Der Parteichef Horst Seehofer (m.) und seine Stellvertreter (v.l.): Christian Schmidt, Manfred Weber, Angelika Niebler, Barbara Stamm und Kurt Gribl. Rechts CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. Bild: CSU
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Fünf Stellvertreter für den Vorsitzenden

CSU-Chef Horst Seehofer hat seinen Vorschlag für die stellvertretenden Parteivorsitzenden der CSU vorgestellt: Manfred Weber, Barbara Stamm, Christian Schmidt, Angelika Niebler und Kurt Gribl. Zudem erläuterte Seehofer sein künftiges Strategieteam und die Grundzüge der bayerischen Asylpolitik. Auch Kanzlerin Angela Merkel mahnte er erneut zum Handeln. Die Bundespolizei klagt: "Wir saufen ab!"

CSU-Chef Horst Seehofer hat seinen Vorschlag für die Wahl der künftig fünf statt vier stellvertretenden Parteivorsitzenden der CSU für die kommenden zwei Jahre vorgestellt. Fünf statt vier, dafür ist eine Satzungsänderung notwendig. Dieser Änderung sowie den Stellvertreter-Vorschlägen muss noch der Parteitag Anfang November zustimmen, sofern sich nicht auch noch andere Kandidaten für die Wahl bewerben. Nach dem Wunsch des Parteichefs sollen künftig Manfred Weber, EVP-Fraktionschef im Europaparlament, Landtagspräsidentin Barbara Stamm, Bundesagrarminister Christian Schmidt, CSU-Europagruppenchefin Angelika Niebler sowie der Augsburger Oberbürgermeister Kurt Gribl die Riege der Stellvertreter bilden (der Bayernkurier berichtete). Einen entsprechenden Vorschlag will Seehofer dem CSU-Parteitag im November unterbreiten. „Diese neue Parteispitze steht einerseits für Kontinuität und macht die CSU gleichzeitig jünger, weiblicher und frischer. Die Neuen geben der CSU ein internationaleres Gesicht, zugleich ist es ein Signal, wie wichtig der CSU die kommunale Verankerung ist“, betonte Seehofer. Den zusätzlichen Stellvertreter gebe es auch in anderen großen Parteien.

Die fünf Stellvertreter

Über den erneuten Antritt von Barbara Stamm sagte Seehofer, er sei „sehr froh und dankbar, dass sie meiner Bitte nachgekommen ist. Für die Partei ist das eine große Ehre, dass die Landtagspräsidentin Mitglied im Vorstand ist.“ Zudem sei Stamm die „wortmächtige Vertraute der kleinen Leute“, die in der Bevölkerung höchste Sympathiewerte genieße. Dies hätten auch wieder die 216.000 Stimmen in Unterfranken bei der letzten Landtagswahl gezeigt. „Ich bin gut im Land vernetzt“, bestätigte Stamm selber. „Angesichts der aktuellen Herausforderungen will ich meinen Beitrag leisten.“

Auch Christian Schmidt tritt wieder als stellvertretender Parteivorsitzender an. „Er ist ein erfahrener Politiker, der auf Bundesebene kraftvoll unsere bayerischen Anliegen vertritt“, lobte Seehofer. Zudem sei Schmidt über viele Jahre in der Außen- und Sicherheitspolitik unterwegs gewesen und heute als Bundesagrarminister der erste Ansprechpartner der Landwirte. Auch sei er tief verankert in der evangelischen Kirche. „Den ländlichen Raum sehen wir viel wichtiger als andere großstadtorientierte Parteien“, betonte Schmidt. Für ihn als EAK-Chef seien Wertegebundenheit, Familie und Leitkultur sowie der Dialog mit den Kirchen zentrale Themen.

Ich will nach außen hin für das Signal stehen, dass Frauen in unserer Partei willkommen sind.

