Volles Haus und angeregte Diskussion beim CSU-Basisdialog in Bamberg mit Parteichef Seehofer. (Foto: Nikky Maier)
Basisdialog

Kein Blatt vor dem Mund

Rund 300 engagierte CSU-Mitglieder waren nach Bamberg gekommen, um vier Monate vor der Bundestagswahl mit Parteichef Seehofer und Generalsekretär Scheuer alle aktuellen Themen zu besprechen: Von Abtreibung bis Zuwanderung war alles dabei.

„Nehmen Sie kein Blatt vor den Mund“, forderte CSU-Parteichef Horst Seehofer die Basisvertreter auf, die ins Bamberger Kongresszentrum gekommen waren, um am Beginn des Bundestagswahlkampfs mit der Parteispitze über alle aktuellen Themen zu diskutieren. Und so kam es auch: Die rund 300 engagierten Parteimitglieder – größtenteils aus Nordbayern – löcherten die Führung geradezu mit ihren Fragen: den Ministerpräsidenten, den Generalsekretär Andreas Scheuer und die zahlreichen anwesenden Landes- und Bundesminister, Staatssekretäre sowie viele weitere Mandatsträger.

Die Lebensqualität folgt den Bildungsangeboten.

Horst Seehofer

„Nie ging es Bayern so gut wie derzeit“, begann Seehofer seine kurze Rede zu Beginn des Basisdialogs. „Wenn man sagt ,Bayern blüht‘, dann applaudieren die Menschen. Das ist das Verdienst aller Bürger.“ Noch nie sei die Arbeitslosigkeit in Bayern so niedrig gewesen wie nach den neuesten Zahlen, in allen Regierungsbezirken liege die Quote jetzt unter 4,0, so Seehofer. Mit der soeben beschlossenen Stärkung der Uni-Standorte Nürnberg – mit 5000 bis 6000 Studienplätzen am Anfang – und Erlangen seien entscheidende Weichen für bessere Lebensqualität im Norden Bayerns gestellt worden. „Die Lebensqualität folgt den Bildungsangeboten. Nürnberg, die zweitgrößte Stadt Bayerns, wird damit erstmals Universitätsstandort“, sagte Seehofer unter dem Beifall der Basisvertreter.

Im Fokus: Sicherheit und Zuwanderung

Entscheidend für den Erfolg der CSU seien drei Faktoren, betonte Seehofer: Erstens das Vertrauen der Bevölkerung, also nicht mehr zu versprechen, als man einlösen kann, zweitens „Deutschland muss Deutschland bleiben“ und drittens: „Bayern zuerst“. Dazu gehöre zentral die Innere Sicherheit, auf die die CSU und Bayern unter dem Motto „Sicherheit durch Stärke“ ganz besonders viel Wert legen.

Mehr als 200.000 Zuwanderer aus Drittstaaten können in Deutschland pro Jahr nicht integriert und versorgt werden.

Horst Seehofer

Der CSU-Chef begründete die Nominierung von Joachim Herrmann zum Bundestags-Spitzenkandidaten mit der zentralen Bedeutung der Themen Innere Sicherheit und Zuwanderung. „Wir haben in Bayern den besten und bekanntesten Innenminister Deutschlands. Wir brauchen Leute an der Spitze der Liste, die mit ihrer Person unser Wahlprogramm verkörpern.“ Auch in kontroversen Debatten könne Herrmann glaubwürdig aus seiner Erfahrung berichten, wie und warum es Bayern besser mache.

Wichtig ist laut Seehofer nach wie vor auch eine Begrenzung und Steuerung der Zuwanderung, denn mehr als 200.000 Zuwanderer aus Drittstaaten jedes Jahr könnten nicht integriert und versorgt werden. Die CSU-Parteimitglieder forderten in diesem Zusammenhang ein Einwanderungsbegrenzungsgesetz, ein Zuwanderungsministerium und die Bekämpfung der Kriminalität im Umfeld von Flüchtlingseinrichtungen, die häufig nicht angezeigt werde.

Auch die Leitkultur spielte in der Diskussion eine Rolle. „Stolz auf die deutsche Kultur und Sprache“, das forderte interessanterweise ein aus China stammendes CSU-Mitglied ein.

