Anstich des Maibock im Hofbräuhaus München, April 2015. (Bild: Imago/Michael Westermann)
Erwin Huber

Vom Wadlbeißer zum Kämpfer

Er scheut keine Konflikte mit dem Ministerpräsidenten, verteidigt seinen Posten auch auf kleiner Bühne und genießt nicht nur im heimischen Niederbayern hohes Ansehen. Der ehemalige CSU-Parteichef Erwin Huber feiert am 26. Juli seinen 70. Geburtstag. Über zwei Drittel seines Lebens stellte er in den Dienst der CSU.

Wer sich zum Interview mit Erwin Huber trifft, sollte wetterfest gekleidet sein. Für die Filmaufnahme schlägt Huber den Park gleich neben dem Maximilianeum vor. Dass es regnet, stört ihn nicht. Schließlich geht es um die neue Zukunftsstrategie für den Alpenraum, da passe doch Natur im Hintergrund. „Ihr jungen Leute seid immer so zimperlich, frische Luft tut doch gut“, sagt Huber und schließt nach dem Videointerview gleich noch einen Spaziergang an, ohne Schirm.

Heute feiert Erwin Huber seinen 70. Geburtstag im niederbayerischen Reisbach. In der Süddeutschen Zeitung wird er als „Haudegen aus Überzeugung“ betitelt, im Münchner Merkur vergleicht ihn der Autor mit einem „Umspannwerk“. Huber, der leise und unbeachtet vor sich hinbrumme und dabei große Spannungen in kleinere verwandele, aber auch Blitze erzeuge, die bei anderen die Sicherung durchbrennen ließen. Das bleibt wohl nicht aus, bei fast 40 Parlamentsjahren im Bayerischen Landtag.

„Vom Ministrant zum Minister“

Für die CSU vertritt er seit rund 50 Jahren Werte und Überzeugungen. Seine politische Laufbahn startete er (mehr oder weniger) als 21-jähriger Bezirks- und Kreisvorsitzender der Jungen Union. Das war Ende der 1960er Jahre. Von da an arbeitete er sich zielstrebig nach oben, aus ärmsten Verhältnissen über das Abendgymnasium zur Universität und schließlich in höchste Staatsämter. Von 1988 bis 1994 wurde er als CSU-Generalsekretär auch als „Wadlbeißer“ bezeichnet. Das ist heute nicht mehr so.

Im September 2007 setzte er sich mit 58 Prozent der Stimmen gegen Horst Seehofer zum CSU-Vorsitzenden durch. Seine Karriere beschrieb er selbst gern als Laufbahn „Ministrant zum Minister“. Doch ein Jahr später folgte nach den miserablen Ergebnissen für die CSU bei der Landtagswahl 2008 Hubers Rücktritt. Seine Konsequenz ist außergewöhnlich. Huber übernimmt kein Aufsichtsratsmandat, keine Pension, keinen Posten, der ihm viel Geld bringt. Er schuftet weiter als Abgeordneter, als Vorsitzender des wichtigen Wirtschaftsausschusses. Gegenüber dem Münchner Merkur beschreibt er seine Entscheidung als selbstverständlich: „Ich begreif`s als Dienst.“

Wenn`s halt nicht im Kardinalsrang geht, mach`ma als Weihbischof weiter.

Erwin Huber, ehemaliger CSU-Chef

2013 kandidierte er erneut für den Landtag. Entgegen Vermutungen behielt er auch den Vorsitz des Wirtschaftsausschusses. Dabei setzte er sich gegen den jungen Abgeordneten Martin Schöffel durch. Doch gerade von den Jüngeren verstand Huber letztendlich einige auf seine Seite zu bringen und gewann die Fraktions-Abstimmung mit 49:47 Stimmen.

Keine Scheu vor Auseinandersetzungen

Huber ist dafür bekannt, dass er vor Auseinandersetzungen mit dem Ministerpräsidenten in der Sache nicht zurückschreckt. Sei es in Puncto Energiewende oder dritte Startbahn. Eine Volksbefragung hält Huber hier für nicht zielführend. Er plädierte gegenüber der Welt für konsequente politische Führung.

Es ist nicht alles im Konsens durchzusetzen, man muss auch mal sich hinstellen.

Erwin Huber, ehemaliger CSU-Chef

Trotz gelegentlicher Meinungsverschiedenheiten, die entgegen der Meinung mancher Medien für eine große Volkspartei wie auch die CSU völlig normal sind, nimmt Seehofer den Parteikollegen noch oft und gerne mit nach Berlin. Er zählt auf sein Urteil und seine Kompetenz bei Verhandlungen zur Wirtschafts- und Finanzpolitik. Zur Geburtstagsfeier kann er nicht kommen, weil das Kabinett am Tegernsee zu Fragen der Inneren Sicherheit tagt.

Dass Huber auch 2018 wieder für den Landtag kandidiert und damit Seehofer politisch sogar überleben könnte, hat er gegenüber der Süddeutschen Zeitung verneint. Er wolle „nicht als seniler Greis im Landtag rumschlurfen“. Selbst den CSU-Ehrenbezirksvorsitz – den ihn Parteifreunde antrugen – lehnte er ab. Dabei gehörte es mitunter zu seiner größten Freunde, dass mit seinem persönlichen Aufstieg auch der seines geliebten Niederbayern einherging. Die Bücher und seine Enkelkinder sollen ab 2018 im Fokus seines Wirken stehen, verrät er der Süddeutschen Zeitung. Aber bis zum anvisierten Zweitstudium der Philosophie sind ja auch immerhin noch zwei Jahre Zeit.

(MM/SZ/Welt/AS)