Der Flughafen München mit der geplanten dritten Startbahn in orange. (Bild: W. Hennies/Flughafen München GmbH)
Dritte Startbahn

Die Entscheidung liegt bei den Bürgern

Ministerpräsident Horst Seehofer will die Bevölkerung bei der Entscheidung um den Bau einer dritten Startbahn am Münchner Flughafen mit einbinden. Ein erneuter Bürgerentscheid könnte die Blockade auflösen, die das Votum im Juni 2012 ausgelöst hat. Aber auch eine Volksbefragung oder einen Volksentscheid hält Seehofer für möglich.

Im Interview mit dem Bayernkurier (lesen Sie hier das Interview) kündigte Seehofer an, die Bürger Münchens über den Bau einer dritten Startbahn am Münchner Flughafen entscheiden zu lassen. „Ich möchte, dass wir ein Verfahren finden, dass wir dann, wenn die Entwicklung der Starts und Landungen am Flughafen dies rechtfertigt, die Bevölkerung noch einmal entscheiden lassen. Im Fall einer solchen politischen Lösung bekommen wir eine Entscheidung in absehbarer Zeit“, so der Ministerpräsident. Die Alternative sei eine streitige Auseinandersetzung vor Gericht, die Jahre dauern würde. „Jetzt frage ich mich, was ist besser? Am Ende wird es auch hier darauf ankommen, die Menschen mit Argumenten zu überzeugen und nicht mit dem Schlachtruf ‚mia san mia‘ über deren Köpfe hinweg zu entscheiden“, sagte Seehofer weiter.

Ich möchte, dass wir ein Verfahren finden, dass wir dann, wenn die Entwicklung der Starts und Landungen am Flughafen dies rechtfertigt, die Bevölkerung noch einmal entscheiden lassen.

Horst Seehofer

Politik fühlt sich an Bürgerentscheid von 2012 gebunden

Bei einem Bürgerentscheid in München 2012 hatte eine Mehrheit gegen eine dritte Startbahn gestimmt. Nur ein Drittel der Wahlberechtigten hatte an der Abstimmung teilgenommen, inzwischen ist er juristisch nicht mehr bindend. Seehofer sagte, die Münchner Politiker fühlten sich aber zu Recht immer noch an diesen Bürgerentscheid gebunden. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und Bürgermeister Josef Schmid (CSU) betonen stets, dass sie sich politisch und moralisch dem negativen Votum verpflichtet fühlen. Nur ein erneuter Bürgerentscheid in München könne den Weg frei machen. Laut Süddeutscher Zeitung muss bei Reiter dafür aber die Zahl der Starts und Landungen über einen signifikanten Zeitraum, „etwa ein, zwei Jahre“, ansteigen.

Hubers Vorstoß erinnert an alte Zeiten

Der frühere Parteichef Erwin Huber hatte der Süddeutschen Zeitung am Wochenende gesagt, er müsse eine Popularklage vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof erwägen, sollte es in München wieder ein Bürgerbegehren oder einen Bürgerentscheid geben. Huber erklärte vor der Parteivorstandssitzung am Montag dann allerdings, er wolle lieber den versprochenen Dialog. Dennoch sprach er einem Bürgerentscheid in München die juristische Legitimation wegen verschiedener Verstöße gegen die Gemeindeordnung ab und bezog sich dabei auf zwei Jura-Professoren, die die rechtlichen Voraussetzungen für einen neuen Bürgerentscheid für nicht gegeben hielten. Schließlich könne man auch bayernweit darüber abstimmen lassen, ob die Bevölkerung lieber einen Münchner Konzertsaal oder statt dessen Theaterförderung in Nürnberg, Augsburg, Ingolstadt und Landshut wolle. Spätestens hier fühlte sich die große Mehrheit der Teilnehmer an der heutigen CSU-Vorstandssitzung an längst vergangene Zeiten erinnert und machten deutlich, dass Huber mit seinem Verfahrensvorschlag alleine dasteht. Unter den anwesenden Fraktionskollegen herrschte bezüglich der Notwendigkeit der Einbeziehung der Bürger Einigkeit. Man müsse gute Argumente sprechen lassen und dürfe keine Drohkulissen aufbauen. Mit CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer hatte Seehofer schon im Vorfeld diesbezüglich Einigkeit erzielt, weitere Gespräche mit den Landtagsabgeordneten stehen an.

Sehen Sie hier das Statement von Horst Seehofer im Video:

Statement Horst Seehofer auf BR24

Quelle: Bayerischer Rundfunk

Seehofer: Ohne die Bevölkerung geht es nicht

CSU-Chef Seehofer distanzierte sich klar von den Aussagen seines Vorgängers im Amt und machte klar: „Mit mir wird es einen solchen Politikstil nicht geben.“ In seiner „Koalition mit den Bürgern“ sei die Einbindung der Bevölkerung in derart weitreichenden Fragen „selbstverständlich und unerlässlich.“ Politiker dürften niemals die Debatte mit der Bevölkerung scheuen, betonte der CSU-Chef, ganz im Gegenteil, er suche den Dialog mit den Menschen: „Wir Politiker haben unser Mandat der Bevölkerung zu verdanken. Da ist es doch selbstverständlich, dass wir uns auch deren Argumente anhören. Positive wie negative.“

Eine Politik getreu dem Motto ‚Man darf die Frösche nicht fragen, wenn man einen Teich trocken legt‘ halte er für absolut falsch. Eine derartige Politik hätte unter anderem auch zu den hohen Verlusten der CSU bei der Landtagswahl 2008 geführt. Eine der Grundlagen für den Erfolg der Landtagswahl 2013 mit dem Rückgewinn der absoluten Mehrheit in Bayern war laut Seehofer auch die von ihm ausgerufene „Koalition mit den Bürgern“. Aktive Bürgerbeteiligung sei der „zentrale Baustein moderner Politik“, betonte der CSU-Chef, der mit insgesamt sechs Basisdialogen in ganz Bayern derzeit intensiv mit der Basis im Austausch steht. Der Ministerpräsident machte in der heutigen Sitzung auch deutlich, dass es keine juristische, sondern nur eine politische Lösung geben dürfe. Tricks jeder Art seien ausgeschlossen. „Ich bin sicher, dass es so kommt“, betonte Seehofer. Einen Rücktritt, wie es ein Medienhaus fälschlicherweise meldete, hatte er im Übrigen gewiss nicht angedroht.

Am Ende wird es auch hier darauf ankommen, die Menschen mit Argumenten zu überzeugen und nicht mit dem Schlachtruf ‚mia san mia‘ über deren Köpfe hinweg zu entscheiden.

Horst Seehofer, Bayerischer Ministerpräsident

Rekordgewinn für den Flughafen

Das Luftverkehrs-Drehkreuz München ist mit über 33.000 Beschäftigten einer der größten Arbeitgeber Bayerns. Der Freistaat Bayern, der Bund und die Stadt München als Eigentümer erwirtschafteten im vergangenen Jahr einen Rekordgewinn von 135 Millionen Euro nach Steuern. Der Bau einer dritten Startbahn würde nicht vom Steuerzahler, sondern allein vom Flughafen bezahlt und könnte „unter günstigsten Voraussetzungen“ in fünf Jahren in Betrieb gehen, sagte Flughafenchef Michael Kerkloh. Ein wesentliches Kriterium für den geplanten Ausbau ist die Entwicklung bei den Flugbewegungen.

(AS/avd/mas)