Das von 1963 bis 1967 erbaute Berlaymont-Gebäude in Brüssel ist der Sitz der Europäischen Kommission. Bild: EU/Roge Thierry
EU-Pläne

Angriff auf den deutschen Sparer?

Die EU-Kommission hat am Dienstag einen Vorschlag vorgelegt, wie die Sparguthaben von europäischen Bankkunden gemeinschaftlich abgesichert werden können. Der CSU-Europaparlamentarier Markus Ferber lehnt das Vorhaben ab, weil die Kommission falsche Anreize setze. So müsse der deutsche Sparer für Verluste der Banken in anderen EU-Ländern haften.

Die EU-Kommission hat am Dienstag einen Vorschlag vorgelegt, wie die Sparguthaben von europäischen Bankkunden gemeinschaftlich abgesichert werden können (der Bayernkurier berichtete). Der für Finanzmarktstabilität, Finanzdienstleistungen und die Kapitalmarktunion zuständige Kommissar Lord Jonathan Hill hat den Legislativvorschlag (nur in englischer Sprache) für ein euroraumweites Versicherungssystem für Bankeinlagen sowie Maßnahmen zum Abbau der verbleibenden Risiken im Bankensektor vorgestellt.

Durch die Krise sind die Schwachstellen in der Gesamtarchitektur der einheitlichen Währung zutage getreten.

Lord Jonathan Hill, EU-Kommissar

Die jüngste Finanz- und Bankenkrise habe gezeigt, dass große wirtschaftliche und finanzielle Schocks das Vertrauen in das Bankensystem schwächen können. „Durch die Krise sind die Schwachstellen in der Gesamtarchitektur der einheitlichen Währung zutage getreten. Mittlerweile haben wir eine einheitliche Bankenaufsicht und eine einheitliche Abwicklungsbehörde geschaffen. Jetzt müssen wir Schritte hin zu einer einheitlichen Einlagensicherung unternehmen“, sagte Lord Hill. „Ein Europäisches Einlagensicherungssystem wird die Bankenunion stärken, den Schutz der Einleger verbessern, die Finanzstabilität erhöhen und die Verbindung zwischen Banken und Staaten weiter lockern“, davon ist die EU-Kommission überzeugt.

Erst müssten alle Regeln umgesetzt werden

Die Europäische Einlagensicherung würde schrittweise in drei Stufen entstehen. Zunächst würde sie eine Rückversicherung der nationalen Einlagensicherungssysteme beinhalten, aus der dann nach drei Jahren eine Mitversicherung würde, bei der der Beitrag des Europäischen Einlagensicherungssystems mit der Zeit immer stärker anwachsen würde. In der letzten Stufe ist dann für 2024 ein vollumfängliches Europäisches Einlagensicherungssystem geplant. „Das von der Kommission vorgeschlagene Europäische Einlagensicherungssystem baut auf den nationalen Einlagensicherungssystemen auf und würde nur dann zur Verfügung stehen, wenn zuvor die gemeinsam vereinbarten Regeln zur Gänze umgesetzt wurden“, versicherte EU-Kommissions-Vizepräsident Valdis Dombrovskis. Das bedeutet wohl, vereinfacht gesagt, dass nur die Länder in den Genuss der Einlagensicherung kommen, die bereits einen nationalen Schutz aufgebaut haben – derzeit sind das 14 von 28 EU-Ländern. Nur: In der Vergangenheit hat sich allzu oft gezeigt, dass solche Versprechen das Papier nicht wert waren, auf das sie geschrieben wurden. Und klar ist auch: Die vom Betrag her höchste nationale Einlagensicherung ist die deutsche. Hills Vorschlag sieht vor, dass Sparer aus Drittländern bei einer Schieflage ihrer Bank eben auch mit den in Deutschland angesparten Sicherungsmitteln entschädigt werden können. Die Bundesrepublik wäre damit mal wieder Hauptzahlerland.