Angelika Niebler

Neu im engeren Parteivorstand ist Angelika Niebler, die Vorsitzende der CSU-Europagruppe. „Ich bin froh, dass mein Werben bei ihr für ein Amt im Parteivorstand nach vielen Jahren erfolgreich war“, so der Parteichef. Niebler sei erst kürzlich mit mehr als 99 Prozent der Stimmen wieder zur FU-Chefin gewählt worden und spreche besonders weibliche Wähler an. „Sie ist die Vertreterin der CSU als moderner Großstadtpartei“, führte der Ministerpräsident aus. „Ich will nach außen hin für das Signal stehen, dass Frauen in unserer Partei willkommen sind“, erklärte Niebler. Und auf „europäischem Parkett“ wolle sie den Einfluss der CSU erhalten und ausbauen. Zudem kenne sie „als gebürtige Münchnerin Land und Stadt“.

Wir sind die einzige Partei mit einem regionalen Anspruch, einem nationalen und einem internationalen.

Manfred Weber

Manfred Weber gibt satzungsgemäß sogar sein Amt als niederbayerischer CSU-Bezirksvorsitzender auf, sollte er im November gewählt werden. „Auch ihn musste ich lange bearbeiten, bis er sich bereit erklärte, als Stellvertreter zu kandidieren“, erzählte Seehofer. Der 42-jährige Weber sei ein „absolutes Schwergewicht der CSU“, habe lange die CSU-Grundsatzkommission geführt und gehe jetzt als EVP-Vorsitzender „bei den Mächtigen der EU ein und aus“, so Seehofer weiter. „Wir sind die einzige Partei mit einem regionalen Anspruch, einem nationalen und einem internationalen“, sagte Weber. Auch die Außenpolitik werde in Bayern immer wichtiger, dafür wolle er sich einsetzen.

Ich stehe nicht ausschließlich für die Großstadt, sondern auch für die Wechselwirkungen zwischen Stadt und Land.

Kurt Gribl

Sofern die Parteitagsdelegierten einem fünften Stellvertreterposten zustimmen, soll sich nach dem Wunsch des Parteichefs der Augsburger Kurt Gribl dafür bewerben. „Er ist ein sehr erfolgreicher Oberbürgermeister in der drittgrößten Stadt Bayerns. In einem schwierigen Umfeld ist Kurt Gribl glänzend wiedergewählt worden“, so Seehofer. Der Augsburger verkörpere die Großstadt- und Kommunalpolitik der CSU wie wenige andere, da er auch in den Gremien des Bayerischen und des Deutschen Städtetags vertreten sei. Zudem soll er künftig die Stimme Schwabens im CSU-Parteivorstand sein. „Die CSU ist die kommunenfreundlichste Partei überhaupt“ sagte Gribl. Dies hätten ihm die Erfahrungen im Deutschen Städtetag, aber auch die Politik in Bayern gezeigt. Er nannte als Beispiele die finanzielle Entlastung der Kommunen sowie den Einsatz für die Gewerbesteuer. „Ich stehe nicht ausschließlich für die Großstadt, sondern auch für die Wechselwirkungen zwischen Stadt und Land“, so Gribl weiter. Da, wo die Lebenswirklichkeit stattfindet, nämlich in den Kommunen, diese Erfahrungen wolle er in die politische Arbeit einbringen, gerade auch in der Flüchtlingskrise.

Das Strategieteam

Alle fünf Stellvertretern sowie der CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer, der JU-Vorsitzende Hans Reichhart, die Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt, Landtagsfraktionschef Thomas Kreuzer und themenbezogen der frühere Bundesminister Karl-Theodor zu Guttenberg sollen auch das Strategieteam bilden, das Horst Seehofer nach dem Parteitag bilden will. Weitere Personen will er erst nach dem Parteitagswahlen bekannt geben. „Das ist kein Schattenkabinett, sondern eine kleine Gruppe, die die großen Linien und Weichenstellungen unserer Politik für die kommenden Wahlen erörtern soll. Sie soll dem Parteivorstand und dem Präsidium Vorschläge machen“, erklärte Seehofer. Dazu gehörten beispielsweise auch die Grundzüge des CU-Wahlprogramms. „Ich will das nicht nur auf meine Schultern laden, dafür ist es einfach zu wichtig.“ Der Parteichef betonte jedoch: „Entschlüsse fassen weiter die Parteigremien!“

