Die üblichen Trauer-Rituale folgten rasch, doch der angebliche tote Flüchtling am LaGeSo in Berlin war frei erfunden. (Foto: Christian Ditsch/imago)
Berlin

„Miese und perfide Aktion“

Ein unglaublicher Vorgang: Ein freiwilliger Helfer der Flüchtlingsinitiative „Moabit hilft“ hat zugegeben, die Geschichte eines angeblich an Entkräftung und Unterkühlung in Berlin gestorbenen 24-jährigen Syrers frei erfunden zu haben. Linke Migrationsdynamiker hatten zuvor eine Welle der Betroffenheit ins Rollen gebracht. Ging es darum, Misstrauen zu säen? Die Stimmung anzuheizen?

Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) hat rechtliche Konsequenzen für den Flüchtlingshelfer gefordert, der den Tod eines Syrers erfunden hat. „Das ist eine der miesesten und perfidesten Aktionen, die ich jemals erlebt habe“, teilte Henkel mit. „Berlins Behörden mussten über Stunden mit hohem Aufwand nach einem erfundenen LaGeSo-Toten suchen.“

Wir haben keinen toten Flüchtling.

Berliner Polizei

Ein Flüchtlingshelfer der Initiative „Moabit hilft“ hatte sich den Fall eines toten Asylbewerbers in Berlin laut Polizei nur ausgedacht.  „Er hat in der Vernehmung zugegeben, dass er alles frei erfunden hat“, sagte ein Behördensprecher nach der Vernehmung des Mannes, der den angeblichen Todesfall im Internet publik gemacht hatte.

Bereits nach der ersten Befragung des Mannes hatte eine Polizeisprecherin klargestellt: „Wir haben keinen toten Flüchtling.“ Der Helfer habe zwar „die ganze Republik verrückt gemacht“ – aber eine Straftat sei sein folgenreicher Internet-Eintrag nicht.

Die Flüchtlingsinitiative forderte sogar den Rücktritt des CDU-Sozialsenators

Der Mann hatte auf Facebook geschrieben, dass ein 24 Jahre alter Syrer in der Nacht gestorben sei. Zuvor habe der Asylbewerber tagelang vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) angestanden. Der Helfer habe den stark fiebernden Mann zu sich geholt. Wegen seines schlechten Zustandes sei er von einem Krankenwagen abgeholt worden – und auf dem Weg in eine Klinik gestorben. Später löschte der Helfer den Facebook-Eintrag wieder und tauchte einen Tag lang unter.

Das Bündnis „Moabit hilft“ teilte mit, der Mann wolle sich zunächst nicht äußern. Das habe er in einer SMS mitgeteilt und darin auch erklärt, sich noch früh genug an die zuständigen Behörden wenden zu wollen. Ein Sprecherin des Bündnisses betonte sogar noch, man habe derzeit keinen Anlass, die Angaben des Mannes anzuzweifeln. Der Mann sei sehr vertrauenswürdig. Wenn sich der Fall bewahrheite, müsse „die direkte Konsequenz“ der Rücktritt von Sozialsenator Mario Czaja (CDU) sein.

Es gibt keine Hinweise darauf, dass es einen Toten gegeben hat. Und darüber sind wir auch froh.

Mario Czaja (CDU), Berliner Sozialsenator

Unterdessen liefen die Ermittlungen einen Tag lang auf Hochtouren. Es seien alle Aufnahme-Krankenhäuser abgefragt worden, sagte Senator Czaja in der RBB-„Abendschau“. Zuvor hatte ein Sprecher der Feuerwehr gesagt, sämtliche Einsätze des Rettungsdienstes in dem entsprechenden Zeitraum seien geprüft worden – ohne Ergebnis. Als sich später die Zweifel an der Story verdichteten, sagte Czaja, es gebe keine Hinweise darauf, dass es einen Toten gegeben hat. „Und darüber sind wir auch froh.“

Der Senator betonte, dass eine weitere enge Zusammenarbeit mit den ehrenamtlichen Flüchtlingshelfern sehr wichtig sei. Mit Blick auf den Mann, der die Nachricht ins Rollen brachte, sagte Czaja: „Ich bin nicht der Auffassung, dass man zu Vorverurteilungen oder Allgemeinverurteilungen kommen sollte, wenn eine Person etwas getan hat, das für uns schwer verständlich ist.“

Linke Betroffenheitsjunkies liefen sofort heiß

Unterdessen rätseln Tausende in den sozialen Netzwerken über die Motivation des Täters: Ging es darum, die Stimmung anzuheizen? Misstrauen und Hass zu säen? Den Sozialsenator abzuschießen? Oder sollte – im Stil eines Spin-Doctors – die seit den Kölner Übergriffen kritische öffentliche Meinung gegenüber arabischen Migranten in eine neue Betroffenheitshysterie gewendet werden?

Jedenfalls hatten die einschlägigen linken Migrationsbeschleuniger – sowohl auf Facebook wie auch vor Ort in Berlin – sehr schnell ihre Betroffenheitsrituale parat. „Wir trauern um dich. Du wurdest 24 Jahre alt. Du kamst aus Syrien. Du hast so viel überlebt. Du hast das LaGeSo nicht überlebt“, lautet einer jener phantasiereichen Kommentare, die  sich auf Facebook rasend verbreiteten – ebenso wie die Forderung nach disziplinarischen und strafrechtlichen Konsequenzen für die Verantwortlichen im LaGeSo und den Sozialsenator. Direkt vor dem Amt hatten Dutzende „Betroffene“ schon Trauerkerzen für den Phantom-Flüchtling aufgestellt. Auch so wird Stimmung gemacht.

dpa/wog