Die Eckpunkte laut der EU-Kommission

Die Europäische Einlagensicherung wird

  • auf dem bestehenden System aufbauen, das sich aus den EU-rechtskonform eingerichteten nationalen Einlagensicherungssystemen zusammensetzt. Der einzelne Einleger genießt weiterhin denselben Schutz (100.000 Euro);
  • Schritt für Schritt eingeführt;
  • dem Bankensektor insgesamt keine zusätzlichen Kosten verursachen: Der Beitrag der Banken zum EDIS kann von deren Beiträgen zum nationalen Einlagensicherungssystem abgesetzt werden;
  • risikogewichtet sein: Banken mit höheren Risiken müssen höhere Beiträge zahlen als risikoärmere Banken, was sich mit der schrittweisen Einführung des EDIS verstärkt. Diese Risikogewichtung greift von Anfang an;
  • mit strengen Sicherheitsklauseln versehen: Der Versicherungsschutz wird zum Beispiel nur für nationale Einlagensicherungssysteme gelten, die die EU-Vorschriften erfüllen beziehungsweise nach EU-Recht eingerichtet werden;
  • durch eine Mitteilung flankiert, in der Maßnahmen zur Verringerung der Risiken dargelegt werden, zum Beispiel künftige Vorschläge, die sicherstellen sollen, dass die Risikopositionen der Banken in Anleihen einzelner Staaten angemessen verteilt werden; und
  • für Euro-Mitgliedstaaten, deren Banken gegenwärtig dem Einheitlichen Aufsichtsmechanismus unterliegen, Pflicht sein, aber anderen EU-Mitgliedstaaten, die sich der Bankenunion anschließen wollen, ebenfalls offenstehen.

Ferber lehnt den Vorschlag ab

Der CSU-Finanzexperte im Europaparlament, Markus Ferber, lehnt diesen Vorschlag zum Aufbau eines gemeinsamen europäisches Einlagensicherungssystem strikt ab: „Es gibt für mich kein überzeugendes Argument für ein gemeinsames Einlagensicherungssystem. Die Kommission macht damit den zweiten Schritt vor dem ersten und setzt falsche Anreize.“

Ferber machte klar, dass er überhaupt kein Verständnis dafür habe, dass jetzt schon wieder dieses Fass aufgemacht würde. Der CSU-Europaabgeordnete betonte: „Es muss doch als allererstes um Risikovermeidung und nicht um Risikovergemeinschaftung gehen. Nur so wird der europäische Sparer und Steuerzahler geschützt und die Wirtschafts- und Währungsunion fit für die Zukunft gemacht. Die Vergemeinschaftung der Einlagensicherung und gegenseitigen Haftungspflichten, wie es auch Sozialdemokraten und Grüne fordern, würden am Ende nichts anderes bedeuten, als dass der deutsche Sparer für Verluste der Banken in anderen EU-Ländern haften muss.“

Besser: Geltendes Recht zur Anwendung bringen

Ferber betonte, dass aktuell nur 14 der 28 EU-Länder über das geforderte nationale Sicherungssystem verfügen. „Der europäische Gesetzgeber hat sich in der vergangenen Legislaturperiode bewusst und sehr deutlich in dieser Frage positioniert und klargemacht, dass ein gemeinsames europäisches Einlagensystem nicht gewünscht ist.“ Stattdessen habe man eine Richtlinie verabschiedet, die gemeinsame hohe Standards für die bestehenden nationalen Systeme, aber keine Vergemeinschaftung vorsehe. „Die Kommission soll sich jetzt zunächst um die Umsetzung der geltenden Regeln und den Aufbau nationaler Sicherungssysteme kümmern und nicht mit einem neuen Vorschlag kommen“, so Ferber weiter.

Jetzt geht es zuallererst darum, das Projekt ‚Risikovermeidung‘ abzuschließen und die Bankenunion zu vervollständigen.