Asylbewerber und kein Ende in Sicht

Auf Nachfrage der Journalisten zur Asylpolitik bekräftigte Seehofer, dass Bayern das Land der gelingenden Integration sei. Damit das so bleibe, sei der Freistaat und auch der Bund sowie Brüssel gefragt. Gerade jüngst habe die Bayerische Staatsregierung dazu „ein Zusatzpaket aufgelegt, das es so in keinem anderen Bundesland gibt“. Seit Monaten versuche die CSU erfolgreich, mit neuen Ideen die Zuwanderung zu begrenzen. „Wir wissen, wie aufgewühlt die Bevölkerung ist und welche Polarisierung bei diesem Thema stattfinden kann“, so der Ministerpräsident. Man sei aber leider früher in vielen Punkten nicht gehört worden, was man jetzt plötzlich ohne Probleme umsetze. „Entwicklungen, vor denen wir lange gewarnt haben, werden jeden Tag sichtbarer und schwieriger“, mahnte Seehofer. „Es droht der Kollaps und es hat keinen Sinn, diesen Fragen auszuweichen.“

Ich bin betroffen über die Ratlosigkeit andernorts, nicht in Bayern.

Horst Seehofer

Der CSU-Chef mahnte den Bund, endlich den Zuzug zu verringern und besser zu organisieren. Erst in dieser Nacht habe er über Kommunalpolitiker einen Hilferuf der Bundespolizei erhalten, die die Grenze der Belastbarkeit überschritten hätten und völlig erschöpft seien. Sie sähen sich außerstande, weiter zu helfen und die Flüchtlinge zu verteilen, weil schlicht die Ziele, also die aufnahmebereiten Unterkünfte, im restlichen Bundesgebiet für die Flüchtlingsbusse fehlten. „Ohne Steuerung und Begrenzung ist die Sicherheit nicht beherrschbar und kann auch die Zustimmung der Bevölkerung nicht erhalten werden“, betonte Seehofer. „Mit warmen Worten und Grundbekenntnissen ist niemandem geholfen. Wir müssen begrenzen.“ Ohne dass der Name der Kanzlerin fiel, gab es nochmal klare Worte an die scheinbar Unbeirrte: „Kein politisches Thema hat mich so beschäftigt und mir so zugesetzt wie die Asylpolitik. Ich bin betroffen über die Ratlosigkeit andernorts, nicht in Bayern.“ Und Seehofer klärte das Wort „andernorts“ mit dem folgenden Satz auf: „Die politische Verantwortung liegt allein in Berlin!“

Die Handlungsoptionen

Es gebe nicht die eine Maßnahme, sondern viele. Dazu gehörten die schnellere Rückführung von abgelehnten Asylbewerbern, Transitzonen, die Sicherung der EU-Außengrenzen, Verhandlungen mit der Türkei, die Begrenzung des Familiennachzugs und eine Obergrenze für Bürgerkriegsflüchtlinge, um die internationale Verantwortung für die Flüchtlinge zu verteilen. Die bayerische Staatsregierung habe alle weiteren nur erdenklichen Maßnahmen durchgesprochen und werde einen Teil davon auch durchführen, wenn die Verhandlungen mit dem Bund scheiterten.

Frauenrechte, Leitkultur, da kommen enorme Aufgaben bei der Integration auf uns zu.