Weniger Steuern, weniger Bürokratie

Weiter ging es mit Wirtschaft und Finanzen: Die Steuerbelastung müsse sinken, der Soli müsse 26 Jahre nach der deutschen Einheit abgeschafft werden. Die CSU werde sich gegen unverantwortliche Umverteilungspolitik stemmen, um den sozialen Zusammenhalt nicht zu untergraben, versprach der Ministerpräsident. Die Mitglieder forderten eine spürbare Steuerentlastung der Mittelschicht, des Mittelstandes und für Familien mit Kindern. Auch eine höhere Attraktivität von Handwerksberufen solle von der Politik angestrebt werden. Ein weiteres wichtiges Thema war das Wirtshaus-, Bäcker- und Metzgersterben, das vor allem auf die Mindestlohn-Bürokratie von SPD-Ministerin Nahles zurückzuführen sei: „Das ist ein Wahnsinn, was da verbrochen worden ist.“ Kleine Handwerksbetriebe könnten diese Bürokratieanforderungen nicht so ertragen wie Großbetriebe. Ein Mittelständler beklagte die hohen Strompreise wegen der EEG-Umlage, die mittelständischen Unternehmen die „Luft zum Atmen“ nehme.

Das ist ein Wahnsinn, was da verbrochen worden ist.

CSU-Mitglied, zum Mindestlohn

Bayerns Finanzminister Markus Söder unterstrich, dass die Steuerentlastung neben der inneren Sicherheit der Punkt sei, an dem sich Union und linke Parteien diametral widersprechen, auch gesellschaftspolitisch. „Das ist typisch CSU: Lasst das Geld bei denen, die es verdient haben.“ Dagegen meine Rot-Rot-Grün, das Geld müsse grundsätzlich zum Staat, der das Geld dann möglichst nach ideologischen Gesichtspunkten verteile. SPD und Grüne beschäftigten derzeit sogar Arbeitsgruppen, die sich neue Staatseinnahmen und -ausgaben überlegten, die man im Wahlkampf versprechen könne. Söder lehnte dieses Denken ab und betonte: „In Zeiten der Rekordsteuereinnahmen muss der Staat lernen, mit dem auszukommen, was er hat.“

Das ist typisch CSU: Lasst das Geld bei denen, die es verdient haben.

Markus Söder, Finanzminister

Sozialministerin Emilia Müller betonte, die CSU wolle neben dem Ehegattensplitting ein Kindersplitting, um die Familien mit Kindern noch besser zu entlasten. Seehofer betonte, sozialpolitisch werde die CSU in der nächsten Legislatur die Förderung von Familien in den Mittelpunkt stellen, sei es durch die Gleichstellung der Mütter, die vor 1992 entbunden haben mit den jüngeren Müttern bei der Mütterrente oder durch ein neues Baukindergeld, das die Schaffung von Wohneigentum fördert.

Keine Gender-Lehrpläne

Der Wunsch eines anderen Mitglieds war Widerstand gegen die „menschenfeindliche Gender-Ideologie“. Kultusminister Ludwig Spaenle versprach, dass die Gender-Ideologie, weil sie dem christlichen Menschenbild und dem freiheitlich-humanen Gesellschaftsentwurf zentral widerspreche, nicht in bayerische Lehrpläne eingehen werde. Allerdings gebe es neuerdings geschlechtsspezifische Förderung, wie etwa getrennten naturwissenschaftlichen Unterricht, um die hier etwas benachteiligten Mädchen besser zu fördern.

Gefordert wurde auch eine klare Positionierung der CSU gegen Abtreibung. CSU-Chef Seehofer sagte zu, dass die CSU erstmals ein Grußwort beim nächsten Marsch für das Leben in Berlin schreiben werde.

Weiter sprachen die CSU-Mitglieder die schlechte Vergütung und schwierige Situation von Berufsbetreuern an, forderten mehr Männer im Grundschullehramt sowie die Förderung des Ehrenamtes etwa bei Sportvereinen, weil sich sonst niemand mehr engagiere.

Bevormundung nicht mit der CSU

Ein Mitglied äußerte Bedenken, ob Führerschein-Nachprüfungen für Senioren eingeführt werden können. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt betonte, es komme „überhaupt nicht in Frage“, Senioren beim Führerschein zu diskriminieren. „Fahrsicherheit ist keine Frage des Alters“, betonte der Minister. Die Grünen forderten sogar regelmäßige Führerscheinprüfungen für Senioren, kritisierte Dobrindt. „Immer wieder kommen Debatten auf, die darauf hinauslaufen, die Bürger zu bevormunden. Das lassen wir nicht mit uns machen“, betonte der Minister.