Von 2026 an sollen Güterzüge durch den Brenner-Basistunnel schneller von Deutschland nach Italien rollen. Die Bahn hat ihre Pläne für die nördliche Zubringerstrecke vorgestellt. (Symbolfoto: Imago/Marius Schwarz)
Brenner-Tunnel

Zwölf Varianten für den Nordzulauf

Der dringend nötige Brenner-Basistunnel von Innsbruck bis Franzensfeste (Südtirol) soll bis 2026 einsatzbereit sein. Die Bahn hat nun ihre Grobplanung für die nördliche Zulaufstrecke vorgelegt. Insgesamt zwölf Varianten stehen zur Auswahl.

Die Deutsche Bahn (DB) und die Österreichische Bundesbahn (ÖBB) haben in Rosenheim die ersten „Grobtrassenentwürfe“ für den geplanten Nordzulauf zum Brenner-Basistunnel vorgestellt. Im Bereich Rosenheim stehen sieben Trassenvarianten zur Wahl, im Bereich Kiefersfelden/Kufstein sind es fünf. „Wir wissen jetzt zumindest, worüber wir diskutieren können“, kommentiert Bayerns Verkehrsministerin Ilse Aigner (CSU), die sich selbst vor Ort informiert hat.

Der Schutz der Betroffenen muss sehr hohe Priorität haben.

Bayerns Verkehrsministerin Ilse Aigner (CSU)

Gleichzeitig wies Aigner darauf hin, dass es sich hier um eine frühe Phase im Planungsprozess handle und keineswegs um eine Vorfestlegung auf eine konkrete Trasse. „Wenn der Ausbau kommt, muss der Schutz der Anwohner sehr hohe Priorität haben. Die betroffenen Regionen in Bayern müssen denselben Lärmschutzstandard erhalten wie die Menschen im Nachbarland Tirol“, äußerte die Ministerin ihre Erwartungshaltung gegenüber dem Bund und der Deutschen Bahn. Die Rosenheimer CSU-Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig kritisierte, der Planungsdialog sei bisher nicht in allen Gemeindeforen zur Zufriedenheit aller Beteiligten ausgefallen. Es seien Fragen offengeblieben. „Diese Hausaufgaben müssen nach wie vor gemacht werden.“

Wichtigste Nord-Süd-Bahnverbindung Europas

Die Vertreter der Deutschen Bahn betonten, dass für den Ausbau der wichtigsten europäischen Nord-Süd-Bahnverbindung zwischen Skandinavien und Mittelmeer unbedingt zwei neue Gleise gebraucht würden, um die nötigen Kapazitäten langfristig zu sichern. Wenn der Brenner-Basistunnel 2026 einsetzbar ist, rechnet man mit deutlich stärkerem Bahnverkehr. Dies ist auch politisch gewollt, um die überlastete Inntalautobahn vom Schwerverkehr zu entlasten.

Möglicherweise kommt am Ende eine Trasse heraus, die heute noch gar nicht als Idee existiert.

Martin Gradnitzer, ÖBB-Projektleiter

Der jetzt ins Auge gefasste Planungsbereich des Nordzulaufs erstreckt sich vom österreichischen Inntal, südlich von Kufstein, über Rosenheim in Richtung München. Auf deutscher Seite ist der Landkreis Rosenheim betroffen. Bis Anfang 2020 möchten die Staatsbahnen Deutschlands (DB) und Österreichs (ÖBB) im Dialog mit den 25 betroffenen Gemeinden eine Auswahl aus den zwölf Varianten getroffen haben. Sowohl für den Bereich östlich als auch westlich des Inns und auch westlich und östlich von Rosenheim gibt es Ideen für Trassenverläufe. Mehrere der Varianten würden Tunnelbauwerke nötig machen.

Offener Diskussionsprozess

„Zunächst geht es um grobe Entwürfe. Diese Planungen müssen nun in der zweiten Phase verfeinert werden und die Mitglieder in den Gemeindeforen können im Lauf des Dialogs weitere Trassenideen einbringen“, sagte Torsten Gruber, DB-Projektleiter. ÖBB-Projektleiter Martin Gradnitzer meinte: „Möglicherweise kommt am Ende eine Trasse heraus, die heute noch gar nicht als Idee existiert. Der Prozess ist offen.“ Dies habe der Verlauf der Planungs- und Diskussionsphase bei anderen Bahn-Neubaustrecken gezeigt.

Ich lege größten Wert darauf, dass wir die Menschen der betroffenen Regionen in den Diskussions- und Entscheidungsprozess einbinden.

Ilse Aigner

Ministerin Aigner unterstrich, dass sich Bayern seit jeher für einen Ausbau des Brenner-Nordzulaufs ausgesprochen habe. Eine Verlagerung von Güterverkehren auf die Schiene sei unumgänglich, weil die Kapazität auf der Straße erschöpft sei. Dies sei erst kürzlich bei der Diskussion über die „Dosierung“ des Lkw-Verkehrs mittels der umstrittenen Blockabfertigungen wieder deutlich geworden, die die Tiroler Landesregierung einseitig umgesetzt habe.

„Raumwiderstände“ definieren die Trassen

„Der Freistaat sieht nicht nur den Nutzen der Maßnahme, sondern auch die Notwendigkeit, dass sie im Einklang mit den betroffenen Regionen, den Menschen und der Natur realisiert wird“, sagte Aigner. Anhand von mit der Region festgelegten Bewertungskriterien soll jetzt der Verlauf der endgültigen Trasse gemeinsam erarbeitet werden. „Ich lege größten Wert darauf, dass wir die Menschen der betroffenen Regionen in den Diskussions- und Entscheidungsprozess einbinden“, so die Ministerin.

In der ersten Phase der Planung hatten die sechs Gemeindeforen, die den Mittelpunkt des Trassenauswahlverfahrens darstellen, einen Kriterienkatalog erstellt. Parallel dazu haben die Bahn-Planer sogenannte Raumwiderstände – also vor allem Siedlungen und Naturschutzgebiete – erhoben und die Räume dazwischen in Gestalt von Korridoren verknüpft. In diesen Bereichen finden sich nun die ersten Grobtrassen wieder. Diese Entwürfe sind der Auftakt für die Trassendiskussion in den Foren. Ein Blick auf die Karte lässt erkennen, wie aufgrund der Topographie und der Siedlungsräume Trassenabschnitte in Tunnels verlaufen könnten.