Das sei ein „sehr, sehr guter Kompromiss“ aus Sicht seiner Partei, betonte Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer in einer Reaktion auf die Einigung der Großen Koalition in der Flüchtlingsdebatte. „Wir haben die schärfsten Regeln, die es jemals in unserem Lande gab – mit Zustimmung der SPD“, sagte der CSU-Vorsitzende im ARD-„Morgenmagazin“. Die Ergebnisse seien „sehr, sehr gut.“
Seehofer: Hauptziele erreicht
Die Einrichtung von Transitzonen habe er zwar nicht durchsetzen können, sagte Seehofer, stellte aber auch klar: „Zäune habe ich abgelehnt.“ Sein Hauptziel sei es gewesen, Menschen ohne Bleiberecht so schnell wie möglich wieder in ihre Heimatländer zurückzuschicken. „Und das haben wir erreicht“, so der Ministerpräsident. Die beste Obergrenze sei jedoch, wenn die Flüchtlinge in ihrer Heimat bleiben würden. Die Regelungen, wie sie am Donnerstag beschlossen wurden, hätten in dieser „Klarheit und Schärfe“ noch nie existiert.
Wir haben die schärfsten Regeln, die es jemals in unserem Lande gab.
Horst Seehofer
Nach wochenlangen Diskussionen hatten sich die Spitzen der Großen Koalition am Donnerstagabend auf eine gemeinsame Linie und neue Konzepte zur Bewältigung der anhaltenden Flüchtlingskrise geeinigt. Nach zwei Verhandlungsrunden – die erste fand bereits am Sonntag statt – konnten sich Seehofer, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) auf weitreichende Neuerungen in der deutschen Asylpolitik einigen.
Asylverfahren sollen nicht mehr länger als drei Wochen dauern
Die Verfahren sollen insgesamt beschleunigt werden, sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz nach dem Ende des Spitzentreffens. Die künftigen Asylverfahren würden ab sofort nach dem Vorbild des bereits in Deutschland geltenden Flughafenverfahrens für Asylbewerber aufgebaut. Die Koalition peilt demnach an, dass solche Schnellverfahren innerhalb von drei Wochen abgeschlossen werden. „Wir sind einen guten und wichtigen Schritt vorangekommen“, betonte die Bundeskanzlerin bei der Präsentation der Ergebnisse.
Abgelehnte Asylbescheide in maximal zwei Wochen
Merkel betonte, dass Asylbewerber mit wenig Aussicht auf ein Bleiberecht in Deutschland künftig binnen einer Woche einen Asylbescheid bekommen und somit schnellstmglich rückgeführt werden sollen. Falls Flüchtlinge gegen eine Ablehnung ihres Asylantrages Rechtsmittel einlegen wollen, soll dieses juristische Verfahren innerhalb von zwei Wochen abgeschlossen sein. Das beschleunigte Verfahren soll laut Merkel unter anderem für Bewerber aus sicheren Herkunftsländern wie den Balkanstaaten und für Flüchtlinge mit einer Wiedereinreisesperre gelten. Es gelte auch für Menschen, die Folgeanträge stellen oder keine gültigen Ausweispapiere haben.
Einheitlicher Ausweis für Asylbewerber und Flüchtlinge
Künftig soll es außerdem einen einheitlichen Ausweis für Flüchtlinge und Asylbewerber geben, wie die Bundeskanzlerin mitteilte. Nur wer ein solches Papier vorlegen kann, soll Leistungen von der Bundesrepublik erhalten. Mit dem Ausweis soll die bisherige Vielzahl von Registrierungen und Erfassungen der Ankommenden gebündelt werden. Zudem soll eine zentrale Datenbank dabei helfen, die unterschiedlichen staatlichen Stellen mit einem besseren Überblick über die Flüchtlinge zu versorgen.
Neue Registrierungszentren
Die Aufnahme der ankommenden Menschen soll künftig in speziellen Einrichtungen organisiert werden. Dort werden Asylanträge von Menschen aus sicheren Herkunftsstaaten in beschleunigten Verfahren abgearbeitet, zusätzlich herrscht eine sogenannte „Residenzpflicht“. Das bedeutet: Die dort registrierten Asylbewerber dürfen den Landkreis nicht mehr verlassen. Bundesweit sollen drei bis fünf derartige Sonderaufnahmeeinrichtungen entstehen.
Familiennachzug wird begrenzt
Außerdem soll für eine bestimmte Flüchtlingsgruppe für die Dauer von zwei Jahren der Nachzug von Familienangehörigen ausgesetzt werden. Das gilt für jene asylbewerber und Flüchtlinge, die nicht nach der Genfer Flüchtlingskonvention oder dem Asyl-Grundrecht anerkannt werden. Sie erhalten lediglich einen sogenannten „subsidiären Schutz“ in Deutschland.
Informationen der Nachrichtenagentur DPA zufolge fordern Union und SPD zusätzlich einen strikteren Schutzs der EU-Außengrenzen und betonen, sich gemeinsam mit den USA weiter an der Stabilisierung Afghanistans zu beteiligen.
Einigung vor Treffen mit den Länderchefs
Seehofer: „Mehr Abschiebungen schaffen Kapazitäten für wirklich Schutzbedürftige“
„Endlich hat sich die SPD in der Asylpolitik bewegt.“
Andreas Scheuer