Der Brexit wird Deutschland vermutlich Milliarden kosten. (Bild: Imago/Gerhard Leber)
Brexit

Mehr Demokratie, weniger Bürokratie

Im Interview mit der Welt erklärt der bayerische Finanzminister Markus Söder, was nach dem Referendum in Großbritannien zu tun ist, um die wirtschaftliche Stabilität zu wahren. Seine Prognose: ein Brexit wird Deutschland Milliarden kosten. Die Schuld für den Ausgang des Referendums sucht er bei den Brüsseler Institutionen und der bürgerfernen EU-Bürokratie.

Großbritannien ist für Bayern der zweitwichtigste Handelspartner. Um die wirtschaftliche Stabilität zu wahren, geht es nach der Meinung des bayerischen Finanzministers Markus Söder darum, zunächst zu klären, wie das Land Zugang zum Binnenmarkt behalten könne. Deshalb müssten nicht nur die Brüsseler Bürokraten, sondern in erster Linie die Nationalstaaten diskutieren. Das erklärte er im Interview mit der Welt.

Wir brauchen jetzt sicher keine stärkere Vertiefung der EU oder noch mehr Zentralisierung – das wäre der falsche Weg. Dann gehen uns noch mehr Bürger von der Europa-Fahne.

Markus Söder, Bayerischer Finanzminister

Was kostet der Brexit?

Söder prophezeit gegenüber der Welt, dass auf Deutschland eine Milliarde Euro zusätzliche Beitragszahlungen zukommen könnten. Er befürchtet, die bisherigen britischen Beitragszahlungen könnten auf Deutschland und die übrigen Netto-Zahlerländer übertragen werden. Das würde auch die Akzeptanz der EU in Deutschland gefährden. Sparen – so lautet sein Credo. Auch die Gewichte dürfen sich nicht verschieben.

Wir haben nun mehr Mittelmeer und weniger Nordsee in der EU. In Südeuropa gibt es andere Auffassungen von Solidität als bei uns. Die Stabilitätspolitik aber ist nicht verhandelbar.

Markus Söder, Bayerischer Finanzminister

Referendum – direkte Demokratie oder Gefahr?

Die CSU tritt seit jeher für mehr direkte Demokratie ein. Die Welt stellt nun die Frage, ob das Referendum die Gesellschaft gespalten habe. Söder glaubt allerdings nicht, dass das Ergebnis auf Bürgerbeteiligung, sondern auf ein Versagen der EU zurückzuführen ist. Brüssel müsse endlich die wirklich großen Herausforderungen lösen. Dazu gehöre die wirksame Sicherung der EU-Außengrenzen und eine Begrenzung der Flüchtlingskrise.

Es braucht deutlich mehr Demokratie und weniger Bürokratie. Wir sind begeisterte Europäer, und deshalb streiten wir für eine bessere EU.

Markus Söder, Bayerischer Finanzminister

Die nüchterne Reaktion von Bundeskanzlerin Angela Merkel auf den Brexit lobt der Finanzminister. Seiner Meinung nach habe die Kanzlerin mit ihrer Flüchtlingspolitik nicht den Ausgang des Referendums beeinflusst, sondern es wäre vor allem um die Einwanderung von EU-Ausländern sowie illegale Immigration gegangen.

(Welt/AS)