Kontrollen schon ab Mai?
Die Grenzkontrollen am Brenner sollen Medieninformationen zufolge Ende Mai beginnen. Dann rechnet die Polizei in Österreich mit bis zu 500 Flüchtlingen am Tag. Mit einer Verschärfung des Asylgesetzes macht das Parlament in Wien den Weg für weitreichende Maßnahmen frei - unter anderem soll ein "Notstand" definiert werden, nach dessen Ausrufung keine Flüchtlinge mehr ins Land gelassen werden sollen.
Grenze am Brenner

Kontrollen schon ab Mai?

Die Grenzkontrollen am Brenner sollen Medieninformationen zufolge Ende Mai beginnen. Dann rechnet die Polizei in Österreich mit bis zu 500 Flüchtlingen am Tag. Mit einer Verschärfung des Asylgesetzes macht das Parlament in Wien den Weg für weitreichende Maßnahmen frei - unter anderem soll ein "Notstand" definiert werden, nach dessen Ausrufung keine Flüchtlinge mehr ins Land gelassen werden sollen.

Aus Sorge vor einem neuen Flüchtlingsandrang verschärft Österreich die Asylgesetze. Das Parlament in Wien beschloss mit großer Mehrheit beschließen, dass im Fall eines „Notstands“ praktisch kein Flüchtling mehr ins Land gelassen werden muss.

Demnach kann der Antrag eines Schutzsuchenden auf ein Asylverfahren dann bereits an der Grenze abgelehnt und der Einreisende in den sicheren Nachbarstaat zurückgeschickt werden. Ausnahmen sind nur für diejenigen vorgesehen, die enge Verwandte in Österreich haben oder denen im Land, in das sie zurückgeschoben werden, Folter oder andere unmenschliche Behandlung droht. Obendrein wird die zulässige Verfahrensdauer bei Asylanträgen von sechs auf 15 Monate verlängert.

Der „Notstand“ tritt laut Gesetzestext ein, wenn die „öffentliche Ordnung und der Schutz der inneren Sicherheit“ wegen hoher Flüchtlingszahlen nicht mehr gewährleistet werden können. Er ist zunächst auf sechs Monate befristet und kann auf bis zu zwei Jahre verlängert werden. Die rot-schwarze Koalition aus SPÖ und ÖVP hat unter dem Eindruck der Rekordzahl von 90.000 Asylbewerbern 2015 beschlossen, in diesem Jahr möglichst nicht mehr als 37.500 Asylbewerber ins Land zu lassen.

Auswirkungen am Brenner

Die Tiroler Tageszeitung berichtet unterdessen unter Berufung auf Regierungskreise, dass die Grenzkontrollen am Brenner – der wichtigsten Verbindung zwischen Österreich und dem Nachbar Italien – schon ab Ende Mai oder Anfang Juni beginnen könnten. Der Bau eines Grenzzauns – für den Österreich schon erste Vorbereitungsmaßnahmen getroffen hat – stehe allerdings noch nicht unmittelbar bevor.

Italien macht sich Sorgen

In Italien stoßen die Maßnahmen Wiens erwartungsgemäß auf wenig Gegenliebe. „Die Schließung des Brenners wäre ein schwerer Schaden für die Wirtschaft und für den Transport, aber auch für die EU, weil der Brenner ein Symbol für europäische Integration ist“, warnte etwa Italiens Verkehrsminister Graziano Delrio. Man vertraue in Rom darauf, dass es in Wien ein Umdenken geben werde. Regierungschef Matteo Renzi behauptete unlängst, es gebe nichts, was die Schließung des Brenners rechtfertige.

Der Grenzübergang am Brenner ist einer der zentralen europäischen Punkte für die Logistikbranche – speziell auf dem Weg zu den Häfen am Mittelmeer. Pro Jahr passieren knapp sechs Millionen Autos und zwei Millionen Lastwagen den Grenzübergang von Tirol ins italienische Südtirol.

Brenner: Historisch brisante Grenze

Die Maßnahmen Wiens sind nach den Worten von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) eine Notwendigkeit, solange in Italien eine „Politik des Durchwinkens“ herrsche. Bei seinem Besuch in Bayern vor wenigen Tagen hatte Kurz betont, dass gerade die Grenze am Brenner – also ins ehemals österreichische Südtirol – einen besonderen Stellenwert in der Grenzpolitik der Bundesregierung habe. „Wir wollen diese Maßnahmen dort nicht ergreifen – aber falls sie notwendig werden, werden wir vorbereitet sein“, hatte Kurz betont.

Vorbild Griechenland?

Dabei dürften auch die Erfahrungen mit Griechenland eine Rolle spielen: Das Land hatte monatelang einfach alle Flüchtlinge an seine nördliche Grenze weiter transportiert und damit „durchgewinkt“ Richtung Deutschland, Schweden und Österreich. Erst die Schließung der mazedonischen Grenze unter tatkräftiger Mithilfe Österreichs hatte diese Praxis beendet und Griechenland gezwungen, endlich seine Grenzen zu kontrollieren. Schließlich strandeten danach alle Flüchtlinge, die noch durchkamen, in Griechenland und blieben dort – damit wurden sie zum griechischen Problem. Da sich Italien ähnlich verhält, muss es sich nun über Österreichs Maßnahmen nicht wundern.

Offenbar wird mit Österreichs Maßnahmen aber auch, dass das Land nicht an den hauptsächlich durch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel eingefädelten Türkei-Deal glaubt. Auch in die von Merkel gepriesene „europäische Lösung“ hat Österreich offensichtlich nicht das geringste Vertrauen. Das Land bevorzugt die von ihr gescholtenen „nationalen Maßnahmen“, weil die Europäer schlicht und einfach viel zu unterschiedliche Interessen für einen gemeinsamen Flüchtlingsweg haben. Diese Ansicht vertritt auch die CSU und die bayerische Staatsregierung.

(dos/dpa/avd)