Finanz-Staatssekretär Hartmut Koschyk (l.) mit Bundeskanzlerin Angela Merkel auf der Regierungsbank (Foto: CSU/Büro Koschyk)
Hartmut Koschyk

Sternstunden und dunkle Tage

Gastbeitrag Einige CSU-Bundestagsabgeordnete treten am 24. September nicht mehr zur Wahl an. Sie blicken auf Jahrzehnte intensiver Arbeit für die Bürger zurück. Für den BAYERNKURIER schildern sie ihre Sternstunden im Bundestag. Heute: Hartmut Koschyk.

Im September werde ich bei den Bundestagswahlen nicht mehr kandidieren und nach dann 27 Jahren Mitgliedschaft aus dem Deutschen Bundestag ausscheiden. Im September 1990 wurde ich im Alter von erst 31 Jahren erstmals über die CSU-Landesliste in den ersten gesamtdeutschen Bundestag nach der Wiedervereinigung gewählt. Ab 1994 kandidierte ich dann als Direktkandidat der CSU für den Wahlkreis Bayreuth/Forchheim. In Demut bin ich dankbar, dass ich fast drei Jahrzehnte, unter anderem als innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, als Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, als Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen und als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, unserm Land dienen konnte.

Sternstunde: Papst Benedikt 2011 im Bundestag

Eine meiner „Sternstunden“ im Deutschen Bundestag war sicherlich, als ich am 22. September 2011 in meinem damaligen Amt als Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen die Rede von Papst Benedikt XVI. im Deutschen Bundestag von der Regierungsbank aus mitverfolgen konnte, da Bundesfinanzminister Schäuble an diesem Tag bei der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds in Washington war. Noch heute bin ich tief bewegt von den Worten des Heiligen Vaters, der dazu aufforderte, die Wahrung der Gerechtigkeit in allem politischem Bemühen nicht aus den Augen zu verlieren.

Die Mahnung des Heiligen Vaters, sich an die geistig-religiösen Grundlagen Europas zu erinnern, sollten gerade in unserer heutigen Zeit großer Herausforderungen ein Kompass für alle Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft in Deutschland und Europa sein.

Hartmut Koschyk

Zurecht legte Papst Benedikt XVI. dar, dass die Kultur Europas aus dem Gottesglauben Israels, der philosophischen Vernunft der Griechen und dem Rechtsdenken Roms entstanden ist. Im Bewusstsein der Verantwortung des Menschen vor Gott und in der Anerkenntnis der unantastbaren Würde eines jeden Menschen wurden Maßstäbe des Rechts gesetzt, die es zu verteidigen gilt, so Papst Benedikt XVI. Die Mahnung des Heiligen Vaters, sich an die geistig-religiösen Grundlagen Europas zu erinnern, sollten gerade in unserer heutigen Zeit großer Herausforderungen ein Kompass für alle Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft in Deutschland und Europa sein. Ich bin überzeugt, dass alle, die im Vorfeld Kritik an dem Auftritt von Papst Benedikt XVI. im Deutschen Bundestag geübt hatten, sich nach seiner Rede beschämt vorgekommen sein mussten.

Islamistischer Terror in Deutschland angekommen

Meine „schwärzeste Stunde“ als Mitglied des Deutschen Bundestages war sicherlich, als ich vom Terroranschlag auf dem Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz am 19. Dezember 2016 erfahren habe und allen Menschen in unserem Land bewusst wurde, dass der islamistische Terrorismus auch vor unserem Land keinen Halt macht. Zwölf Menschen, die sich auf das bevorstehende Weihnachten freuten und Pläne für die Feiertage hatten, wurde durch diese grausame und letztlich unbegreifliche Tat das Leben geraubt. Mehr als 40 weitere Menschen wurden verletzt, kämpften um ihr Leben oder um ihre Gesundheit. Gerade so kurz vor Weihnachten, dem Fest der Besinnung und Liebe, war der Terroranschlag ein schrecklicher Schlag gegen unsere Gesellschaft.

Den Terroranschlag vor Augen gilt es aber gerade jetzt umso mehr, dass wir uns in Deutschland nicht von dem Hass, den solche Täter säen, anstecken lassen.

Hartmut Koschyk

Der Gedenkgottesdienst für die Opfer vom Breitscheidplatz in der Gedächtniskirche hat mich tief bewegt, umso mehr, da nur eine Woche zuvor zwei Besuchergruppen aus meinem Wahlkreis Bayreuth-Forchheim eben diesen Weihnachtsmarkt besucht hatten. Den Terroranschlag vor Augen gilt es aber gerade jetzt umso mehr, dass wir uns in Deutschland nicht von dem Hass, den solche Täter säen, anstecken lassen. Ich bin überzeugt, dass die Menschen in Berlin und Deutschland die Kraft finden, auch weiterhin frei von Angst miteinander in unserem Land zu leben. Die Bundesregierung muss weiterhin in Ruhe und Besonnenheit prüfen, wie unsere Sicherheitsvorschriften verbessert werden können. Die zwischen den zuständigen Bundesministerien erzielte Verständigung über weitere Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung sind dabei erste Schritte, die in die richtige Richtung weisen.

Koschyk oder Koschnick?

Das „witzigste Erlebnis“ in meiner Zeit als Abgeordneter des Deutschen Bundestages war sicherlich, dass ich mehrfach mit dem verstorbenen Bundestagsabgeordneten der SPD-Fraktion, Beauftragten der Bundesregierung für Flüchtlingsrückkehr, Wiedereingliederung und rückkehrbegleitenden Wiederaufbau in Bosnien-Herzegowina sowie EU-Administrator der Stadt Mostar in Bosnien-Herzegowina, Hans Koschnick, wegen der Namensähnlichkeit verwechselt wurde, der in den Jahren von 1987 bis 1994 dem Deutschen Bundestag angehörte. So kam es beispielsweise mehrfach vor, dass mir versehentlich Rechnungen der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft zugesandt wurden.

Gerne erinnere ich mich auch an nachfolgende Begebenheit: In der Zeit, als Hans Koschnik das Amt des EU-Administrators der Stadt Mostar in Bosnien-Herzegowina inne hatte, besuchte ich einmal in meinem Wahlkreis ein Seniorenheim, wo eine ältere Dame, die in den Radio-Nachrichten an diesem Tag einen Bericht über die Tätigkeit Koschnicks in Mostar gehört hatte, mich mit großen Augen anschaute und mich mit den Worten begrüßte: „Wie machen Sie das bloß? Heute früh waren Sie noch in Bosnien und jetzt besuchen Sie uns im Seniorenheim!“