Barbara Stamm

Landtagspräsidentin Barbara Stamm appellierte an die Medien, den Menschen „die ganze Wahrheit darzustellen“ und sie nicht immer gleich als rechtsradikal zu verunglimpfen. „Wenn ich sehe, dass in den Unterkünften ein Großteil junge Männer sind, nach meinen Erfahrungen wahrscheinlich um die 80 Prozent, dann werden diese viel schwieriger als beispielsweise Familien zu integrieren sein“, so Stamm. Auch die Wirtschaft habe sich mittlerweile von allzu optimistischen Ansichten über die Integrierbarkeit von Zuwanderern in den Arbeitsmarkt verabschiedet. „Diese Flüchtlinge werden in Konkurrenz zu unseren Hartz-IV-Beziehern stehen“, auch das sei Teil der Wahrheit. Stamm zählte weiter auf: „Frauenrechte, Leitkultur, da kommen enorme Aufgaben bei der Integration auf uns zu. Das ist auch nicht zu vergleichen mit den Nachkriegsjahren oder den Jugoslawienkriegen, schon wegen der fehlenden Sprache und anderen Kultur nicht.“

Ziel ist nicht die Festung Europa, sondern Ordnung in das ganze Verfahren zu bringen.

Angelika Niebler

Angelika Niebler stellte klar, dass das „nicht alles von heute auf morgen geht“. Man müsse die Fluchtursachen bekämpfen, die Lager in den Nachbarländern Syriens besser unterstützen und mit der Türkei „ohne politische Rabatte“ verhandeln. „Ziel ist nicht die Festung Europa, sondern Ordnung in das ganze Verfahren zu bringen.“

Ministerpräsident Horst Seehofer schloss mit den Worten: „Wenn die Politik des Durchwinkens weitergeht, wird es keine europaweite Verteilung geben. Ich habe Sorge um den Erhalt der Union, wenn sich hier nichts ändert.“ Zwar sagten viele Bürger, die CSU mache alles richtig, aber die CDU sei doch „die Schwesterpartei“, da müsse man doch was tun können. Und der CSU-Chef mahnte eben diese CDU und ihre Vorsitzende: „Wir müssen politisch die breite bürgerliche Mitte abbilden!“

„Wir saufen ab!“

Am Wochenende kamen nach Angaben des bayerischen Innenministeriums 15.000 Menschen über die Grenze. Die große Zahl von Flüchtlingen an der Grenze von Österreich zu Bayern bereitet der Bundespolizei in Bayern zunehmend Probleme. Polizeisprecher Frank Koller sagte am Sonntagabend, das Nachbarland schicke deutlich mehr Menschen als vereinbart nach Deutschland. „Wir saufen heute ab!“, sagte Koller. In Simbach am Inn im Landkreis Rottal-Inn stünden derzeit 1000 Menschen, für die es keine Unterbringungsmöglichkeit gebe. Später verlagerte sich die Problematik nach Wegscheid im Landkreis Passau. Hier mussten die Behörden ebenfalls etwa 1000 Menschen versorgen. „Und in Passau werden heute Abend noch zehn Busse aus Österreich erwartet. Wir gehen davon aus, dass wir da heute ein Problem bekommen werden“, sagte Koller. „Den jetzigen Ansturm können wir so nicht verarbeiten.“ In dieser Situation könne man nicht mehr agieren, sondern nur noch reagieren, sagte Koller. „Es sind einfach zu viele Menschen auf einen Schlag.“ Schon am Samstag seien im Bereich Passau mehr als 4000 Menschen angekommen. Viele Flüchtlinge hätten daher auch in der Nacht zum Sonntag länger im Freien bei Temperaturen um den Gefrierpunkt warten müssen. Es habe mit Österreich die klare Absprache gegeben, dass Deutschland an den wichtigsten Übergängen pro Stunde 50 Menschen über die Grenze lasse. Wieder einmal hätten sich die – ebenfalls stark beanspruchten – Nachbarn nicht an die Absprachen gehalten. Österreich sieht das ganz anders. Zuletzt ärgerte sich die österreichische Innenministerin Mikl-Leitner, 6500 Flüchtlinge reisten jeden Tag nach Österreich ein, Deutschland nehme aber nur 4500 auf, das sei „einfach zu wenig“. 6500 wären ihr vermutlich lieber.