Wurde mit großem Applaus und einem Blumenstrauß verabschiedet: Landtagspräsidentin Barbara Stamm. (Foto: avd)
Barbara Stamm

Die Marathonfrau der CSU

Landtagspräsidentin Barbara Stamm hat auf dem CSU-Parteitag in Nürnberg nicht mehr als stellvertretende Parteivorsitzende kandidiert. Parteichef Horst Seehofer persönlich würdigte dort zum Abschied die Arbeit der Sozialpolitikerin.

CSU-Chef Horst Seehofer würdigte seine Stellvertreterin zum Abschied in Nürnberg so: „Barbara, Du bist ein Stück Seele unserer Partei.“ Fast ein Vierteljahrhundert sei sie in der Führungsspitze der Partei. „Gefühlt ist es eine Ewigkeit, und wir haben Dir auch unendlich viel zu verdanken“, so Seehofer weiter. „Anstand, Kameradschaft, Fairness, Respekt, Loyalität, Toleranz, Haltung – bei Dir sind diese Begriffe mit Leben erfüllt.“

Politik mit Herz und Verstand

„CSU, das war immer Politik mit Herz und Verstand. Du hast in Berlin wie eine Löwin dafür gekämpft, dass wir die Mütterrente weiter ausbauen können – das verstehe ich unter CSU-Politik mit Herz. Und Du hast mit einem klugen Kompromissvorschlag, nämlich dass wir mit Müttern mit drei Kindern und mehr beginnen, erreicht, dass unsere Verhandlungspartner die Mütterrente akzeptieren – das ist CSU-Politik mit Verstand. Beides gehört in der Politik zusammen, und beides verkörpert Barbara Stamm.“

Du bist eine kraftvolle Stimme jener Menschen, die sich gern selbst helfen würden, aber nicht können.

Horst Seehofer, über Barbara Stamm

Wenn das CSU-Motto „näher am Menschen“ für jemanden zutreffe, dann für Stamm. „Du hast für jeden ein offenes Ohr. Du kennst die Sorgen und Nöte der einfachen Menschen. Du bist eine kraftvolle Stimme jener Menschen, die sich gern selbst helfen würden, aber nicht können“, lobte Seehofer. Bei Erfolgen sei die Politikerin „nie abgehoben“, nach Niederlagen sei sie „stark geblieben“.

Immer voraus

„Du warst mir immer einen Schritt voraus. Als ich 1980 in den Bundestag einzog, warst Du schon vier Jahre im Bayerischen Landtag“, so der Ministerpräsident augenzwinkernd. „Als ich 1989 Staatssekretär bei Norbert Blüm wurde, warst Du schon zwei Jahre Sozialstaatssekretärin in Bayern. 1993 bist Du stellvertretende Parteivorsitzende geworden, bei mir war es erst 1994 soweit. Und Du warst schon Stimmenkönigin der CSU, als ich von solchen Ehrentiteln allenfalls träumen durfte.“ Er beneide sie um vieles. „Du giltst als das soziale Gewissen der CSU, soweit hat es ein Horst Seehofer nicht gebracht. Vor allem aber bist Du regelmäßig die beliebteste Politikerin Bayerns, was sicherlich jeder von uns gern einmal gewesen wäre.“

Du bist die Marathonfrau der CSU.

Horst Seehofer, über Barbara Stamm

Auch die Arbeit im Landtag würdigte Seehofer. „Du bist die Marathonfrau der CSU. 41 Jahre im Landtag. Da kann nur noch Thomas Goppel mithalten!“ Der Ministerpräsident überreichte Stamm einen großen Blumenstrauß mit den Worten „Liebe Barbara, die CSU verneigt sich vor Dir in tiefer Dankbarkeit. Vergelt´s Gott!“

Ein echter Werdegang

Stamm war seit 1993 ununterbrochen Stellvertreterin – der vier Parteivorsitzenden Theo Waigel, Edmund Stoiber, Erwin Huber und Horst Seehofer.

Die gelernte Erzieherin, 1944 als Barbara Stocker in Bad Mergentheim geboren, zog 1976 erstmals als nachrückende Abgeordnete in den Landtag ein und erzielte seitdem Spitzenergebnisse. Bei der Landtagswahl 2008 errang sie als einzige Listenkandidatin des Wahlkreises Unterfranken für die CSU ein Mandat, auch 2013 schaffte sie es über die Liste in den Landtag mit 217.083 Zweitstimmen. Nur Ministerpräsident Seehofer, zugleich Direktkandidat und angetreten im bevölkerungsreichsten Bezirk Oberbayern, hatte mit 669.629 Zweitstimmen mehr. Bei den Umfragen zum BayernTREND lag Stamm immer wieder vorn: 2014 und 2015 landete sie auf Platz 1, 2016 hinter Münchens OB Dieter Reiter auf Platz 2 und 2017 mit ihm gleichauf auf Platz 1 der beliebtesten bayerischen Politiker.

Politik im Blut

Stamm ist seit 1969 Mitglied der CSU, war von 1972 bis 1987 Würzburger Stadträtin. Von 1989 bis 2000 leitete sie die Familienkommission der CSU. Von 1987 bis 1994 war sie Staatssekretärin im Arbeits- und Sozialministerium, von 1994 bis 2001 Sozial- und Gesundheitsministerin im Kabinett Stoiber. „Der Ausbau des Landeserziehungsgeldes, der bayerische Behindertenplan oder die Gründung der Messe Consozial, die mittlerweile die größte Sozialmesse in Deutschland ist, das sind nur einige wichtige Meilensteine aus diesen Jahren“, sagte sie über diese Zeit kürzlich der Mainpost. Von 1998 bis 2001 war Stamm auch stellvertretende Ministerpräsidentin und von 1993 bis 2001 Frauenbeauftragte der Staatsregierung. 2001 trat sie wegen des BSE-Skandals als Ministerin zurück. 2003 wurde sie Vizepräsidentin des Landtags, 2008 Präsidentin. Ob Barbara Stamm bei der Landtagswahl 2018 erneut antritt, ließ sie auch in der Mainpost am 15. Dezember noch offen.

Das soziale Gewissen

Zugleich war und ist „das soziale Gewissen der CSU“ in vielen Gremien und Verbänden tätig, darunter als Vorsitzende der Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung in Bayern. Sie engagiert(e) sich im Familienbund der Katholiken, der Schwangerenberatung, der rumänischen Kindernothilfe und als Schirmherrin der Aktion Knochenmarkspende Bayern. Stamm ist verheiratet und Mutter von drei Kindern. Auch ihre Tochter Claudia ist Landtagsabgeordnete, vormals bei den Grünen, seit 2017 als Parteilose. Berühmt wurde Barbara Stamm auch bei der „Fastnacht in Franken“: Dort wurde ihr von 1989-2007 jeweils ein neues Lied der „Gebrüder Narr“ gewidmet, das „blaue Klääd“. Ihr wurde das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen, der Ehrenring der Stadt Würzburg, der Bayerische Verdienstorden und die Bayerische Verfassungsmedaille in Gold.

Unterfranken dankt

Der unterfränkische CSU-Bezirksvorsitzende Gerhard Eck würdigte sie so: „Unsere Barbara stand stets in vorderster Front bei wichtigen Weichenstellungen und bei Koalitionsverhandlungen wie auch aktuell bei den Sondierungsgesprächen in Berlin. Sie setzte sich stets für die Anliegen der Frauen und der sozial Schwachen ein.“ Der nahezu vollzählig versammelte Bezirksvorstand dankte Barbara Stamm mit minutenlangem Applaus für ihr Engagement in der CSU und für ihre Heimat Unterfranken.