Markus Ferber

Auch auf die vorgesehenen Ausnahmeregelungen für einzelne Bankengruppen, wie Sparkassen und Volksbanken, die über Institutssicherungssysteme verfügen, reagierte Ferber skeptisch. „Das ist nur Augenwischerei. Das Ziel, am Ende doch alles zu vergemeinschaften, bleibt schließlich doch bestehen.“ Abschließend erklärte Ferber: „Jetzt geht es zuallererst darum, das Projekt ‚Risikovermeidung‘ abzuschließen und die Bankenunion zu vervollständigen, bevor wir Debatten über Vertragsänderungen und Risikovergemeinschaftung überhaupt führen sollten. Ich werden mich intensiv für den Erhalt der bewährten nationalen Einlagensicherungssysteme in Europa einsetzten.“

Den Vorschlag der EU-Kommission lehnen wir ab.

Gerda Hasselfeldt, Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag

Auch die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Gerda Hasselfeldt, äußerte sich ähnlich:

„Wir wollen weder die Vergemeinschaftung von Schulden noch die Vergemeinschaftung von Risiken für Sparer. Etliche Länder haben die EU-Vorgaben zur Bankenabwicklung und zum Aufbau nationaler Einlagensicherungssysteme nicht umgesetzt.“ Jetzt weiter zu gehen und die Absicherung von Spareinlagen zu vergemeinschaften, setze falsche Anreize und Prioritäten. „Sinnvoller als jetzt Risiken umzuverteilen, ist es Risiken konsequent zu minimieren. Dazu sind die bisher schon vereinbarten Schritte der Bankenunion von allen Mitgliedsstaaten zügig und konsequent umzusetzen. Den Vorschlag der EU-Kommission lehnen wir ab“, so Hasselfeldt.

Wir müssen in Europa einen weiteren Schritt in Richtung Transferunion verhindern.

Beate Merk

Bayerns Europaministerin Beate Merk kritisiert den Entwurf ebenfalls:

„Die Bayerische Staatsregierung lehnt den Vorschlag der EU-Kommission ab, durch den für den Schutz europäischer Banken auf Mittel zugegriffen werden könnte, die zur Sicherung deutscher Sparer gebildet wurden. Wir wollen nicht zulassen, dass deutsche Rettungstöpfe für Schieflagen ausländischer Banken herhalten müssen. Wir müssen in Europa einen weiteren Schritt in Richtung Transferunion verhindern.“ Eine Vergemeinschaftung der Einlagensicherung liefe daraus hinauf, dass solide wirtschaftende Kreditinstitute für Banken gerade stehen müssen, die in der Vergangenheit schlecht gewirtschaftet und dadurch hohe Verluste angehäuft haben. „Risiken würden so nicht reduziert, sondern lediglich auf andere umverteilt. Die Fehlanreize, die von einem derartigen System ausgehen, liegen doch auf der Hand“, so die Ministerin.

Bayerische Sparkassen und Genossenschaftsbanken gegen europaweite Einlagensicherung

Auch die Sparkassen stehen der europaweiten Einlagensicherung ablehnend gegenüber (der Bayernkurier berichtete). „Eine Vergemeinschaftung höhlt das Haftungsprinzip aus“, sagte der Präsident des Bayerischen Sparkassenverbandes, Dr. Ulrich Netzer, dem Bayernkurier.

Und die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken sind „auch in Zukunft nicht dazu bereit, Risiken ausländischer Kreditinstitute zu schultern“. Den von EU-Kommissar Jonathan Hill vorgestellten Plan zum Aufbau eines europäischen Einlagensicherungssystems lehnen die Genossenschaftsbanken im Freistaat deshalb ab. „Bei allem Verständnis für die europäische Idee: Eine Haftung deutscher Banken für Institute in anderen EU-Ländern kommt für die bayerischen Kreditgenossenschaften nicht infrage“, kommentierte Jürgen Gros, Vorstand des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB), die Kommissions-Pläne. „Brüssel setzt damit einen Anreiz für Staaten, sich vor dem Aufbau eigener Sicherungssysteme zu drücken. Das kommt dem Einstieg in eine Transferunion gleich, lädt Banken zu Fehlverhalten ein und untergräbt das Vertrauen der Sparer. Das darf nicht passieren, sonst wird die Europäische Union zu einer Union der Instabilität.“

Diese EU-Absicherung erinnert stark an den deutschen Länderfinanzausgleich, der schlechtes Wirtschaften belohnt und Leistung bestraft.