bereiche hinweg fast ausnahmslos die letzten Plätze belegen.“ Hamm, Bottrop und Hagen schaffen es immerhin noch in je zwei Bereichen unter die Letzten 10.