Steuernachzahlung von Apple sorgt für Diskussionen
Die EU-Kommission greift durch und verdonnert Apple zu einer Steuernachzahlung in Milliardenhöhe. Der eigentliche Nutznießer - die Republik Irland - ist von dem Finanzregen unterdessen gar nicht begeistert. Bayerns Finanzminister Söder hält die Forderungen der EU für überzogen und sieht eine Gefahr für die guten Handelsbeziehungen.
EU-Forderung

Steuernachzahlung von Apple sorgt für Diskussionen

Die EU-Kommission greift durch und verdonnert Apple zu einer Steuernachzahlung in Milliardenhöhe. Der eigentliche Nutznießer - die Republik Irland - ist von dem Finanzregen unterdessen gar nicht begeistert. Bayerns Finanzminister Söder hält die Forderungen der EU für überzogen und sieht eine Gefahr für die guten Handelsbeziehungen.

Die EU-Kommission greift in ihrem Verfahren um die Steuerpraxis des US-Elektronikgiganten Apple so hart durch wie noch nie. Mit der Forderung nach einer außergewöhnlich hohen Nachzahlung von 13 Milliarden Euro legt sie sich nicht nur mit dem reichsten Unternehmen der Welt an, sondern auch mit der Republik Irland – und sogar mit der US-Regierung.

Die Kommission hatte Apple dazu verpflichtet, Steuernachzahlungen in Höhe von 13 Milliarden Euro an den irischen Staat zu leisten. Die Apple-Europazentrale befindet sich in Irland. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager kritisierte bei der Bekanntgabe der Entscheidung die beinahe lächerlich geringe Steuersumme, die der Konzern zahlen musste: Zeitweise belief sich der Steuersatz auf 0,005 Prozent. Das heißt: Auf einen Gewinn von einer Million Euro hatte Apple nur 50 Euro Steuer entrichten müssen. Vestager ließ sich sogar zu der Äußerung hinreißen, wenn ihr Steuersatz so niedrig sei, hätte sie das Gefühl, „dass ich einen zweiten Blick auf meine Steuerrechnung werfen sollte.“

Entscheidung als Signal der Konsequenz

Die Entscheidung der Kommission ist ein Signal für die Entschlossenheit, mit der die EU den US-Internetriesen mit seiner Marktmacht und seinen Milliardengewinnen wieder zurück zu einem vernünftigen Steuerabkommen bringen will. Unterstützung für das Urteil kommt daher aus nahezu allen politischen Feldern. Der CDU-Europaabgeordnete Werner Langen etwa lobte die „mutige Entscheidung“, die Grünen freuten sich über einen „Schritt in Richtung Steuergerechtigkeit“.

Apple ist sauer – und kündigt Milliardenzahlung in den USA an

Die Apple-Führung im kalifornischen Cupertino zeigte sich hingegen erzürnt. Die kolportierte 0,005-Prozent-Quote sei „komplett aus der Luft gegriffen“, ärgerte sich Finanzchef Luca Maestri. „Wir sind der größte Steuerzahler in Irland, in den Vereinigten Staaten und in der Welt.“ Apple-Chef Tim Cook äußerte sich in der Washington Post und sagte, der niedrige Steuersatz sei der Hauptgrund gewesen, warum sich Apple überhaupt in Irland niedergelassen hatte. Zwar sei sein Konzern grundsätzlich bereit, die in Irland lagernden Geldreserven in die Heimat zu überweisen – und damit an der europäischen Steuer vorbei zu bringen. Allerdings fordert Cook auch von den USA einen niedrigeren Steuersatz für seinen Konzern.

Dennoch kündigte Cook in einem Radiointerview überraschend an, sein Konzern werde 2017 Steuern in Milliardenhöhe in den USA zahlen. Bisher hatte Apple stets ausgeschlossen, das Geld zurück in die USA zu bringen, weil dort der Steuersatz für den Konzern bei 40 Prozent liegt. Jetzt also offenbar der Sinneswandel. „Ich sage nun voraus, dass die Rückführung nächstes Jahr stattfindet“, prophezeite Cook. Sein Konzern habe „mehrere Milliarden Dollar für Zahlungen in den USA vorgesehen“. Zuletzt war spekuliert worden, dass Apple die kommenden Präsidentschaftswahlen in den USA abwarten wolle. Sowohl die demokratische Kandidatin Hillary Clinton als auch ihr republikanischer Kontrahent Donald Trump haben im Wahlkampf umfangreiche Änderungen im US-Steuersystem angekündigt.

Nutznießer Irland ist nicht begeistert – und plant Einspruch

In Europa ist das Land, das sich jetzt eigentlich über einen großen Geldregen freuen könnte, von der Entscheidung aus Brüssel jedenfalls wenig begeistert. Die irische Regierung ärgert sich sowohl über den Vorwurf, sie habe Apple unzulässige Steuervorteile gewährt, als auch über das Urteil an sich. „Irland hat Apple keine Steuervorteile gewährt“, hieß es in einer Stellungnahme der Regierung nach Bekanntgabe der EU-Entscheidung. Sämtliche fällige Steuern seien bezahlt worden und es seien keine unerlaubten staatlichen Beihilfen gewährt worden. Der Bescheid der Brüsseler Behörde solle nun im Detail geprüft werden, um einen gerichtlichen Einspruch vorzubereiten. „Es ist nicht angebracht, dass EU-Beihilfevorschriften in dieser beispiellosen Art und Weise genutzt werden“, kritisierten die Iren. Steuern seien Sache der einzelnen EU-Staaten.

Nachzahlung für Apple finanziell verkraftbar

Für Apple ist jedoch auch die Last eines 13-Milliarden-Bescheids verkraftbar. Der Konzern verfügt nicht nur über ein Geldpolster von gut 230 Milliarden, sondern schreibt auch im laufenden Geschäft außerordentlich gute Zahlen. 13 Milliarden Euro entsprechen dem Verkauf von knapp 17,5 Millionen iPhones. Alleine im ersten Quartal 2016 hat der Konzern sage und schreibe 40 Millionen iPhones verkauft.

Bayerischer Finanzminister sieht Handelsbeziehungen in Gefahr

Aus Bayern kommt derweil Verständnis für den Ärger bei Apple: Finanzminister Markus Söder übte im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung Kritik an der Entscheidung aus Brüssel – und geht von weitreichenden Konsequenzen aus. „Überzogene Forderungen bei gleichzeitigem Abbruch der Verhandlungen über das Freihandelsabkommen TTIP werden die Handelsbeziehungen massiv belasten“, sagte Söder.

Wir brauchen faire Steuerregeln, aber keinen Handelskrieg.

Markus Söder, CSU

Aus dem Bundesfinanzministerium hieß es derweil, dass auf den ersten Blick nicht davon auszugehen sei, dass sich durch die Nachforderungen irgendwelche Auswirkungen auf Deutschland ergeben könnten. „Die zuständigen deutschen Behörden prüfen jetzt die Auswirkungen der Entscheidung der EU-Kommission“, sagte ein Sprecher in Berlin. In der Vergangenheit habe es bei vergleichbaren Fällen keine Auswirkungen auf Deutschland gegeben.