Der Wolf ist zurück in Bayern. Bild: LfU/Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald
Artenschutz

Kampf den Wilderern

Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf hat Umweltkriminalität und Wilderei den Kampf angesagt. Bei der Auswilderung eines Uhus, dessen Mutter vergiftet worden war, betonte sie, ihr Ministerium werde die Ermittlungen intensiv unterstützen. In der Vergangenheit gab es wiederholt Fälle von Umweltkriminalität in Bayern. Unterdessen wurde bekannt: In der Region Miesbach ist ein Wolf unterwegs.

Scharf hat mit Vertretern des Landesbundes für Vogelschutz ein junges Uhu-Männchen ausgewildert. Das Muttertier wurde heuer in der Nähe von Beratzhausen im Juli mit dem verbotenen Gift „Carbofuran“ vergiftet, als es von einem mit dem Insektizid präparierten Huhnkadaver fraß. Wahrscheinlich war der Köder für einen Fuchs bestimmt. Die Bayerische Umweltministerin hat die Patenschaft für den Uhu übernommen und forderte bei Wildfrevel „keine Toleranz gegenüber den Tätern“. Ihr Ministerium werde die Ermittlungen in diesem und in anderen Fällen intensiv unterstützen. „Kriminelles Verhalten ist nicht hinnehmbar. Die zuständigen Ermittlungsbehörden müssen alles Notwendige unternehmen, um diese Taten so schnell wie möglich aufzuklären“, so Scharf. Jeder dieser Angriffe auf den Natur- und Umweltschutz sei eine kriminelle Handlung. Zur Ermittlung der Täter könnten auch ungewöhnliche Wege notwendig sein, sagte Scharf. Eine Gesetzesänderung sei aber nicht geplant.

Laut dem Landesbund für Vogelschutz (LBV) hat sich der junge Uhu, der von einem Falkner in der LBV-Vogelstation in Regenstauf trainiert wurde, so gut entwickelt, dass es nun in Freiheit entlassen werden konnte. Die nachtaktiven Uhus sind die weltweit größten Eulen.

Mehrere Fälle von Umweltkriminalität

In den vergangenen Monaten wurden in Bayern allerdings mehrere Fälle von Umweltkriminalität, Tierquälerei und Wilderei bei geschützten oder gefährdeten Tierarten bekannt: Im Mai wurden vier abgehackte Luchs-Pfoten im Bayerischen Wald entdeckt (der Bayernkurier berichtete). Eine andere Luchsin wurde 2012 bei Rinchnach vergiftet, ein Jahr später erschoss ein Unbekannter ein trächtiges Luchsweibchen bei Bodenmais. Laut Artenschützern verschwanden weitere Tiere spurlos, die einen Sender trugen. Heuer wurde laut LBV zudem ein Nest von Sumpfohreulen verbrannt und bei Würzburg stutzten Unbekannte die Flügel von zwei Wiesenweihen. Ende August wurde in Essenbach nahe Landshut ein drei Monate alter Uhu-Jungvogel mit einem Schrotgewehr erschossen. Auch Fischotter wurden getötet. Im August 2014 wurde ein toter Kormoran auf dem Chiemsee „gekreuzigt“ in einer Bucht provokativ zur Schau gestellt. „Im Falle der getöteten Luchse im Bayerischen Wald habe ich eine Belohnung in Höhe von 10.000 Euro ausgelobt, um den Ermittlungen soweit dienlich zu sein, dass wir zu einem Ergebnis kommen“, erklärte Scharf bereits im Mai. In vielen Fällen geht es den Tätern bei solchen Tötungen darum, deren Beutetiere zu „schützen“, wie etwa beim Luchs die Rehe, beim Fischotter oder Kormoran um die Fische oder beim Wolf um die Schafe – es sind also oft Tierhalter, Jäger oder Fischer, die zuschlagen.

Es trifft aber auch nicht geschützte Arten: Im August wurde der Kopf eines gewilderten Rothirsches auf ein Brückengeländer bei Oberstdorf gesetzt. Und immer wieder werden in ganz Deutschland Hunde durch vergiftete oder mit Rasierklingen versetzte Köder getötet sowie Pferde meist nachts auf grausame Weise attackiert.

Jäger distanzieren sich von den Tätern

Der Bayerische Jagdverband distanzierte sich von illegalen Abschüssen, wehrte sich aber gegen jede Art der Vorverurteilung – weil zuletzt Jäger als Täter vermutet wurden. „Öffentlich geäußerte Vermutungen oder Vorverurteilungen in jeglicher Hinsicht sind der falsche Weg, diese Vergehen aufzuklären und den Tätern habhaft zu werden“, so Thomas Schreder, Biologe und BJV-Pressesprecher. Da derartige Vorfälle für die Akzeptanz der Jagd in der Bevölkerung eine entscheidende Bedeutung haben, wird der BJV eine außerordentliche Mitgliederversammlung Anfang Oktober einberufen, bei der alle Kreisvorsitzende aus ganz Bayern über den aktuellen Stand informiert und eine Resolution zu diesem brisanten Thema verfasst werden soll. „Ziel ist es, auch durch die Mitarbeit der Jäger zur Aufklärung beizutragen und so die Täter schneller zu identifizieren. Die Täter können aus vielen gesellschaftlichen Bereichen kommen, daher muss sich die Suche sehr offen gestalten“, betonte Schreder.

Der BJV ist in vielen Bereichen des Umwelt- und Naturschutzes aktiv. Zudem ist der BJV als anerkannter Naturschutzverband Teil des „Netzwerks Große Beutegreifer“ in Bayern, das sich zusammen mit den Vertretern vieler Umweltverbände und der Behörden für das Wohl der großen Beutegreifer Luchs, Wolf und Bär engagiert. Dass durch die Taten Einzelner ein schlechtes Licht auf die gesamte Jägerschaft fällt, ist in den Augen Schreders zwar verständlich, aber auf keinen Fall gerechtfertigt. „Für die waidgerechten Jäger im Bayerischen Jagdverband steht der Schutz geschützter Tierarten außer Frage und ist, neben dem Muttertierschutz, eine der wichtigsten ethischen Grundsätze im Jagdbetrieb in den Revieren“, sagte der BJV-Pressesprecher.

Umweltschützer fordern Spezialeinheit

Da bisher keiner der bekannt gewordenen Fälle aufgeklärt wurde, hatten Naturschützer im Kampf gegen Wilderer und Umweltkriminelle eine Spezialeinheit bei der Polizei gefordert. „Wir brauchen eine Expertengruppe aus zwei, drei Leuten, die die Ausbildung und die Zeit haben, sich um solche Fälle zu kümmern“, sagte der Vorsitzende des Landesbundes für Vogelschutz, Norbert Schäffer. Auch der Bund Naturschutz und der WWF unterstützen diese Forderung. Die ausbleibende Aufklärung der Taten liege daran, dass die Polizei zu spät aktiv werde, so Schäffer. Meist vergingen Tage, bis sich Ermittler den Tatort anschauten. Dann sei es unmöglich, noch Spuren zu sichern, die zu den Tätern führen könnten.

Der Wolf ist zurück

Nachdem in jüngerer Zeit schon mehrfach wieder Wölfe in Bayern gesichtet oder durch Fotofallen entdeckt wurden, tauchte jetzt auch im Landkreis Miesbach einer auf. Wie erste Ergebnisse einer vom Landesamt für Umwelt (LfU) in Auftrag gegebenen genetischen Analyse bestätigten, wurden die Schafe im Landkreis Miesbach in der Nacht vom 6. auf 7. August von einem Wolf angegriffen. Ein Schaf wurde dabei getötet, ein weiteres Tier wurde schwer verletzt und musste getötet werden. Weitere Schafe wurden verletzt. Die dem Nutztierhalter entstandenen Schäden werden über den „Ausgleichsfonds Große Beutegreifer“ zu 100 Prozent ausgeglichen. Dem LfU liegen zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Erkenntnisse über Sichtbeobachtungen oder auch Risse von Nutz- oder Wildtieren in der Region vor. Die Gremien des Wildtiermanagements sowie die Behörden vor Ort wurden informiert. Bei der genetischen Analyse wurden Speichelproben untersucht, die von Mitgliedern des „Netzwerks Große Beutegreifer“ vor Ort sichergestellt wurden. Das Tier kann demnach der Südwestalpen-Population (Italien, Frankreich, Schweiz) zugeordnet werden. Vom LfU wurden weitere genetische Analysen beauftragt, um gegebenenfalls nähere Informationen zu Geschlecht und zur genaueren Abstammung des Wolfes zu erhalten. Die Ergebnisse werden voraussichtlich innerhalb der nächsten drei Wochen vorliegen.

Die letzten ihrer Art

Die Umweltministerin besuchte auch ein Erfolgsprojekt zum Fledermausschutz, das Fledermaushaus in Hohenburg bei Amberg. Viele Fledermausarten in Europa sind bedroht, insbesondere die „Große Hufeisennase“ ist sehr selten geworden. Zur Sicherung der letzten Fortpflanzungskolonie dieser Fledermausart in Deutschland werden in Hohenburg in einem denkmalgeschützten Gebäude seit vielen Jahren erfolgreiche – und für andere Vorkommen in Mitteleuropa beispielhafte – Artenhilfsmaßnahmen durchgeführt. Seit 2012 läuft dort zur Optimierung des Lebensraumes ein EU-LIFE-Natur Projekt des LBV. Und es hat Erfolg: In diesen Jahren hat sich die Zahl der „Großen Hufeisennasen“ von 67 auf 142 mehr als verdoppelt. „Dieses großartige Projekt ist ein Gewinn für den Artenschutz“, lobte Scharf.